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Kiel, 4. 4. 2011

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Zwei Tage waren vergangen, die Sybille gebraucht hatte, um die ersten Untersuchungsergebnisse zu sammeln. Als sie ihm morgens die gesammelten Befunde brachte, machte sie ein vielsagendes Gesicht und sagte: „Die Probe Nummer Siebzehn ist positiv für EHEC mit Shigatoxin-2!“

„Also eine der Proben ist EHEC-positiv? Was ist mit Salmonellen und Listerien?“, fragte Jörg mit einem Unterton, den Sybille gut kannte.

Dieser Ton war ein Frühwarnsystem seiner schlechten Laune, die sich ankündigte. Sybille machte das schon lange keine Angst mehr und sie erwiderte nur sachlich: „Für Salmonellen und Listerien ist alles negativ!“

Inzwischen kannte sie ihn zu lange, um sich von ihm beeindrucken zu lassen. Nachdem sie vor zwei Jahren seinem Drängen einmal nachgegeben und nach einer Weihnachtsfeier in seinem Bett gelandet war, hatte er nicht mehr dieses besondere Etwas, sondern war entzaubert. Auf der persönlichen Ebene war er für sie zu einem gewöhnlichen Kerl geworden, genauso wie die, die sie schon vor ihm gehabt hatte.

Deshalb meinte sie nur: „Ich finde, eine positive Probe ist schon zu viel! Wer von der Gruppe war so fahrlässig und hat sich bei der Arbeit mit EHEC infiziert? Du hast doch den Schlüssel zu den Strichcodes!“

Er schaute sie einen Moment irritiert an. Dann schüttelte er den Kopf und meinte: „Ob sich jemand im Labor infiziert hat, weißt du doch gar nicht. EHEC kann man sich doch durch Hackfleisch oder Rohmilchkäse holen. Wie denkst du denn, haben sich die Patienten infiziert, von denen wir jeden Tag Proben bekommen? Einfach, weil sie gerade das Falsche gegessen hatten, aber doch nicht, weil die in einem Labor arbeiten!“

Sybille überlegte. Da hatte er recht. Das bewies nicht, dass sich jemand im Labor infiziert hatte. Sie sagte nichts weiter dazu und ging.

„Ich sag dir sofort Bescheid, wer es ist, sobald ich die einzelnen Proben den Namen zugeordnet habe!“, rief Jörg ihr hinterher. „Vielleicht bist du es ja!“

Er lachte, als Sybille ihn kopfschüttelnd ansah.

Eine halbe Stunde war vergangen. Als Sybille gerade dabei war, eine Reihe Petrischalen für die nächsten Untersuchungsreihen zu beschriften, klingelte das Telefon in ihrem Labor. Sie hob ab. „Ich bin's!“, hörte sie Jörgs Stimme.

„Ja, das höre ich“, sagte Sybille verwundert, „und was ist?“

„Na, ich bin es, die positive Probe!“, meinte er belustigt.

„Du?!“, rief sie aus. „Das gibt’s doch nicht! Hast du denn Beschwerden, Durchfall?“

„Nö, mir geht’s prima, aber ich werde wohl besser nach Hause gehen und die nächsten Tage dem Institut fernbleiben. Ich will nicht riskieren, jemanden anzustecken. Aus dem Labor kann ich mir den EHEC nicht geholt haben. Du weißt am besten, das ich schon lange keine Zeit mehr finde, selbst zu pipettieren.“

Zum Glück für uns, dachte Sybille und grinste. „Und was machen wir nun? Einer von den ganz gefährlichen EHEC ist es nicht, das habe ich schon untersucht. Aber sicherheitshalber sollten wir ihn zur serologischen Bestimmung an das Zentrallabor schicken!“

Das Zentrallabor gehörte zum Richard Pfeiffer Institut (RPI) in Hanau, in der Nähe von Frankfurt am Main. Es war nach einer europäischen Richtlinie als Zentrum für epidemiologische Untersuchungen eingerichtet worden und mit der Koordination der einzelnen Gesundheitsbehörden befasst.

Das Zentrallabor am RPI war eines der wenigen in Deutschland, die EHEC nach ihren serologischen Eigenschaften untersuchten. Damit konnte man bestimmen, ob Bakterien miteinander verwandt waren. Das war wichtig, um Epidemien schnell zu erkennen. Wenn mehrere Patienten alle denselben EHEC-Typ hatten, dann war es eine Epidemie, die von einer Infektionsquelle ausging. Um die Epidemie zu stoppen, musste diese Quelle dringend gefunden werden. Bei der größten EHEC-Epidemie waren in Japan 1996 über sechstausend Menschen infiziert, die Quelle des EHEC hatte man nur vermuten, aber nicht eindeutig feststellen können.

Jörg dachte kurz nach. „Ach, das ist unnötig. Ein einzelner EHEC-Stamm, womit sollen die den vergleichen? Das Zentrallabor bekommt schon genug Einsendungen von uns. Außerdem bin ich nicht krank und es gibt auch keine Anzeichen, dass sich was anbahnt. Das ist irgend so ein EHEC von der harmloseren Sorte. Was meinst du, wie viele Leute mit so etwas in ihren Eingeweiden herumlaufen, ohne davon überhaupt zu wissen?“

Wieder hatte er recht mit dem, was er sagte, aber Sybille war doch erstaunt, dass er nicht neugierig auf den EHEC-Typ war, den er sich eingefangen hatte. Vielleicht, weil er selbst der Patient war. Der Schuster trägt immer die schlechtesten Schuhe, dachte sie belustigt.

Bevor sie ihm mit diesem Spruch kommen konnte, meinte er: „Ich werde mich mal mit diesen neuen Probiotikum Profudigest behandeln. Das Zeug, von dem diese Pharmafirma Immunonova behauptet, es würde gegen EHEC helfen. Vermutlich enthält es einfach nur Bifidobakterien aus Joghurt oder so etwas Ähnliches.“ Es klang so, als würde er an die Wirksamkeit des Medikaments nicht recht glauben.

„Ich hoffe, nach der Behandlung ist meine nächste Stuhlprobe negativ. Wird ohnehin schon schwer sein, es ohne das Institut auszuhalten. Sag den anderen, was los ist und ich melde mich später wieder bei dir.“

Damit hatte er aufgelegt.

EHEC-Alarm

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