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Vergangenes Lachen

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Thomas stellte die fundamentale Frage: „Warum“, so fragte er seine Zuhörer, „sollte Lachen den Historiker beschäftigen“ – und nicht etwa nur den Anthropologen, den Literaturkritiker oder den Psychologen? Weil, so betonte er, „das Lachen unserer Vorfahren zu untersuchen und immer weiter zu forschen, bis wir die Leute nicht nur reden, sondern auch lachen hören, bedeutet, Einsicht in die wechselnden menschlichen Gefühlswelten zu erhalten.“

Das Vorhaben, das Thomas skizzierte, ist gleichermaßen wichtig wie unmöglich. Und ich meine wirklich unmöglich, denn wie sehr wir auch forschen, wir können zu keiner Zeit vor dem späten 19. Jahrhundert die Leute lachen oder reden „hören“, und etwas anderes auch nur im übertragenen Sinne anzudeuten, birgt die Gefahr einer Selbsttäuschung. Aber sein Projekt bleibt trotzdem aus verschiedenen und ebenso offensichtlichen Gründen wichtig. Natürlich könnten wir eine bessere und „dichtere“ Beschreibung einer vergangenen Gesellschaft liefern, wenn wir Theorie und Praxis ihres Lachens verstünden. Wer lachte worüber und wann? Bei welchem Thema oder welcher Gelegenheit gehörte sich ein Glucksen und wann nicht?

Wenden wir uns ein paar Beispielen aus der römischen Welt zu. Mindestens ein Schriftsteller der Kaiserzeit fand es – bei seiner Besprechung der guten Sitten beim Gastmahl – angemessen, über glatzköpfige Männer und solche mit merkwürdig geformten Nasen zu lachen, auf gar keinen Fall aber über Blinde, während er Leute mit schlechtem Atem oder triefender Nase irgendwo dazwischen verortete. Das mag uns nicht viel über das tatsächliche Lachen im Römischen Reich verraten, nicht mal hinsichtlich der Elite, denn Gebote dieser Art sind oft keine verlässlichen Quellen für die alltägliche Praxis. So wissen wir |74|aus eigener Erfahrung, dass die strengsten Verbote nicht selten den gängigsten Verhaltensweisen im täglichen Leben gelten. Eine moderne Parallele wären die Gebote, nicht zu fluchen und keinen Müll herumzuschmeißen, die keineswegs Unflätigkeiten oder Dreck auf den Straßen verhindern. Dennoch bieten diese Einschätzungen des Lachens einen wertvollen Einblick in eine bestimmte Hierarchie körperlicher Auswüchse oder Abnormalitäten; sie lassen wenigstens vermuten, wie annehmbares Verhalten und Aussehen bemessen wurde – also ein Spektrum zwischen dem, was legitimerweise lächerlich war und was überhaupt nicht.4

Eine imaginierte „Geografie“ des römischen Lachens liefert darüber hinaus einen faszinierenden Einblick in antike Vorstellungen von kulturellen Unterschieden: Genauso wie moderne Anthropologen sich die hysterischen Pygmäen vorgestellt haben, hatten römische Schriftsteller ein Weltbild, in dem sich verschiedene Völker, Länder oder Städte durch ihre unterschiedlichen Lach-Stile unterschieden, anhand der verschiedenen Gegenstände, über die sie feixten, und durch das Ausmaß ihrer eigenen Lächerlichkeit. Auf der einen Seite gab es jene, über die immer wieder gelacht wurde – wie die armen Bürger des antiken Abdera in Nordgriechenland, deren unterstellte Dummheit oft für einen Lacher herhalten musste –; auf der anderen Seite standen jene, die einfach zu viel lachten und viel zu sehr auf das frivole Vergnügen von Lachen und Witzemachen aus waren.

