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3,12–17

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12 Wer immer auf das Fundament aufbaut, mit Gold, Silber, kostbaren Steinen, Hölzern, Stroh, Schilf – 13 der Beitrag aller Einzelnen wird sichtbar werden. Der Tag wird ihn ans Licht bringen. Denn im Feuer wird es offenbar. Die Qualität der Arbeit aller wird das Feuer prüfen. 14 Für das Stück, das ihr weitergebaut habt, werdet ihr Lohn empfangen, wenn es bestehen bleibt. 15 Für das Stück, das verbrennt, werdet ihr die Konsequenzen tragen, aber ihr werdet trotzdem gerettet werden, wie aus einem brennenden Haus.

16 Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und Gottes Geistkraft in euch wohnt? 17 Wer den Tempel Gottes zerstört, wird selbst Zerstörung erleben. Denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr.

Alle die am Bauen der Gemeinde beteiligt sind, müssen sich vor Gott verantworten. Gott prüft die Qualität des Bauwerkes – Paulus erzählt hier ein Gleichnis. Das Bauwerk gerät in Brand. Aus Gottes Sicht ist das eine Stunde der Wahrheit für die Bauleute. Paulus nimmt dieses Bild aus der Realität der Brände in den hellenistisch-römischen Großstädten. Er nennt die Feuerprobe den „Tag“ (3,13). Die Vorstellung vom Tag Gottes und vom Gerichtsfeuer hat biblische Tradition. Paulus denkt hier an eine Feuerprobe; eine Prüfung Gottes; sie sollte aber nicht mit Gottes endgültigem Gericht gleichgesetzt werden (s. 3,15 vgl. 11,32). Er stellt sich vielmehr eine Prüfung durch Gott vor, die Menschen, die gefehlt haben, erzieht. Paulus hat in seinem Bild von der Gemeinde als Bauwerk die Arbeit an einem Tempelgebäude vor Augen, wie er sie vermutlich z. B. an der Dauerbaustelle des herodianischen Tempels in Jerusalem gesehen hat.160

3,12 Er gestaltet sein Bild mit Sachkenntnis, wie u.a. 3,12 zeigt. Hier zählt er Baumaterialien auf unter dem Gesichtspunkt, dass die Bauleute ihre Brennbarkeit bedenken müssen. Das „Weiterbauen“ schließt also auch bauleitende Kompetenzen ein, denn nur die Bauleitung kann solche Entscheidungen fällen. Daraus ist zu erkennen, dass er sich als Architekt (3,10) nicht gegenüber den anderen Bauleuten hervorheben wollte. Er nennt folgende Materialien: Gold und Silber – sie wurden z. B. für Tempel verwendet.161 Sodann erwähnt er „kostbare Steine“. Die Septuaginta spricht von der Verwendung von „kostbaren großen Steinen“ für Fundament oder Oberbau von Tempel und Königspalästen (III Kön. 6,2; 7,46–50).162 Deshalb ist es naheliegend, bei den „kostbaren Steinen“ nicht an Edelsteine zu denken. Dafür spricht auch, dass Paulus bei seinem Bildgebrauch so sachkundig spricht. Stein ist schließlich das entscheidende Baumaterial für jedes Gebäude. Die Bearbeitung der großen Steinquader vor der Verwendung ist aufwendig,163 sodass das Wort „kostbar“ für die Steinquader angemessen ist. Edelsteine als Schmuck des zukünftigen Jerusalem wie Apk 21,19–21 sind zwar auch in die Erwägung der Deutung der Steine in 3,12 einzubeziehen. Doch Paulus redet hier aus eigener Anschauung großer Gebäude, deshalb ist die Deutung auf Steinquader vorzuziehen. Die letzten drei Wörter, die Baumaterial aufzählen, beziehen sich auf Dachschindeln164, Stroh und Schilf. Sie werden im hellenistischen Bauwesen nicht für große Gebäude in Städten verwendet, wohl aber für „ländliche Wohnungen in ärmeren Gegenden“.165 Paulus spricht über die Materialien und über Brandschutzüberlegungen ähnlich wie antike Baumeister.166 3,16–17 sind abschließende feierliche Sätze über die Gemeinde als Tempel Gottes.

3,13 3,13 Das Feuer der richterlichen Prüfung167 durch Gott, also eine mythische Vorstellung, und das Bild vom brandgefährdeten Bauwerk sind hier zusammengebracht. Dabei bleibt der Bezug auf Erfahrungen des Alltags präsent. Die Brandgefahr und der Brand von Häusern und Stadtteilen waren alltäglich.168 Bei der Deutung des Gleichnisses vom (Tempel-)Bauwerk (3,9b–17) ist einerseits die Lebenserfahrung als Grundlage des Bildes ernst zu nehmen. Andererseits ist auf die im Text expliziten Brücken zur Sache, die gedeutet werden soll, zu achten. Das heißt für 3,13: Das Gebäude gerät in Brand und nun zeigt sich, wessen Arbeit durch ihr brandfestes Baumaterial Bestand hat. Es geht nicht darum, das Gottesgericht als Feuerprobe für die Gemeinde darzulegen. Es geht um die Verantwortung der Bauleute vor Gott.

