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3,1–4

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1 Doch, ihr Geschwister, ich konnte euch nicht als Menschen anreden, die von der Geistkraft erfüllt sind. Ihr wart Kinder eurer Zeit, Säuglinge in Christus. 2 Muttermilch habe ich euch zu trinken gegeben, nicht feste Nahrung. Ihr wart noch nicht so weit und seid es auch jetzt noch nicht. 3 Denn ihr lebt noch gefangen in euren Begrenzungen. Wenn es bei euch Konkurrenzen und Streit gibt, seid ihr dann nicht Kinder eurer Zeit, die so leben, wie es in der Gesellschaft üblich ist? 4 Wenn einige sagen: Ich gehöre zur Paulusgruppe, andere, ich gehöre zur Apollosgruppe, benehmt ihr euch da nicht wie alle anderen?

3,1 Eigentlich sollten sie als Geistmenschen leben können: 3,1 knüpft an 2,15 an, aber faktisch steht ihre Praxis im Widerspruch zu ihrer Beziehung zu Gott. Sie leben in ihrem Alltag so, als hätten sie keine messianische Befreiung erfahren: Sie passen sich an die Strukturen dieser Welt an (sarkinoi vgl. 3,3).

3,1.2 3,1.2 benutzt Paulus ein Bild: Er hat die Gemeinde wie eine stillende Mutter oder Amme Milch trinken lassen, da sie wie Säuglinge waren, die feste Speise noch nicht vertragen; ja dieser Zustand hält sogar bis in die Gegenwart an. Dass es Stufen in der Erziehung gibt, die mit der Ernährung erst durch Milch, dann durch feste Kost verglichen werden, hat außerbiblische Parallelen.150 Ungewöhnlich ist jedoch vor diesem Hintergrund, dass Paulus dabei dieses Bild auf sich selbst bezieht151 und sich mit einer stillenden Mutter oder Amme vergleicht. Paulus bringt an den wenigen Stellen, an denen er sich in elterliche Beziehung zur Gemeinde setzt, wenn er sich Vater nennt, die Mutter auch ins Spiel (hier: 4,14–16).152 In einer Gesellschaft, in der Männlichkeit der Ideologie des Imperium dient und als Repräsentation von Herrschaft öffentlich dargestellt werden soll, ist seine Selbstdarstellung deutlich nicht-männlich (vgl. sein Verhältnis zur öffentlichen Rhetorik 2,1). Damit wird seine Arbeit als Erzieher der Gemeinde bewusst von Dominanzanspruch freigehalten.153 Paulus macht sich darüber hinaus als nicht-männlicher Mann angreifbar und lächerlich: Er vollzieht ein bewusstes „queering“154, d. h. er hält sich nicht an die gesellschaftlich verlangte Ordnung der Geschlechter- und Herrschaftsidentität. Milch und feste Speise beziehen sich auf die unterschiedliche Deutlichkeit der Kritik an Machtkämpfen, nicht auf zwei Versionen des Evangeliums, wie häufig diskutiert wird.

3,3.4 3,3.4 sollten nicht als Polemik verstanden werden, sondern als Kritik, die darauf hinweist, was für Strukturen sich in Konkurrenzen und Streit erkennen lassen: die ahnungslose Anpassung an gesellschaftliche Machtkämpfe, die auf Unterdrückung anderer Menschen zielt. kata anthropon (vgl. den Gebrauch des Wortes anthropos in 1,25; 2,5 und 3,4) „wie es unter Menschen üblich ist“, wertet nicht Menschsein als solches ab. Vielmehr geht es um gesellschaftliche Strukturen, die zerstören statt aufzubauen: Menschsein ohne Gott. Überzeugungskraft gewinnt sein aufklärendes Argument daraus, dass er voraussetzen kann: Eben dies wollen die Angeredeten ja gerade nicht. Sie wollen nach Gottes Willen leben.

3,4 nimmt auf 1,11–13 Bezug. Hier äußert er deutliche Kritik; dies ist die feste Speise (3,2), die Paulus bisher nur weniger massiv vertrat.

Der erste Brief an die Gemeinde in Korinth

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