Die Einwohner der ägyptischen Stadt Alexandria – weitgehend Griechen – waren ein solcher Fall. In einer außergewöhnlichen Rede an die Alexandriner, gehalten an der Wende vom ersten zum zweiten Jahrhundert n. Chr., griff der Redner und Intellektuelle Dion Chrysostomos ihre offenbar wohlbekannte Leidenschaft fürs Witzereißen an. „Seid ernst, wenigstens für einen Augenblick, und seid aufmerksam“, beginnt er. „Denn ihr macht ununterbrochen Witze und konzentriert euch nie, und man könnte sagen, euch fehlt’s nie an Spaß, Freude und Lachen.“ Im Weiteren vergleicht er das Lachen „gewisser Barbaren“ mit dem der Alexandriner. Diese Barbaren, behauptet er, |75|riefen ihr scheinbar trunkenes Lachen hervor, indem sie den Rauch von bestimmten Kräutern einatmeten – noch so ein möglicher antiker Beleg für Cannabis; die Alexandriner hingegen würden diesen Zustand ohne chemische Zusätze erreichen, allein mittels frivoler Sprüche und Witze, „durch Ohren und Stimme“, wie Dion Chrysostomos sich ausdrückt. „Ihr spielt noch schlimmer als die Barbaren verrückt“, wirft er ihnen vor, „und ihr torkelt herum, als ob ihr ständig besoffen wärt.“5

Der römische Historiker Tacitus bietet in seiner Analyse der germanischen Kultur eine freudlosere Sicht auf ethnische Unterschiede, indem er auf die bedeutsame Abwesenheit von Lachen bei den Barbaren hinweist. Er bemerkt, dass in Germanien – anders als in Rom – „nemo … vitia ridet“/„niemand über Laster lacht“ oder auch „niemand Laster lächerlich macht“. Natürlich reflektiert diese Beobachtung eher die Moral und das Verhalten der Römer als das der Germanen. Denn der eigentliche Hintergedanke ist, dass die Germanen in ihrem ursprünglichen und unverdorbenen Zustand das Laster ernster nähmen und nicht nur als Gegenstand des Lachens oder der Lächerlichkeit betrachteten.6

Ich möchte in keiner Weise behaupten, dass die Kultur der römischen Elite feste Vorstellungen darüber hatte, auf welche unterschiedlichen Arten Lachen quer durchs Imperium und darüber hinaus funktionierte, oder dass es möglich wäre, die Spielarten des Lachens bei verschiedenen Völkern der römischen Welt auf einer Landkarte darzustellen. Klar ist jedoch, dass Lachen ein Parameter war – so veränderlich und instabil diese Größe auch ist –, mit dem die Römer kulturelle Unterschiede charakterisierten, wie auch sich selbst darstellten und gelegentlich kritisierten.

Diese Beispiele vom römischen „Denken über das Lachen“ führen leicht dazu, die Geschichte des Lachens zu vereinfachen. Denn je weiter wir uns von den Gesetzen, Anstandsregeln und moralischen Ermahnungen, die mit Lachen verbunden sind, entfernen, und je mehr wir uns dem nähern, was Thomas mit dem „Hören“ des Lachens in |76|der Vergangenheit gemeint hat, desto mehr fischen wir im Trüben. Wie die beiden Paradebeispiele vom Anfang des Buches gezeigt haben, führt uns der Versuch, Situationen, Witze, Gefühle oder Aussprüche zu erkennen, die ein Lachen hervorgerufen haben oder es vermocht hätten, direkt zu dem Dilemma, das jedes historische Erkenntnisinteresse betrifft. Wie vertraut oder fremd ist die Welt der Vergangenheit? Wie verständlich ist sie für uns? Inwieweit verändert historische Forschung notwendigerweise ihren Gegenstand und macht ihn zugänglich oder vertraut, wo er eigentlich viel fremdartiger ist? Lachen veranschaulicht diese Problemfelder besonders nachdrücklich: Denn, wenn es schon schwierig ist, die Alltagskultur des Lachens von Zeitgenossen jenseits unserer nationalen oder kulturellen Grenzen zu verstehen, um wie vieles schwieriger ist es dann, Menschen zu verstehen, die durch Jahrhunderte von uns getrennt sind?

