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5. Instanzenzug und Berufungsfrage
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Gegen Urteile des Schöffengerichts war die Berufung zum Landgericht statthaft, hiergegen wiederum die Revision zum Oberlandesgericht (§ 354 RStPO, §§ 76 f., 123 f. GVG). Beide Rechtsmittelinstanzen waren ausschließlich mit Berufsrichtern besetzt, wodurch der Einfluss des Laienelements erhebliche Einschränkungen erfuhr.[115] Die Revision zum Reichsgericht erfolgte gegen erstinstanzliche Urteile der Strafkammern und Schwurgerichte (§ 374 StPO, § 136 Satz 1 Nr. 2 GVG). Weil die Geschworenen über die Schuld des Angeklagten ohne Begründung entschieden, blieb die Revision gegen schwurgerichtliche Urteile auf Verfahrensrügen beschränkt. Das Problem der zweiten Tatsacheninstanz zählte zu den umstrittensten rechtspolitischen Themen des Kaiserreichs.[116] Während zahlreiche Partikularrechte umfassende Berufungsmöglichkeiten kannten, fand dieses Rechtsmittel in den ersten RStPO-Entwürfen keine Berücksichtigung.[117] Die Justizkommission des Reichstags votierte auf Betreiben des Zentrums und der Fortschrittspartei mit einer Stimme Mehrheit für die Wiedereinführung, gewährte jedoch allein dem Angeklagten die Antragsbefugnis. Am Ende des Gesetzgebungsprozesses stand ein Kompromiss: Die Berufung gegen Urteile des Landgerichts blieb ausgeschlossen, während sie bei untergerichtlichen Urteilen sowohl dem Angeklagten als auch der Staatsanwaltschaft contra reum zustand. Als Ausgleich für den Wegfall der Berufung bei schwerer Kriminalität gelang es der Reichstagsmehrheit, Verfahrenssicherungen zum Schutze des Angeklagten durchzusetzen, darunter die Besetzung der Strafkammern mit fünf Richtern (§ 77 GVG) sowie das Erfordernis einer Zweidrittel-Mehrheit für eine Verurteilung (§ 262 Abs. 1 RStPO).