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4. Strafgerichtsverfassung, Laienbeteiligung

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Die eklektische Ausgestaltung der Strafgerichtsverfassung und damit verbunden der Laienbeteiligung trug offenkundigen Kompromisscharakter.[109] Während die süddeutschen Staaten auf Beibehaltung der Schwurgerichte bestanden hatten, war die von den Bundesstaaten favorisierte ubiquitäre Ausdehnung der Schöffengerichtsbarkeit am Widerstand Preußens gescheitert. Die Hegemonialmacht beharrte auf der Errichtung reiner Beamtengerichte auf Landgerichtsebene. Der Kompromiss, der erst durch die Emminger-Verordnung von 1924 eine Korrektur erfuhr, fand wenig Beifall. So kannte das Gerichtsverfassungsgesetz mit dem Einzelrichter und Schöffengericht am Amtsgericht, den Strafkammern und Schwurgerichten am Landgericht sowie dem Reichsgericht nicht weniger als fünf erstinstanzliche Zuständigkeiten.[110] Der Einzelrichter entschied über Strafbefehle, polizeiliche Strafverfügungen (§§ 447 ff., 453 ff. RStPO) sowie über Übertretungen, sofern der Beschuldigte geständig war (§ 211 Abs. 2 RStPO). Das Schöffengericht (ein Berufsrichter, zwei Laien) urteilte über Übertretungen und leichte Vergehen (§ 27 GVG). Die mit fünf Berufsrichtern besetzten Strafkammern entschieden über schwere Vergehen sowie über Verbrechen, die mit bis zu fünf Jahren Zuchthaus bedroht waren (§ 74 GVG).[111] Das Reichsgericht, besetzt mit 14 Richtern des vereinigten zweiten und dritten Strafsenats, urteilte erst- und letztinstanzlich über Hochverratssachen (§ 136 Abs. 1 Nr. 1, § 138 Abs. 2 GVG).[112] Den aus zwölf Geschworenen und drei Berufsrichtern bestehenden Schwurgerichten blieb die Zuständigkeit über Verbrechen, welche nicht der Jurisdiktion des Reichsgerichts oder der Strafkammern unterfielen (§ 80 GVG). Die Zuständigkeit über Pressedelikte wurde den Schwurgerichten zu Gunsten der Strafkammern entzogen, wovon als Teil des politischen Kompromisses solche Staaten ausgenommen blieben, in denen vor 1877 entsprechende schwurgerichtliche Kompetenzen bestanden hatten (§ 6 EGGVG).[113] Den Berufsrichtern oblag im Schwurgericht die Strafzumessung, während allein den Geschworenen das Verdikt über die Schuldfrage zukam – und damit angesichts der für Mord obligatorischen Todesstrafe die Entscheidung über Leben und Tod des Angeklagten.[114]

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