Wir müssen nicht gleich zwei Jahrtausende zurückgehen, um die Probleme zu veranschaulichen. Jeder, der schon einmal einen Blick auf die akkurate Berichterstattung von Zusammenkünften und Debatten in Zeitungen des 19. Jahrhunderts geworfen hat, die systematisch alle Lachvorgänge verzeichnen („Lachen“ – „Längeres Lachen“ – „Gedämpftes Lachen“), wird erstaunt gewesen sein, was ein Schmunzeln hervorgerufen hat oder warum manche Dinge mehr ausgelassene Heiterkeit zur Folge hatten als andere. Das liegt nicht einfach daran, dass uns längst vergessene Anspielungen oder die Gesten und Szenen, die das Lachen einst begleiteten, entgehen. Wir haben es auch mit einer Reihe überraschend fremder und manchmal geheimnisvoller sozialer Konventionen darüber zu tun, worüber und wann es zu lachen galt.

Um die Sache aber noch komplizierter zu machen, ist uns Lachen in der Vergangenheit keineswegs immer fremd und schleierhaft, sondern gelegentlich ist es eher leicht nachzuvollziehen. Wie wir gesehen haben, ist es nicht schwierig, Cassius Dios halbunterdrückten Ausbruch im Kolosseum nachzuempfinden. Auch Witze funktionieren manchmal über die Jahrhunderte hinweg. Mark Twain mokiert sich in seiner Satire von 1889, A Connecticut Yankee in King Arthur’s |77|Court (Ein Yankee an König Artus’ Hof), treffend über die Vertrautheit einiger sehr alter Gags, und sein Werk ist heute ironischerweise mehr als ein Jahrhundert nach seiner Publikation ebenfalls ein Beispiel für eben die Art Kontinuität, die er belächelt. An einer Stelle lauscht Twains zeitreisender Held, der Jahrhunderte zurück an den Hof von König Artus versetzt wurde, in Camelot der Vorstellung des Hofnarren, Sir Dinadan, und gibt sein Urteil zum Besten: „Ich habe noch nie in meinem Leben so viele alte und ausgeleierte Witze gehört … Es schien besonders traurig, hier zu sitzen, 1300 Jahre vor meiner Geburt, und wieder die armseligen, platten, wurmzerfressenen Witze zu hören, die mir schon als kleiner Junge Bauchschmerzen verursacht haben. Es überzeugte mich davon, dass es sowas wie einen neuen Witz nicht gibt. Jeder lachte über diese alten Hüte – aber das tun sie schließlich immer. Ich hatte das noch Jahrhunderte später erlebt.“7 Später werden wir uns noch genauer mit einigen römischen Witzen beschäftigen, die vor mehr als 2000 Jahren geschrieben wurden und immer noch zum Lachen reizen, oder eben auch nicht. Sollen wir uns als Ursache für diese Haltbarkeit des Witzigen eine universelle menschliche Psychologie des Lachens denken? Haben wir erfolgreich gelernt, diese Witze lustig zu finden – oder haben wir, zweifelsohne unbewusst, einige antike Regeln und Konventionen des Lachens geerbt? Fraglich wäre dann nicht, ob historisches Lachen vertraut oder fremdartig für uns ist, denn beides trifft zu, sondern wie die vertrauten von den fremdartigen Elementen zu unterscheiden sind und wo die Grenze zwischen beiden verläuft. Wir gehen immer zwei verschiedene und widersprüchliche Risiken ein: Entweder übertreiben wir die Fremdartigkeit des Lachens aus der Vergangenheit oder wir lassen es bequemerweise unserem eigenen allzu ähnlich erscheinen.

