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5.1 Eine gelungene Hilfskonstruktion

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Nach § 855 gibt es – massenhaft – Fälle, in denen der eine zwar die tatsächliche Gewalt über eine Sache, aber keinen Besitz, und der andere zwar unmittelbaren Besitz, aber keine tatsächliche Sachherrschaft hat. Der eine heißt Besitzdiener, der andere Besitzherr, was ihre Beziehung treffend beschreibt, denn auch hier befiehlt der Herr und gehorcht der Diener. Obwohl der Diener die Sache in der Hand hält, spricht das Gesetz ihm jeglichen Besitz ab und erklärt den Herrn zum unmittelbaren Besitzer. Schuld daran ist das Machtgefälle zwischen Befehl und Gehorsam, wie es vor allem im Arbeitsverhältnis herrscht.

§ 855 ist eine Ausnahme von § 854 I, der den Besitz als tatsächliche Sachherrschaft definiert. Woran aber erkennt man den Besitzdiener? Man erkennt ihn daran, dass er nicht für sich, sondern für einen anderen besitzt, weil er dessen Weisungen in Bezug auf die Sache gehorchen muss. Befehl und Gehorsam sind die Kennzeichen. Während der unmittelbar besitzende Mieter kraft des Mietverhältnisses dem Vermieter nach § 868 mittelbaren Besitz vermittelt, verschafft der angestellte Besitzdiener kraft des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber nach § 855 unmittelbaren Besitz. Diese beiden Besitzverhältnisse unterscheiden sich darin: Der Arbeitnehmer hat Sachen, die er vom oder für den Arbeitgeber erlangt, vertraglich so zu handhaben, wie der Arbeitgeber es haben will, der Mieter dagegen gebraucht die Mietsache im Rahmen des Mietvertrags weisungsfrei und nach seinem Geschmack.

Wenn man bedenkt, dass Millionen Arbeitnehmer ihr Arbeitsgerät und was sie sonst noch am Arbeitsplatz in die Hand bekommen, nicht selbst besitzen, ist der Besitzdiener nur rechtlich eine Ausnahmeerscheinung, in der Wirklichkeit des Lebens aber eine überaus häufige Rechtsfigur.

Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen

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