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Die Preußische Staatsbank

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Alle Unternehmenskäufe waren kreditfinanziert, und Ende 1924 war der Barmat-Konzern hoch verschuldet. Das galt für die meisten deutschen Firmen. Die brisante politische Frage lautete, warum gerade ein »Ausländer-Konzern« Kredite in dieser Höhe erhalten hatte, und mehr noch, ob es dabei mit rechten Dingen zugegangen war.26 Vor allem die Preußische Staatsbank befand sich angesichts der Barmat gewährten Kredite in Erklärungsnot, zumal dieses öffentliche Kreditinstitut nicht gerade auskunftsfreudig war und die Tatsachen nie auf den Tisch legte. Darüber hinaus verfolgte die Bank zu keiner Zeit rechtliche Schritte, weder gegen Julius Barmat noch gegen seine Amexima.

Die am Berliner Gendarmenmarkt gelegene Bank zählte zu den altehrwürdigen Institutionen des preußischen Staates – 1922 wurde das 150. Gründungsjubiläum gefeiert. Wie im ursprünglichen Namen »Seehandlungsgesellschaft« zum Ausdruck kommt, war diese staatliche Einrichtung zunächst als Transport- und Warenhandelsgesellschaft tätig gewesen. Im Übergang vom Merkantilismus zur frühen Industrialisierung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es dann zu einer Verschiebung der Aufgaben: Nun nahm die Gründung und Führung von Unternehmen einen wichtigen Platz ein. Durch Kabinettsorder war die Seehandlung seit 1820 ganz offiziell auch die Bank des preußischen Staates. Dieses Tätigkeitsfeld überwog, was sich ab 1904 auch im offiziellen Namen »Königliche Seehandlung (Preußische Staatsbank)« widerspiegelte. Die Bank galt als eine primär fiskalische Institution und unterstand ab 1848 dem Finanzministerium. Das Bewirtschaften der öffentlichen Gelder der verschiedenen Zweige der Staatsverwaltung sowie die Ausgabe von Staatsanleihen waren wichtige Aufgaben, während das Privatkundengeschäft eine nur marginale Rolle spielte. Dem eigenen Selbstverständnis nach diente man dem Gemeinwohl und grenzte sich von den gewerblichen Interessen der privaten Banken ab.27 Kurz: Hinter den dicken Mauern der Tradition funktionierte die Preußische Staatsbank mit einem fiskalisch-bürokratischen Apparat, der sich anschickte, sich dem rauen privatwirtschaftlichen Kapitalismus auszusetzen – und dabei auf Männer wie Julius Barmat, Iwan Kutisker und Jakob Michael setzte.

Kapitalismus und politische Moral in der Zwischenkriegszeit oder: Wer war Julius Barmat?

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