Altertumswissenschaftler sind vor allem auf die Vertrautheit hereingefallen, weil sie so gut wie möglich in das Lachen von Griechen und Römern einstimmen wollten, und oft haben sie sich sehr damit abgemüht, die lustigen Momente in antiken Komödien wie auch die Sprüche, Witze oder Schlagfertigkeiten in der römischen Literatur zu |78|finden und zu erklären. Manchmal mussten sie die uns überlieferten antiken Texte „wiederherstellen“ oder sogar neu schreiben, um die Witze zu retten, die sie einst beinhalteten. Diese verzweifelten Maßnahmen sind jedoch nicht notwendigerweise so illegitim, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mögen. Denn mitunter besteht ein großer Unterschied zwischen dem, was antike Schriftsteller einst geschrieben haben, und der wieder und wieder abgeschriebenen Version ihrer Werke, die dem modernen Leser vorliegt. Jene mittelalterlichen Mönche, die so viele Werke der antiken Literatur von Hand abgeschrieben haben, konnten sehr ungenau sein, vor allem, wenn sie nicht ganz verstanden, was sie kopierten, oder dessen Bedeutung nicht erkannten. Ähnlich wie im Fall des römischen Zahlensystems, dessen Details im Schreibprozess fast immer verunstaltet wurden, unterliefen auch häufig bei Witzen zum Teil eklatante Fehler. Ein besonders dümmlicher Kopist zum Beispiel ersetzte beim Abschreiben der Diskussion über das Lachen in Ciceros De Oratore im zweiten Buch systematisch das Wort „iocus“ (Witz) durch „locus“ (Ort, Platz, auch Stelle in einem Buch). Er entfernte also das Lachen mit einem Handstreich, allerdings war sein Fehler so offensichtlich, dass er umgehend und widerspruchslos korrigiert werden konnte.8

Manchmal bedurfte es jedoch für solche Korrekturen eines größeren Genies. Im sechsten Buch seiner Institutio Oratoria, ein Handbuch über die Redekunst aus dem ersten Jahrhundert n. Chr., kommt Quintilian auf die Rolle des Lachens im Repertoire eines Redners zu sprechen. In dem uns vorliegenden Text – einem Amalgam von Abschriften voller Vermutungen akademischer Herausgeber aus inzwischen mehreren Jahrhunderten – scheinen viele von Quintilians Beispielen dafür, was während einer Rede Lachen auslösen könnte, bestenfalls flach, schlimmstenfalls verworren oder nahezu unsinnig. Jedenfalls besitzen sie kaum den geschliffenen Witz, den er ihnen zuspricht. In einer bemerkenswerten Arbeit behauptet Charles Murgia, einige Schlüsselpassagen Quintilians rekonstruiert zu haben. Dank seiner klugen Rekonstruktionen des ursprünglichen Lateins sind etliche |79|Witze und Wortspiele offensichtlich wieder zum Leben erwacht. Aber die bohrende Frage ist doch: Wessen Witz ist das? Hat uns Murgia tatsächlich zurück zum römischen Scherz gebracht, oder hat er in Wirklichkeit das Latein nachjustiert, um einen befriedigenden modernen Witz zu produzieren?9

Ein schlagfertiger Ausspruch, den Quintilian als vorbildlich anführt, vermittelt eine gute Vorstellung davon, wie kompliziert, aufwendig und unsicher es ist, diese alten Gags erfassen und rekonstruieren zu wollen. Es lohnt sich, etwas genauer hinzusehen. Die fragliche Passage ist eine Wechselrede im Gerichtssaal zwischen einem Ankläger und einem Verteidiger namens Hispo, dessen schlaue Sprüche wir bewundern sollen. Der Text in den meisten neueren Druckausgaben von Quintilian lautet: „Als Hispo ziemlich haarsträubender Verbrechen angeklagt wurde, sagte er zu seinem Ankläger: ‚Beurteilst du mich nach deinen eigenen Standards?‘“ Oder auf Latein: „Ut Hispo obicienti atrociora crimina accusatori, ‚me ex te metiris?‘“10 Dieser lateinische Text ist das Ergebnis harter Arbeit moderner Wissenschaftler, die „verbessert“ haben, was in Handschriften erhalten war. „Atrociora“ (ziemlich haarsträubend) hat das nahezu bedeutungslose „arbore“ (Baum) der Handschriften ersetzt. „Metiris“ (messen, beurteilen vom Verb „metiri“) ist an die Stelle von „mentis“ getreten, das vielleicht eine Form von „mentiri“, mit n, sein sollte und „lügen“ heißt, allerdings einen hoffnungslosen Grammatikfehler darstellen würde. Und das „me ex te“ schließlich („mich nach deinen eigenen Standards“) steht überhaupt nicht im Original, sondern wurde der Vollständigkeit halber hinzugefügt.11 Doch selbst mit all diesen Korrekturen erscheint der Schlagabtausch äußerst lahm und reizt wohl kaum zum Lachen.

