Читать книгу EHEC-Alarm - Lothar Beutin - Страница 10
Kiel, 2. 4. 2011
ОглавлениеJörg sammelte die Fragebögen für das Gesundheitsamt ein, die seine Leute über das Wochenende ausgefüllt hatten. Danach ging er. Er hatte noch eine wichtige Verabredung mit dem Dekan des Fachbereichs Medizin. Von diesem Gespräch hing einiges für ihn ab, aber das wusste niemand aus der Gruppe.
Für die bakteriologischen Untersuchungen und somit auch die Bearbeitung der Stuhlproben war Sybille Barnhelm, Jörgs technische Assistentin, verantwortlich. Manche sagten, Sybille als Chefassistentin hätte mehr Einfluss auf Jörg, als seine rechte Hand, Alexander Curtius. Bei der morgendlichen Arbeitsbesprechung verteilte Sybille Stuhlprobenröhrchen, die mit einem Strichcode gekennzeichnet waren. Auf einem Begleitzettel mit dem gleichen Strichcode musste jeder den Empfang quittieren. Sie kündigte an, die Proben am Nachmittag einzusammeln.
„Der Chef macht genauso mit wie alle anderen“, rief sie, als jemand nach Jörg, der noch nicht zurückgekommen war, fragte. Bis zum Nachmittag hatte Sybille alle Proben, bis auf die von Alexander und von ihrer Kollegin Bernadette, zusammen.
„Die von euch will ich aber bis spätestens morgen Vormittag haben, damit wir alle Proben in einem Durchgang aufarbeiten können“, sagte Sybille den beiden.
„Erzählst du uns dann, was dabei herausgekommen ist?“, fragte Bernadette.
„Ich kann Euch nur sagen, ob von den Proben überhaupt welche positiv sind. Jörg hat eure Namen in die Datenbank eingegeben, er hat den Schlüssel zu dem Barcode.“ Sybille lächelte Bernadette zu und ging zurück in ihr Labor.
Am Nachmittag gab Jörg Sybille das Röhrchen mit seiner Probe und blätterte die Zettel mit den Unterschriften durch.
„Ich bin gespannt, ob positive Proben dabei sind“, sagte er.
„Glaubst du?“
„Besser wir wissen es vorher, bevor das Gesundheitsamt selbst prüft. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, murmelte er, während er sich eine Zigarette anzündete und den Rauch durch die Luft blies.
Er scannte die Nummern der Röhrchen mit dem Lesegerät ein, wie an der Kasse beim Discounter und tippte die Namen seiner Leute entsprechend dazu. Insgesamt gab es zwanzig Proben zur Untersuchung auf Salmonellen, auf Listerien und auf EHEC. EHEC stand für enterohämorrhagische Kolibakterien, die den Giftstoff Shigatoxin produzierten.
In allen Fällen handelte es sich um Bakterien, die man sich durch verseuchte Lebensmittel einfangen konnte. Die Folgen waren Durchfall und manchmal sogar lebensbedrohliche Erkrankungen, wie Hirnschäden und Nierenversagen. In seiner Gruppe arbeiteten sie daran, die Eigenschaften der Bakterien, die zu Erkrankungen führten, zu entdecken und Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Seuchen zu entwickeln.
Als Sybille am späten Nachmittag gerade im Begriff war zu gehen, hielt Harald sie auf. Ob etwas vorgefallen sei, was diese Kontrollmaßnahmen rechtfertigte. Sybille überlegte einen Moment und meinte: „Nein, zumindest weiß ich nichts, aber wenn das Gesundheitsamt so etwas fordert, ist es besser, dem nachzukommen. Außerdem finde ich es ganz spannend zu prüfen, ob jemand von uns sich vielleicht im Labor infiziert hat. Das sollte einen Versuch wert sein.“
„Und wenn einer von uns sich im Labor angesteckt hat, fliegt der dann raus?“, fragte Harald besorgt.
Sybille zog ihre Stirn kraus und meinte dann: „Man kann sich ja überall infizieren. Aber, wenn es vom Labor kommt, könnte man vermuten, dass jemand nicht sauber gearbeitet hat.“
Als sie Haralds besorgtes Gesicht sah, musste sie plötzlich lachen: „Also, du wirst es sicher nicht sein. Du arbeitest doch gar nicht mit Infektionserregern, oder?“
Harald schaute sie an. Natürlich, sie hatte recht, er arbeitete mit Nukleinsäuren und nicht mit lebenden Bakterien. Sybille lächelte und klopfte ihm auf die Schulter, bevor sie zurück in ihr Labor ging.
Harald war davon überzeugt, dass Sybille über alles mit Jörg redete, vielleicht auch über ihr Gespräch. Er kannte sie nicht sonderlich gut, hatte aber trotzdem Vertrauen zu ihr. Er war davon überzeugt, dass Sybille ihn gerne mochte. Vielleicht kam das aber nur, weil sie ihn an eine Freundin seiner älteren Schwester erinnerte, für die er als Teenager heimlich geschwärmt hatte.