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b) Verbandssanktionengesetz208

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Das Verbandssanktionengesetz soll die Sanktionierung von Verbänden wegen Straftaten ermöglichen, durch die Pflichten, die den Verband treffen, verletzt worden sind oder durch die der Verband bereichert worden ist oder werden sollte (sog. „Verbandstaten“). Für solche Verbandstaten schafft das Gesetz mit der Verbandssanktion eine eigenständige Sanktionsart, die die bereits vorhandenen Elemente der Verbandsgeldbuße aufgreift und weiterentwickelt. Als Verbandssanktionen sieht § 8 VerSanG die „Verbandsgeldsanktion“ und die „Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt“ vor. Als weitere Folge kann daneben nach § 14 VerSanG die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung angeordnet werden, das sog. „Naming and Shaming“.209

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Nach § 9 Abs. 1 VerSanG kann eine Verbandsgeldsanktion grundsätzlich bis zu einer Höhe von 10 Mio. EUR verhängt werden. Um aber auch große Unternehmen und multinationale Konzerne adäquat treffen zu können, ermöglicht das Gesetz für Unternehmen mit einem Konzernumsatz von mehr als 100 Mio. EUR p.a. die Erhöhung der Geldsanktion bis zu einer Obergrenze von zehn Prozent des Jahresumsatzes. In der Praxis bedeutet das, dass es im Falle der Sanktionierung der deutschen Beteiligungsgesellschaften eines ausländischen Konzerns nicht auf den kleineren Umsatz der deutschen Beteiligung ankommt, sondern – bei Vorliegen der Voraussetzungen der wirtschaftlichen Einheit – auf den weltweiten Gesamtumsatz des Konzerns. Für fahrlässige Verbandstaten ist der Bußgeldrahmen jeweils halbiert.

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Die Verbandsgeldsanktion soll jedoch (anders als die Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG) nicht zugleich das aus der Verbandstat erlangte Vermögen abschöpfen; die Abschöpfung des durch die Verbandstat Erlangten erfolgt daher in der Zukunft neben der Sanktionierung nach den Vorschriften über die Einziehung gem. §§ 73ff. StGB. Als reine „Sanktion“ ist die Verbandsgeldsanktion daher, wie die Geldstrafe bei natürlichen Personen, nicht steuermindernd als Betriebsausgabe absetzbar.210

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Voraussetzung der Sanktionierung ist eine sog. „Verbandstat“, also eine betriebsbezogene strafbare Handlung einer Leitungsperson (z.B. Vorstand, Geschäftsführer, Bereichsleiter o.Ä.) oder eine Aufsichtspflichtverletzung, durch die eine Straftat eines Mitarbeiters oder auch eines externen Dritten, der dem Direktions- und Weisungsrecht des Unternehmens unterliegt, ermöglicht oder begünstigt wurde und die durch Aufsicht und angemessene Compliance-Maßnahmen hätte verhindert oder wesentlich erschwert werden können. Solche Verbandstaten können sämtliche unternehmensbezogenen Straftaten sein, insbesondere typische Wirtschaftsstraftaten (etwa Betrug, Geldwäsche, Korruption, Kapitalmarktdelikte), Steuerstraftaten, aber auch Umweltdelikte oder Fahrlässigkeitsverstöße im Zusammenhang mit Betriebsunfällen.

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Schließlich sieht das VerSanG in den §§ 54ff. die Schaffung eines „Verbandssanktionenregisters“ vor, in das jede rechtskräftige Verhängung einer Verbandssanktion sowie zudem jede Verbandsgeldbuße aus § 30 OWiG oberhalb 300,00 EUR eingetragen wird.

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Das VerSanG schafft jedoch auch ganz konkrete Anreize nicht nur für die Selbstreinigung des Unternehmens durch Aufklärung, sondern auch für die Einführung von Compliance-Maßnahmen.211 Führt ein Unternehmen eine „verbandsinterne Untersuchung“ nach den Maßgaben des VerSanG durch, kooperiert mit den Ermittlungsbehörden und legt die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft offen, sind erhebliche Vergünstigungen im weiteren Sanktionsverfahren für das Unternehmen möglich, die Sanktionsobergrenze kann halbiert werden, die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung entfällt und es kommt die Verhängung „nur“ einer sogenannten Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt in Betracht, quasi einer Geldsanktion auf Bewährung. Schließlich kann die Sanktion im schriftlichen Verfahren erfolgen, eine publizitätsträchtige Hauptverhandlung vor Gericht kann vermieden werden.

