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2 Qualitätskriterien von Lernentwicklungsgesprächen

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Sonja Dollinger, Andreas Hartinger, Elke Klippel

Lernentwicklungsgespräche haben – dies haben wir versucht, im vorherigen Abschnitt deutlich zu machen – ein großes Potenzial, um pädagogische Ziele der Leistungsbeurteilung zu erfüllen. Allerdings ist das zunächst nur ein Potenzial. Es muss dann auch ausgeschöpft werden.

Man kann hier unserer Einschätzung nach eine Analogie zur Leistungsbeurteilung mit Verbalbeurteilungen ziehen. Dort wurde erwartet, dass die Berichtszeugnisse den Ziffernzeugnissen deutlich überlegen sein sollten, da sie mehr und detailliertere inhaltliche Informationen enthalten, die nicht auf eine Ziffer reduziert werden. Dies konnte jedoch in einer entspre­chenden Studie von Valtin und Wagner (vgl. 2002) so nicht bestätigt werden. Erklären lässt sich dies damit, „dass die mit dieser Zeugnisform verbundenen Intentionen in der Praxis kaum umgesetzt worden sind“ (ebd., S. 137). So enthalten Verbalbeurteilungen und Berichtszeugnisse oftmals informationsarme Rückmeldungen und stellen eher eine Übersetzung von Noten in Textform dar als eine Beschreibung der Lernentwicklung (vgl. Jürgens, 2005; Schmude, 2002; Sacher, 2014). Es handelt sich dabei also um zwei Formate, die sich lediglich in der äußeren Form unterscheiden, nicht jedoch hinsichtlich der Rückmeldung zur „Qualität der Auseinandersetzung der Lernenden mit dem Lerninhalt oder die Art der Interaktionen zwischen den handelnden Personen“ (Kunter & Trautwein, 2013, S. 65). Auch unter Bezug auf die grundsätzliche Erkenntnis, dass sich der Erfolg von Unterricht ausschließlich durch die Tiefenstruktur erklären lässt (vgl. z. B. Kunter & Trautwein, 2013), ist das plausibel.

Aus diesem Grund ist es erforderlich, nicht nur darauf zu vertrauen, dass LEG per se eine gute Alternative zum Ziffernzeugnis darstellen, sondern konkret in der Ausgestaltung der LEG darauf zu achten, dass sie dann wirklich motivations-, lern- und persönlichkeitsfördernd werden.

Inzwischen gibt es einige gut überprüfte Erkenntnisse darüber, wann Leistungsrückmeldungen und -beurteilungen das Lernen der Schüler*innen tatsächlich positiv unterstützen (vgl. Harks, Rakoczy, Hattie & Besser, 2014, S. 163).

Dies ist dann der Fall, wenn …

 … die Leistungsrückmeldungen einen sehr konkreten Bezug zu Aufgabenleistungen und den Verstehens- bzw. Regulationsprozessen aufweisen.

 … bei der Information ein klarer Vergleich zwischen dem erreichten individuellen Lernstand und dem Lernziel gegeben wird.

 … klare Hinweise auf passende Lernstrategien gegeben werden.

 … die individuelle und die kriteriale Bezugsnorm verwendet werden (und nicht die soziale).

 … nach Misserfolg instabile Attributionen, wie die mangelnde Anstrengung, nahegelegt werden (ebd.).

Die Überlegenheit solcher kompetenz- und lösungsprozessbezogenen Rückmeldungen zeigt sich auch darin, dass sie von den Schüler*innen als nützlicher wahrgenommen werden (vgl. ebd.). Im Zusammenhang mit diesen Studien wurde dann auch viel über das Formative Assessment und das (lernförderliche) Feedback (als zentraler Teil des Formativen Assessments) nachgedacht und geforscht (vgl. z. B. Hattie, 2015; Seidel & Shavelson, 2007; Black & Wiliam, 2009; Maier, 2010; Schmidinger et al., 2016). Hier zeigte sich – nicht zuletzt in der Metaanalyse von Hattie (vgl. 2015) –, dass ein gutes Formatives Assessment das Lernen der Schüler*innen zentral und nachhaltig verbessern kann. Dies gilt auch gerade in Lerngruppen, in denen eine große Heterogenität zwischen den Schüler*innen existiert.

Für die Ausarbeitung dieses Praxisbuches haben wir uns intensiv an den Befunden zum Formativen Assessment orientiert, da LEG einen sehr guten Rahmen für ein solches Formatives Assessment geben können. Deshalb lohnt es sich, diese Theorie mit dieser Form der Leistungsrückmeldung in Beziehung zu bringen. Daher möchten wir in einem kurzen Exkurs die zentralen theoretischen Überlegungen und empirischen Befunde zum Formativen Assessment darstellen.

Lernentwicklungsgespräche in der Grundschule - Erprobte Praxisbausteine

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