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Der Pausenskandal

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Noch so ein Schmankerl: Seitens der Geschäftsleitung war es bei der Firma Bammer stets erwünscht, dass Mitarbeiter die 45-minütige Mittagspause dazu nützen, im Speisesaal den launigen Ausführungen des Chefs zu seinen Jagd- und Fliegereierlebnissen zu lauschen. Bei Abwesenheit des Chefs sollten dort aber jene wichtigen dienstlichen Informationen ausgetauscht werden, welche während der Arbeitszeit unterzugehen drohten. Dennoch verließen etliche Mitarbeiter über Mittag die Firma, um sich die Zeit anderweitig zu vertreiben. Zu diesen Abtrünnigen gehörte auch ich – meist stoppelte ich mir Ohrhörer mit meinem geschätzten Mittagsjournal in die Ohren und marschierte einige Kilometer. Im Zuge eines Gesprächs forderte mich die Chefin eines Tages auf, ich solle – sobald ich das Firmengelände verließe – »ausstempeln«. Von einer früheren Lohnverrechnerin wusste ich jedoch, dass das Lohnverrechnungsprogramm bei jedem Mitarbeiter automatisch 45 Minuten täglich als Pausenzeit abzog; hätte ich ausgestempelt, wären mir täglich also 90 Minuten von meiner Arbeitszeit abgezogen worden. Darauf wies ich Frau Bammer hin und regte an, erst eine technische Lösung für das »Pausenproblem« zu erarbeiten und dann eine Regelung zu erlassen, welche für alle Mitarbeiter gelte, nicht ausschließlich für mich.


Etwa zwei bis drei Wochen später brachte Suuus mir etwas in mein Büro. Ganz beiläufig meinte sie: »Ach, übrigens: Letzten Donnerstag bist du erst um fünf vor eins von deiner Mittagspause zurückgekommen, ich hab dir da eine Viertelstunde abgezogen.« Okay. Da ich regelmäßig übers Jahr ein (pauschal abgegoltenes) Stundenplus von etwa 180 bis 200 Stunden anhäufte, interessierte mich die Viertelstunde nicht wirklich. Aber ich war mir sicher, dass ich nie und nimmer erst zehn Minuten nach dem Schlag der Pausenglocke in der Firma eingerückt sein konnte, da war ich immer sehr pedantisch. Ich begab mich also ins Lohnbüro, in dem auch die Buchhaltung untergebracht war. Dort informierte ich Suuus, dass mir zwar diese Viertelstunde komplett egal sei, zumal ich dafür ja ohnehin nichts bekam, ich ließe mir aber nicht nachsagen, dass ich die Mittagspause mit zehnminütiger Verspätung beenden würde. Wie aus einem Munde beteuerten Adele und Suuus, dass sie beide gerade zufällig um 12 Uhr 55 zeitgleich aus dem Fenster gesehen hätten und beide bestätigen könnten, dass es exakt fünf vor eins gewesen sei, als ich über den Hof gehuscht war. Das kam mir nun sehr verdächtig vor. Ich glaubte, die Urheberschaft dieser angeblichen Verspätung zu kennen. Im Empfangsbüro der Firma stand ein Videorekorder, der die Bilder von vier verschiedenen Überwachungskameras aufzeichnete. In einer der darauffolgenden Mittagspausen bat ich die Kollegin aus der Rezeption, ob sie das Band für mich auf die besagte Mittagspause zurückspulen könne. Und siehe da – ich sah mich über den Hof flitzen, just nachdem die anderen Kollegen sich von ihren sonnigen Plätzen erhoben und sich an ihre Arbeitsplätze begeben hatten. Also wohl zu spät, aber nur etwa 30 bis 40 Sekunden nach dem Signal der Glocke. Was nun? Die Damen hatten mich doch eindeutig verleumdet, das bewies das Video. Wie würde die Firmenleitung darauf reagieren, dass zwei Kolleginnen in vollem Bewusstsein unisono gelogen hatten? Also berichtete ich dies der Chefin. Ihre Entrüstung darüber hielt sich sehr in Grenzen. Es schien fast, als hätte sie von der Sache gewusst. »Ja, und was wollen Sie jetzt?« Eigentlich wollte ich gar nichts, außer eben beweisen, dass man etwas früher aufstehen muss, um mir Dinge anzudichten, deren Gegenteil so leicht zu beweisen ist. Ich wies also nur darauf hin, dass die Chefin zur Kenntnis nehmen möge, dass Adele und Suuus jederzeit lügen würden, um mich zu belasten. Sollte daher in einer schwerwiegenderen Angelegenheit einmal die Aussage der Damen gegen die meinige stehen, so möge dies bitte berücksichtigt werden.

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