3,14 3,14 Die Bauarbeiter, deren Beitrag zum Bauwerk im Feuer Bestand hat, bekommen Lohn. Hier stimmt das Bild nicht mit der Realität überein, denn Menschen, die mit der Hand arbeiten, brauchen den Lohn schon am Abend des Arbeitstages.

3,15 3,15 Entsprechend erleiden diejenigen Einbußen, deren Baubeitrag verbrennt.

Doch Paulus will damit nicht sagen, dass die Menschen, deren Beitrag zum Aufbau der Gemeinde keine Qualität hat, deswegen im endzeitlichen Gericht dem ewigen Tod überantwortet werden. Sie werden mit Leuten verglichen, die aus einem brennenden Gebäude gerade noch gerettet werden (vgl. Judasbrief 23; ähnlich Am 4,11). Worin die Einbuße besteht, wird nicht ausgemalt, ist nicht wichtig. In 11,32 findet sich ein ähnlicher Gedanke: Gott erzieht Menschen, aber er will sie nicht vernichten.

3,16 3,16 Jetzt sagt Paulus explizit, was die theologische Grundlage seines Gleichnisses vom Bauwerk ist: Die Gemeinde ist der Tempel Gottes. Paulus spricht vergewissernd: „Wisst ihr nicht?“. Das Bild Tempel bedeutet: An diesem Ort wohnt Gott / Gottes Geistkraft (vgl. 2 Kor 6,16). Hier geht es nicht um einen Anspruch, den wahren Tempel Gemeinde169 vom Tempel in Jerusalem abzugrenzen, wie in älterer Auslegung angenommen wurde. Es geht um Einbeziehung der messianischen Gemeinde in Korinth in das Verhältnis des Volkes Israel zu Gott und Gottes Verhältnis zu Israel. Auch die Menschen aus den Völkern gehören zum Gott Israels. Ähnliches geschieht z. B. mit der Bezeichnung der Gemeinde als „Heilige“ und „Versammlung Gottes“ (s. zu 1,2). Ein ähnliches Bild wie hier findet sich in Qumran: Die Gemeinschaft wird ein „heiliges Haus“ für Israel genannt.170

Die Vorstellung, dass die Gemeinde als Gemeinschaft der Ort ist, an dem Gott gegenwärtig ist, spricht der Gemeinschaft eine unüberbietbare Würde und Kraft zu.

3,17 Der scharfe Ton von 3,17 verglichen mit 3,15 hat immer wieder zu einer gewissen Verwunderung geführt und zu Überlegungen, welche furchtbare innere Bedrohung durch „Gegner“ gemeint sein könnte. Wahrscheinlicher ist es, dass Paulus an die Zerstörung der messianischen Gemeinde durch römische Instanzen, bzw. die Verantwortlichen der Stadt Korinth denkt, also an Bedrohung von außen. Sie ist in der historischen Situation naheliegend. Die Gemeinde könnte aus der Stadt vertrieben werden, Mitglieder könnten angeklagt und verurteilt werden oder sie könnte sich auflösen, weil die Menschen zu viel Angst haben (s. o. zu 1,18). Paulus stellt dann die Zerstörung der Gemeinde als des Tempels Gottes in den Zusammenhang der Geschichte der Zerstörung des Tempels in Jerusalem. Zu dieser Zeit stand der zweite Tempel zwar noch, doch es gab düstere Befürchtungen und Weissagungen seiner Zerstörung durch fremde Herrscher, z. B. Dan 9,26 LXX, wo auch das Verb phtheirein / zerstören benutzt wird. Auch dieser Tempel des Gottes Israels in Korinth ist bedroht, und Gott wird seine Zerstörung vergelten. Der Satz benutzt die Form der Talio (s. z. B. Ex 21,24), ein Recht, bei dem Tat und Tatfolge einander entsprechen. 3,17 steht in der prophetischen Tradition des Danielbuches (s. z. B. 7,11.12). Die angekündigte „Zerstörung“ des Zerstörers sollte primär nicht auf eine einzelne Person gedeutet werden, sondern auf den von Gott bewirkten Untergang einer Unrechtsherrschaft.

3,17b fasst die Gedanken zur Gegenwart Gottes noch einmal zusammen. Der kleine Schlusssatz „… der seid ihr“ macht klar: Die Menschen in der Gemeinde sind heilig (vgl. 1,2; Lev 19,2), sie sind Ort der Gegenwart Gottes. Täglich laufen diese Menschen, die in Korinth leben, an prächtigen Tempeln meist römischer Götter vorbei. Paulus vergewissert sie: Nicht diese Marmortempel, ihr selbst in der Gemeinschaft eurer zerbrechlichen Leiber, seid Tempel, in dem der Eine Gott Israels wohnt.

Der erste Brief an die Gemeinde in Korinth

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