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Kiel, 18. 4. 2011

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Jörg war schon seit ein paar Tagen wieder ins Institut zurückgekehrt, nachdem Sybille ihm auf sein Nachfragen schließlich mitgeteilt hatte, dass seine zweite Stuhlprobe EHEC-negativ war.

„Das möchte ich auch gehofft haben!“, hatte er gesagt, als wäre es selbstverständlich.

Sybille staunte immer wieder über ihn. Wie konnte er denn so sicher sein? Vielleicht, weil er keine Krankheitssymptome gehabt hatte. Manche Leute hatten EHEC-Infektionen, ohne Beschwerden zu entwickeln. Warum das so war, wusste man nicht genau, aber es gab immer wieder Menschen, die aus irgendwelchen Gründen gegen EHEC immun waren. Aber selbst wenn diese nicht krank waren, konnten sie trotzdem andere Menschen mit EHEC anstecken. Und wenn die nicht dagegen immun waren, wurden sie krank. Jörg schien zum Glück seinen EHEC schnell wieder abgestoßen zu haben.

„Hatten dir die paar Tage zu Hause wenigstens gut getan?“, fragte Sybille.

„Na ja, wie man es so nimmt. Ich bin zum Nachdenken gekommen, insofern war das schon gut.“

Er wollte das Thema wechseln. Vielleicht weil er es hasste, persönliche Fragen gestellt zu bekommen. Also begann er, ungeduldig mit seinem Fingern auf dem Tisch zu trommeln. „Und sonst, Sybille? Was gibt es Neues im Labor?“

„Gestern Nachmittag sind noch eine Stuhl- und eine Serumprobe aus dem städtischen Krankenhaus gekommen. Diagnose: akutes Nierenversagen, Verdacht auf HUS.“

HUS stand für hämolytisch-urämisches Syndrom, einer lebensbedrohlichen Begleiterscheinung bei EHEC-Infektionen. Jörg wurde hellhörig: „HUS! Im städtischen Krankenhaus! Sieh bloß zu, dass du den EHEC auch findest. Wir dürfen uns nicht blamieren, sonst steht im Stadtanzeiger so was wie: Nierenversagen durch EHEC in Kiel und das Exzellenzinstitut tappt im Dunkeln! Und danach stehen die Eltern von dem kranken Kind vor unserer Tür!“

„Jörg, lass mich doch erst einmal ausreden! Das ist ja das Besondere an dem Fall. Die Patientin ist eine erwachsene Frau und kein Kind, wie sonst fast immer bei HUS durch EHEC!“, erwiderte Sybille.

Er verzog das Gesicht und brummelte etwas, das Sybille nicht verstand. „Auch das noch! Und so etwas muss ausgerechnet bei uns passieren!“

Wenn Erwachsene HUS bekamen, fand man oft keine Ursache dafür. Solche Fälle traten aber sehr selten auf und nun war es ausgerechnet hier in Kiel passiert.

Jörg stand auf und zündete sich eine Zigarette an: „Na prima! Dann wird es für uns schwer! Halt‘ mich über die Ergebnisse auf dem Laufenden, Sybille“, sagte er, bevor er missmutig in sein Büro verschwand.

Sybille öffnete den Brutschrank, um die Bakterienkulturen aus der Stuhlprobe der Patientin zu überprüfen. Auf den Nährböden waren Kolibakterien gewachsen. Für sich gesehen war das normal und es blieb damit die Chance gewahrt, dass sich unter den Kolibakterien vielleicht auch EHEC befanden. EHEC gehörten zur Gruppe der Kolibakterien, nur mit dem Unterschied, dass sie Shigatoxine bildeten.

Sybille bereite alles für den Nachweis dieser Giftstoffe vor. Wenn Shigatoxine in der Probe vorhanden waren, dann gab es auch EHEC und Jörg brauchte keine Blamage für die Gruppe zu befürchten. Letzte Woche hatte ihr der Vertreter einer Wiesbadener Pharmafirma einen Schnelltest für Shigatoxine vorgestellt und ihr sogar ein paar Teststäbchen zum Ausprobieren überlassen. Das Ergebnis konnte man schon nach einer Viertelstunde ablesen. Wie bei einem Schwangerschaftstest, dachte Sybille und musste schmunzeln. Jetzt war es die beste Gelegenheit, diesen Test auszuprobieren. Nachdem Sybille die Teststäbchen in die gelbliche Bakterienbrühe gestellt hatte, nutzte sie die Wartezeit, um auf dem Flur eine Zigarette zu rauchen. Zehn Minuten später war sie wieder im Labor und linste neugierig in das kleine Gefäß. Kurze Zeit danach nahm sie den Teststreifen heraus. Das Ergebnis war eindeutig, die deutliche rote Linie zeigte Shigatoxin an.

Die Überraschung entlockte Sybille ein Pfiff durch ihre halb geöffneten Lippen. Wenn dieser Test hielt, was er versprach, dann gab es in der Probe tatsächlich EHEC. Der Fall war dringend und sie veranlasste, dass der verdächtige Keim mit Boten an das Zentrallabor geschickt wurde. Morgen konnte sie Jörg mit den ersten Ergebnissen überraschen. Das Ergebnis mit dem neuen Test wollte sie aber lieber noch bestätigen, bevor sie damit zu ihm ging.

EHEC-Alarm

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