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Ein perfektes Team

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Ihlenfeld, Mirbt und Klepper im EPS-Büro zusammen geben ein interessantes Bild ab. Rudolf Mirbt hat zur Verschönerung des dämmrigen Raumes zwei Kunstdrucke mitgebracht – »das eine Franz Marcs Rote Pferde, das andere der Knabe mit der roten Jacke von Cézanne. Etwas ganz Modernes also, womit sich keineswegs jeder unserer ländlichen Besucher einverstanden zeigte«, wird sich Kurt Ihlenfeld Jahrzehnte später erinnern. »Aber das mochte noch hingehen. Sehr überraschend wirkte das Triumvirat, das da am Tisch unter den Bildern saß, über viel beschriebenes und bedrucktes Papier gebeugt. Und am überraschendsten doch wohl Jochen Klepper – denn er hatte es für notwendig gehalten, sich ein Einglas anzuschaffen, eins mit schwarzem Hornrand und einem Band daran. Damit las er seine Zeitschriften und Manuskripte.«40 Der Anblick verschreckt den ein oder anderen Gast; die Kollegen können ihm das schließlich klarmachen, und er verzichtet auf das Monokel.

Kurt Ihlenfeld und Rudolf Mirbt sind auf ihre Art literarisch genauso ambitioniert wie Jochen Klepper. Mirbt schreibt (und veröffentlicht in den Folgejahren) Dutzende von Geschichten und Theaterstücken, aber auch Essays zur Spiel- und Theaterpädagogik. Ihlenfeld gründet noch im Jahr 1927 den »Eckart-Kreis« und sammelt darin Autoren und Publizisten, die in ihrer Arbeit Theologie und Literatur, Glaube und Dichtung zusammen bringen wollen. Vorbild und Organ des Kreises ist die Zeitschrift Eckart – Blätter für Evangelische Geisteskultur. Die Hefte haben bereits von 1906 bis 1915 neun Erscheinungsjahre erlebt. August Hinderer, der Gründer und Leiter des Deutschen Evangelischen Presseverbandes, hat die Zeitschrift 1924 wieder aufleben lassen. Jochen Klepper hat unabhängig von Kurt Ihlenfelds Bestrebungen bereits Verbindungen dorthin aufgebaut. Seine Würdigung des Lyrikers und Hörspielpioniers Eduard Reinacher im Eckart-Heft Nr. 3 des Doppeljahrgangs 1926/27 ist der erste von zahlreichen Beiträgen. Bis 1941 wird im Schnitt jede zweite Ausgabe des Eckart eine Geschichte, ein Gedicht oder einen Artikel Jochen Kleppers enthalten. Und der Breslauer Eckart-Kreis ist ein Forum, wo er in den nächsten Jahren seinen Zugang zur Literatur, seine Auffassung von Dichtkunst vertreten und zur Diskussion stellen kann. Was wiederum auf die Arbeit im Evangelischen Presseverband zurückwirkt.

Kurt Ihlenfeld erinnert sich: »Wir haben damals auf unsere Weise dazu beigetragen, dass sich manche kirchlichen Scheuklappen lüfteten. Wir hatten gute Verbindung zum Theater und zur Literatur, wir holten uns schlesische und außerschlesische Autoren zu Vorlesungen, Josef Wittig oder Friedrich Bischoff (damals Intendant des Breslauer Senders) oder Agnes Miegel [...] Da endlich auch die bildenden Künste in unser Blickfeld traten, luden wir Rudolf Koch zu uns ein – er kam und versetzte seine große Hörerschar, über hundert Maler, Grafiker, Bildhauer, Architekten in helle Aufregung durch die prachtvolle Gegenständlichkeit seiner Berichte und seines Bekenntnisses. Sehr nahe stand uns Eugen Rosenstock-Huessy, der sich mit der Theorie der Volksbildung beschäftigte. [...] Auch zu den kirchenmusikalischen Kreisen wurde die Verbindung aufgenommen. 1928 gab es eine große Freizeit ›Musik in der Kirche‹. Günter Ramin [Thomaskantor und Gewandhausorganist, Anmerkung des Verfassers] kam aus Leipzig herüber ...«41

Die drei Männer beackern eine bunte Vielfalt von kulturellen Feldern und Themen, und sie tauschen sich auch in den Pausen und nach Dienstschluss lebhaft darüber aus, wie Kurt Ihlenfeld später berichten wird: »Wir wandelten im Schatten von St. Elisabeth oder St. Maria Magdalena, wir plauderten uns an den altersdunklen Mauern der Dominsel vorüber, wir schlenderten über den Ring, wir blickten in verwunschene Höfe und verhielten auf der Brücke zum Sand. Immer wieder gerieten wir an den Strom zurück, dessen Geschichte und Geschicke an uns vorüberzogen ... Wir schlenderten die ›Schweidnitzer‹ entlang zum Café Fahrig, wo sich so viele Breslauer Journalisten, Schauspieler, Künstler trafen, und wo wir uns auch bisweilen niederließen.«42 Jochen Klepper hat daneben auch Fühlung mit einem Zirkel von Schriftstellern und Künstlern um den Theaterkritiker Paul Rilla, Redakteur der Breslauer Neuesten Nachrichten.43 Er pflegt einen freien und wechselseitig inspirierenden Umgang mit Kollegen, Gleichgesinnten, Geistesverwandten. Andererseits behauptet Jochen Klepper in seinen Briefen an Rudolf Hermann, er habe sich eine zurückgezogene Lebensweise auferlegt (»Will möglichst inkognito hier leben« – »Kann fast gar nicht ausgehen« – »Lebe in Breslau eigentlich genauso still wie in Beuthen«).

Jochen Klepper

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