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Eine weitere Motivation für die Implementierung eines Compliance Managements ist die Möglichkeit, die Verbandsgeldsanktion quasi zur Bewährung auszusetzen (die Erteilung einer sog. „Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt“) und dem Unternehmen – quasi als Bewährungsauflage – die Weisung zu erteilen, „bestimmte Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandstaten zu treffen und diese Vorkehrungen durch Bescheinigung einer sachkundigen Stelle nachzuweisen“ (§ 13 Abs. 2), was nichts anderes bedeutet, als ein Compliance-Management-System einzuführen.212

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Da es dem Gericht regelmäßig schwer fallen dürfte, die Qualität und Effektivität eines solchen, dem Unternehmen auferlegten Compliance-Management-Systems zu beurteilen, hat das betroffene Unternehmen die Umsetzung gem. § 13 Abs. 2 VerSanG „durch Bescheinigung einer sachkundigen Stelle“ nachzuweisen. Die Auswahl der sachkundigen Stelle, also einer Art Monitor für das Compliance-Management-System, bedarf allerdings der Zustimmung durch das Gericht.

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Daneben will der Gesetzgeber mit dem VerSanG einen rechtssicheren Rahmen für internal investigations, die sog. „verbandsinternen Untersuchungen“, schaffen.

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Durch die Regelungen der §§ 16 bis 18 VerSanG soll ein Anreizsystem eingeführt werden, nach welchem die Aufklärungsbemühungen des Unternehmens dann sanktionsmildernd berücksichtigt werden, wenn das Unternehmen nicht nur „wesentlich“ zur Aufklärung des Sachverhalts durch die Strafverfolgungsbehörden beigetragen und „ununterbrochen und uneingeschränkt“ mit den Verfolgungsbehörden kooperiert hat, sondern die Aufklärung auch bestimmten (Legalitäts-)Anforderungen entspricht.

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So müssen etwa Interviews so durchgeführt werden, dass ihr Beweiswert im Strafverfahren nicht gemindert ist und die Gefahr von falschen Aussagen durch die Befragungen nicht erhöht wird. Nur wenn die in § 17 Abs. 1 Nr. 4 aufgeführten Mindestvoraussetzungen für die Befragung erfüllt sind, soll die Aufklärungsleistung des Unternehmens zu einer erheblichen Milderung der Sanktion führen. Als Milderung sieht § 18 die Halbierung des Sanktionsrahmens, den Wegfall der Mindestsanktion sowie den Ausschluss der öffentlichen Bekanntmachung der Verurteilung vor. Soweit aufgrund der Möglichkeit der Milderung nach § 18 nur noch eine geringfügige Verbandssanktion zu verhängen wäre und gleichzeitig kein öffentliches Interesse mehr an einer Verfolgung besteht, kann nach § 35 sogar gänzlich von der Verfolgung abgesehen werden.

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Vor dem Hintergrund der bis dato bestehenden Unsicherheit über die Beschlagnahmefreiheit der internen Ermittlungsunterlagen will der Gesetzgeber durch eine Änderung auch des § 97 StPO die Beschlagnahmefreiheit jedoch ausdrücklich auf diejenigen Fälle begrenzen, in denen die Gegenstände dem geschützten Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschuldigten und seinem Verteidiger zuzurechnen sind. Aufzeichnungen über Befragungen im Rahmen von verbandsinternen Untersuchungen sollen damit nur dann vor Beschlagnahme geschützt sein, wenn sie in einem Verteidigungsverhältnis zwischen dem (Unternehmens-)Verteidiger und dem inkulpierten Unternehmen entstanden sind. In den Genuss der Sanktionsmilderung gem. § 17 VerSanG kommt das Unternehmen jedoch nur dann, wenn die verbandsinterne Untersuchung gerade nicht vom „Verteidiger des Verbandes oder eines Beschuldigten, dessen Verbandstat dem Sanktionsverfahren zugrunde liegt“, durchgeführt wird (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 VerSanG).

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Auch wenn die verbandsinterne Untersuchung die Voraussetzungen des § 17 nicht erfüllt, schließt dies deren Berücksichtigung bei der Sanktionszumessung jedoch nicht aus. Eine etwaige Milderung der Sanktion kann dann immer noch nach der allgemeinen Bemessungsnorm des § 15 erfolgen, ausweislich der das Bemühen des Verbandes, die Verbandstat aufzudecken, berücksichtigt werden kann (§ 15 Abs. 3 Nr. 7 VerSanG).

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