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2,1–5

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1 Als ich zu euch kam, Geschwister, trat ich auch nicht als glänzender Redner und Weisheitslehrer auf, um euch das Geheimnis Gottes zu verkünden. 2 Denn ich kam zu der Überzeugung, dass bei euch nichts so wichtig sei wie der Messias Jesus, und zwar als Gekreuzigter. 3 Ich kam zu euch in Schwäche und Furcht und mit großem Bangen. 4 Meine Rede und meine Botschaft bestanden nicht aus gewinnenden Weisheitsworten, sondern kamen aus der Erfahrung von Geist und gottgegebener Kraft. 5 So beruht euer Glaube nicht auf Menschenweisheit, sondern auf der Kraft Gottes.

2,1–4 2,1.4 In den Abgrenzungen von einem „Übermaß“ an Redekunst oder Weisheit im Sinne der gesellschaftlichen Normen wiederholt Paulus, was er schon in 1,17.20 gesagt hat: Es gibt in der Gesellschaft Korinths – wie überhaupt der hellenistischrömischen Öffentlichkeitskultur – eine Redekunst, die der Selbstdarstellung und der Ideologie des Imperium dient.123 Solche öffentliche Rede ist das Feld auch für die Bewährung von Männlichkeit, die dem Herrschaftssystem Ausdruck geben und ihm dienen soll. Es geht hier bei dieser Abgrenzung nicht um Gegner / Gegnerinnen des Paulus in der Gemeinde, sondern um die notwendige Distanz des Paulus und der Gemeinde zu einer öffentlichen Kultur, die der Gewalt dient.

Schon das erste Wort dieses Abschnittes kago / auch ich schließt Paulus und die Gemeinde zusammen. In 2,3 nimmt er es noch einmal auf. Sie sind eine Gemeinde aus Ungebildeten, die Gottes Weisheit leben, und so tritt auch Paulus auf. Was ist damit gemeint? Paulus verfügt zweifellos über eine gründliche Ausbildung als Ausleger der Tora bei einem berühmten pharisäischen Lehrer in Jerusalem, Gamaliel (vgl. Apg 22,3). Er verfügt jedoch nicht über ein besonderes rhetorisches Charisma oder eine Ausbildung im öffentlichen Reden und Auftreten. In 2 Kor 10,10 zeigt sich, dass es Gemeindemitglieder gibt, die kritisieren, dass sein Auftreten schwach sei.124 Es scheint ihnen, dass er sich hinter seinen Briefen versteckt, denn sie „wiegen schwer und sind voller Kraft“ (BigS). Es sind Zweifel angebracht, ob die Briefe, die ja in der Versammlung vorgelesen wurden, damals leicht verständlich waren, auch wenn die Gemeinde vieles in ihnen wiedererkennen konnte. Doch es bleibt das Faktum, dass er am Aufbau messianischer Gemeinschaften im Imperium Romanum maßgeblich beteiligt war, also trotz mangelnder rhetorischer Bildung durch seine „counter-rhetoric“125 viele Menschen erreicht und für ein neues Lebensziel gewonnen hat.

2,2 2,2 Bewusst und nachdrücklich hat Paulus bei seinem ersten Auftreten in Korinth den Messias Jesus in den Mittelpunkt gestellt, und zwar als Gekreuzigten. Er erwähnt hier nicht, dass Gott den gekreuzigten Messias erweckt hat, dass er ihn nicht dem Tod und der Gewalt überlassen hat. Doch ohne dieses Gotteswunder bleibt die Kreuzigung Jesu ein Zeichen politischer Unterdrückung zur Abschreckung der Bevölkerung. Dass Paulus hier die Kreuzigung so isoliert als Inhalt seiner Botschaft nennt, ist im Zusammenhang von 1,17–25 verständlich. Der öffentlichen Solidarität mit dem Gekreuzigten und damit den vielen Gekreuzigten darf nicht aus dem Weg gegangen werden (s. o. Basisinformation Verleugnung der Kreuzigung). Doch seine Botschaft erschöpft sich schließlich nicht in der Mitteilung der puren Tatsache der Kreuzigung. Deshalb vergegenwärtigt die Botschaft, die von Jesu Kreuzigung erzählt, in den Gemeinden bereits als solche machtvoll die Auferstehung und den Auferstandenen – auch ohne explizite Worte dazu.

