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b) Vergaberechtliche Konsequenzen
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Bei der Vergabe von (öffentlichen) Aufträgen soll auch die Verwirklichung betriebsbezogener Straftaten, mithin insbesondere compliance-relevanter Straftaten, nach dem Willen des Gesetzgebers Berücksichtigung finden. Bei öffentlichen Ausschreibungen konnten Unternehmer bereits nach altem Recht, etwa gem. § 8 Nr. 5 Abs. 1 Buchst. c) VOB/A,228 von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen werden, wenn diese nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber infrage stellt. Neben Verstößen gegen das GWB sind dies natürlich insbesondere Korruptionsstraftaten.229
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Mit der Vergaberechtsreform 2016, die am 18.4.2016 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber drei EU-Richtlinien über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen umgesetzt und damit den Rechtsrahmen für die Vergabe öffentlicher Aufträge völlig neu geordnet.230 Konkrete Vorgaben für Vergabeausschlüsse finden sich nunmehr unmittelbar im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Nach § 122 Abs. 1 GWB werden öffentliche Aufträge (nur) an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben, bezüglich derer keine zwingenden (§ 123 GWB) oder fakultativen Ausschlussgründe (§ 124 GWB) vorliegen.
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Ein solcher zwingender Ausschlussgrund liegt gem. § 123 GWB aber vor, wenn eine Person, deren Verhalten dem Unternehmen „zuzurechnen“ ist, wegen bestimmter Straftaten rechtskräftig verurteilt oder dieserhalb gegen das Unternehmen eine Geldbuße nach § 30 OWiG rechtskräftig festgesetzt worden ist. Ausweislich des Kataloges des § 123 Abs. 1 und 4 GWB handelt es sich in erster Linie um schwere Straftaten wie etwa die Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen, aber auch um compliance-relevante Delikte wie etwa:
– § 263 StGB (Betrug), soweit sich die Straftat gegen den Haushalt der Europäischen Union oder gegen Haushalte richtet, die von der Europäischen Union oder in ihrem Auftrag verwaltet werden;
– § 264 StGB (Subventionsbetrug), soweit sich die Straftat gegen den Haushalt der Europäischen Union oder gegen Haushalte richtet, die von der Europäischen Union oder in ihrem Auftrag verwaltet werden;
– § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt);
– § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr);
– § 108e StGB (Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern);
– §§ 333 und 334 StGB (Vorteilsgewährung und Bestechung), jeweils auch in Verbindung mit § 335a StGB (Ausländische und internationale Bedienstete);
– Art. 2 § 2 IntBestG (Bestechung ausländischer Abgeordneter im Zusammenhang mit internationalem Geschäftsverkehr);
– § 370 AO (Steuerhinterziehung).
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Die Zurechnung des Verhaltens einer natürlichen Person, also etwa eines Mitarbeiters des Unternehmens, ist in § 123 Abs. 3 GWB ausdrücklich normiert. Das Verhalten einer rechtskräftig verurteilten Person ist einem Unternehmen danach zuzurechnen, wenn diese Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt hat, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört.
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Der Nachweis wiederum, dass die in § 123 GWB genannten Ausschlussgründe bei dem Bewerber oder Bieter (nicht) vorliegen, erfolgt gemäß § 48 Abs. 4 der Vergabeverordnung (VgV) über Auszüge aus den einschlägigen Registern (s.o.), insbesondere ein Führungszeugnis aus dem Bundeszentralregister oder, in Ermangelung eines solchen, eine gleichwertige Bescheinigung einer zuständigen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Herkunftslands oder des Niederlassungsstaats des Bewerbers oder Bieters, oder neuerdings auch die sog. Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) gem. § 50 VgV.231
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Ein Unternehmen, bei dem ein zwingender oder ein fakultativer Ausschlussgrund vorliegt, kann den Ausschluss durch geeignete Gegenmaßnahmen jedoch verhindern. Eine derartige „Selbstreinigung“ i.S.v. § 125 GWB stellt z.B. die Leistung von Ausgleichszahlungen für durch das Fehlverhalten entstandene Schäden, aber auch die aktive Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden und dem Auftraggeber zur Aufklärung des Fehlverhaltens dar. Darüber hinaus kann ein Unternehmen einen Vergabeausschluss gem. § 125 Abs. 1 Nr. 3 GWB vermeiden, wenn es „konkrete technische, organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen hat, die geeignet sind, weitere Straftaten oder weiteres Fehlverhalten zu vermeiden“, sprich ein geeignetes Compliance-Management-System eingeführt hat. Die von dem Unternehmen ergriffenen Selbstreinigungsmaßnahmen werden von dem öffentlichen Auftraggeber bewertet, wobei auch die Schwere und die besonderen Umstände der Straftat oder des Fehlverhaltens Berücksichtigung finden.