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Von der Silhouette her konnte es aber glücklicherweise nicht Gärtner sein. „Man, was war das gestern für ein lustiger und unbeschwerter Abend“, erinnerte er sich. Sie standen lange an der Theke des Latin Palace und Judith brachte noch eine ausgesprochen nette weibliche Begleitung von der Tanzfläche mit. Gärtner war entgegen seiner Erinnerung ein amüsanter Gesprächspartner und übernahm recht schnell die Unterhaltung, indem er Anekdoten aus der ersten Zusammenkunft der beiden Männer erzählte, seiner Zeit als Veganer, als er jede Nähe zur konventionellen Ernährung in das Reich des Bösen verfrachtete und unter anderem Randolf Metzger hinsichtlich seines Nachnamens als Hohepriester der Fleischfraktion bezeichnete. Er hätte sich nun anderen, wichtigeren Themen zugewandt, berichtete er, um dann sehr angenehm die beiden Damen ihrerseits zu persönlichen Enthüllungen zu bewegen. Judiths Begleitung trug den exotischen Namen Elania, was ihre Erscheinung automatisch ins geheimnisvolle transportierte.

So wie sich die Indizien aneinanderreihten, musste diese noch schlafende Person Elania sein. Als sich nun so langsam die Müdigkeit aus seinem Gehirn verabschiedete, konnte er, bis auf seine Schlafenszeit, die letzten Stunden davor recht genau rekapitulieren. Sie waren auf dem Heimweg nochmals im Corazon gelandet, haben die gleichen Drinks wie zum Start, nur in umgekehrter Reihenfolge getrunken und waren dann zu viert aufgebrochen. Da Elania außerhalb wohnte, es schon sehr spät war und Frau Bieler ein Auge auf Gärtner geworfen hatte, war die unaufdringliche Notwendigkeit gegeben, Ihr sein Bett, mit dem Hinweis er nehme die Couch, anzubieten.

Sie meinte, dass sie beide doch erwachsen genug seien, um auch das Bett zu teilen, falls groß genug und verschwand direkt im Badezimmer. Der Anblick, als sie zurückkam und nur einen Slip und ein Unterhemdchen trug, erregte ihn und er beeilte sich mit seiner Körperhygiene. Er wollte sich auf jeden Fall von seiner sauberen Seite präsentieren. Allerdings schlief sie schon, als er nach zehn Minuten zurückkehrte und er tat es ihr gleich. Er war ehrlich zu sich und auch froh darum, weil er ebenfalls hundemüde war.

„Moin, moin, lieber unaufdringlicher Gastgeber“, schalte es von der eben noch Schlafenden herüber und der norddeutsche Gruß passte nun so gar nicht zu ihrem Namen und seinen dazugehörigen Phantasien. „Guten Morgen“, entgegnete er mit einem noch verschlafenen Lächeln. „Wenn Du zuerst ins Bad gehst, ist die Maschine heiß, wenn Du fertig bist und wir können wie zivilisierte Menschen mit einem guten Kaffee in den Tag starten“. Mit einem gespielt zackigem „zu Befehl“ folgten Sie seinem Vorschlag und er machte sich in der Küche zu schaffen.

Das tanzende Smartphone unterbrach sein Vorhaben. Auch wenn er sich im Vergleich zu den meisten „Always-Online-Junkies“ als autarken, selbstbestimmten Menschen bezeichnete, war es für ihn als Freiberufler doch wichtig, zu überprüfen, ob hinter dem Smartphone-Rhythmus etwas finanziell Wichtiges steckte. Da er über die Mund-zu-Mund-Propaganda eine gewisse Bekanntheit unter Eventorganisatoren genoss, kamen auch ohne sein Zutun immer wieder Anfragen. Diese E-Mail las er gewissenhaft, denn sie kam von einem befreundeten Unternehmen mit dem langen aber aussagekräftigen Namen „TausendDingeDieNochKeinAndererKenntAberGenialSind.de“.

Er rief direkt an, da er es hasste, auf diesen kleinen Dingern längere Texte zu schreiben. Der gute Hans Hamacher begrüßte ihn hörbar erfreut: „Man Randolf, Danke, dass Du so schnell zurückrufst! Du musst mich retten …“. Metzger machte sich Notizen: eigentlich französischer Koch gewünscht, aber wenn kurzfristig niemand frei auch deutscher Koch mit extravaganten Ansätzen, leider schon morgen, Honorar tausend plus Spesen, aber in Frankfurt und das war doch ein positiver Aspekt. Er notierte sich die Adresse mit dem Zusatz „Villa Steinfeld“. Es hörte sich machbar an, die Gästezahl war überschaubar und er kannte sich in Frankfurt aus. Sonst keine Vorgaben, aber es sollte kein Standard sein, was natürlich der vermittelnden Agentur geschuldet war.

Das Gegenteil der Wirklichkeit

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