2,3 2,3 Paulus spricht hier sehr persönlich: Damals, als er zu der Gemeinde kam (s. 2,1), kam er „in Schwäche“. Wenn er sich in 2,3 auch wie in 2,1 auf die Situation seines Anfangs in Korinth bezieht, was sprachlich möglich ist, entsteht die Frage, ob er sich tatsächlich als Gründer der korinthischen Gemeinde versteht, weil er hier die Existenz einer Gemeinde schon für seinen Beginn voraussetzt. In 3,6 vergleicht er seine Anfangsarbeit mit einem Pflanzen, in 3,10 mit dem Legen eines Fundamentes, in 4,14.15 nennt er sich Vater, der die Gemeinde geboren oder gezeugt hat (vgl. Gal 4,19). Widersprechen diese Aussagen Apg 18,2–4? Dort wird berichtet, dass Paulus bei seinem Aufenthalt in Korinth bei dem Ehepaar Prisca und Aquila wohnt. Es gibt Gründe zu vermuten, dass sie bereits vor seiner Ankunft Teil einer messianischen Hausgemeinde in Korinth sind (s. zu 16,19). So könnte Paulus’ Arbeit in Korinth auch in dieser Gemeinde ihre erste Basis gehabt haben. Seine Formulierungen in 1 Kor 3,6.10; 4,14.15 müssen dem nicht widersprechen: Er hat in jedem Fall Entscheidendes zum Aufbau der Gemeinde beigetragen. Ihn als Gründer der Gemeinde zu bezeichnen ist der kirchlichen Auslegungstradition wichtiger als ihm selbst.

Seine Schwäche ist für Paulus eine immer wiederkehrende Sorge.126 Er muss eine schwere chronische Krankheit gehabt haben. Was es genau war, das ihn so hinfällig machte, ist nicht zu erkennen. Wo er seine Schwäche erwähnt oder beklagt, spricht er zugleich von der Erfahrung der Kraft Gottes – gerade in den Stunden der Schwäche. So auch hier. Trotz seiner Schwäche in der Anfangszeit in Korinth war seine Verkündigung voller Geistkraft und Machterweise Gottes (2,4.5). So wiederholt sich an seinem Körper das Geschick Jesu, der am Kreuz starb und von Gott neu ins Leben gerufen wurde (vgl. 2 Kor 4,10). Die Lebendigkeit und Gegenwart des Messias ist ein Gotteswunder, das sich im Leben der Menschen wiederholen kann, im Leben des Paulus wie in dem der Gemeinde (1,26–31). Die Wendung „Furcht und Zittern“ nimmt alttestamentliche Sprache auf. Sie kann sich auf die Ehrfurcht vor der Macht Gottes beziehen (Jes 19,16; Ex 15,16; Dtn 11,25), aber auch auf das Erschrecken, das Gewalt unter Menschen auslöst (Ps 55,6). Doch ist die Wendung hier auf das Auftreten des Paulus bezogen und verdeutlicht seine Erfahrung der Hinfälligkeit: Er hatte Angst, zu versagen, seine Aufgabe nicht erfüllen zu können. In der Auslegungsgeschichte finden sich theologische Verallgemeinerungen für die Beschreibung der Schwäche und Angst des Paulus, z. B. als „demütige Hinnahme […] des Willens Gottes“,127 als Abhängigkeit von Gott. Damit wird die physische und psychische Not zur Nebensache. Paulus geht es hier nicht um die Demut und Christusförmigkeit der verkündigenden Menschen, sondern um eine persönliche Erfahrung von Not, an die die Gemeinde in Korinth sich erinnert.

2,5 2,5 Im Griechischen beginnt 2,5 mit „hina“, meist so übersetzt: „damit“ euer Glaube (z. B. nicht auf Menschenweisheit stehe). Wie oft in der neutestamentlichen Sprache bezeichnet das griechische hina hier jedoch nicht Ziel oder Zweck, sondern die Folge.128 Wenn hina final gedeutet wird, ergibt sich, dass es Gottes (oder des Paulus) Absicht war, Paulus mit mangelnder Redekunst und in Krankheit vor die Gemeinde zu stellen; seine Schwäche wäre dann Mittel zum Zweck. Damit entstehen absurde Konsequenzen, z. B. dass Gesunde für die Kreuzesverkündigung ungeeignet seien. Es ist wichtig, die individuelle Not dieses Menschen Paulus als das zu nehmen, was er über sie sagt: als große Belastung und Behinderung. Dass die Gemeinde trotzdem durch diese Verkündigung Vertrauen zu Gott gewann, ist ein von Gottes Macht gewirktes Wunder. Die pistis ist das Vertrauen darauf, „dass Gott die Toten lebendig macht“ (Röm 4,17). Die Übersetzung des Wortes mit „Glauben“ kann missverständlich sein, z. B. im Sinne eines Für-wahr-Haltens von bestimmten Lehren.129

Der erste Brief an die Gemeinde in Korinth

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