Murgias Eingriff geht zum Teil auf Handschriften zurück und teilweise über sie hinaus. Nach seiner Lesart verfolgte der Ankläger seine Sache „in einer durch Barbarismus entstellten Sprache“/„obicienti barbare crimina accusatori“ – das Wort „arbore“ wird hier also durch „barbare“ ersetzt und nicht durch „atrociora“. Hispo verteidigt sich und führt schlau einen Lacher herbei, indem er – ganz wie es in |80|den Abschriften steht – auf seinen Ankläger „barbarisch“ antwortet: „Mentis“, sagt er nämlich, was man vielleicht mit „Du lügen“ übersetzen könnte. Murgia versucht damit, ein grammatisch falsches Latein zu rekonstruieren, ihm zufolge wäre „mentis“ eine absichtlich falsche Form des Deponens „mentiri“, die eigentlich im Passiv „mentiris“ lauten müsste. Witziger ist das sicherlich: Hispo antwortet auf einen Ankläger, der ihn in schlechtem Latein angeht, mit einem Ausdruck, der nun seinerseits wirklich sehr schlechtes und barbarisches, nämlich grammatikalisch falsches Latein darstellt.12

Aber ist es das, was Quintilian geschrieben hat? Nur schwer lässt sich der Verdacht von der Hand weisen, Murgia habe die herkömmliche Version von Quintilians Text schlau berichtigt, um sie für uns lustiger zu machen. „Mentis“, „Du lügen“, ist sicher nah an den Abschriften, ob nun richtig oder falsch, aber für den Ausdruck „in einer durch Barbarismus entstellten Sprache“ („barbare“) spricht wenig, abgesehen von der Tatsache, dass es zu einem Spruch beiträgt, der für moderne Ohren hinreichend witzig klingt,13 zu witzig vielleicht. Denn womöglich war Hispos Replik wirklich schwach nach unseren Maßstäben, auch wenn er bei den Römern aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen für Lachen sorgte. Oder aber sie war es, Quintilians Lob zum Trotz, sogar nach römischen Maßstäben. Tatsächlich ist eine Kategorie, der Historiker und Theoretiker des Lachens recht wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben, der „schlechte“, im Lateinischen für gewöhnlich der „kalte“ Witz („frigidus“) – obwohl, wie Twain es so nett erfasst hat, in der alltäglichen Welt des Lachens und Possenreißens schlechte Witze omnipräsent sind. Dabei können schlechte Witze dabei helfen, den guten zu definieren, und sie erzählen uns ebenso viel über die Geschichte des Lachens und seine Kultur wie die gelungenen.

Noch ehrgeiziger als Murgia war jüngst Michael Fontaine in seiner umfassenden Studie der „lustigen Wörter“ in den lateinischen Komödien von Plautus.14 Fontaine wollte nicht nur jene Wortspiele der Stücke retten, die pfuschende mittelalterliche Mönche übersehen hatten, |81|sondern auch solche, die seiner Meinung nach bereits in der Antike in dem Augenblick verlorengegangen waren, als die Bühnenstücke niedergeschrieben wurden.15 So zauberte er einige tatsächlich sehr lustige Momente in Plautus’ Stücke. Um ein ganz einfaches Beispiel anzuführen: In Plautus’ Rudens (Das Schiffstau) erklärt eine Figur, die sich nach einem Schiffsuntergang an Land gekämpft hat, sie friere („algeo“). Fontaine vermutet an dieser Stelle ein Wortspiel mit dem lateinischen Wort „alga“ (Seetang) und, dass die fragliche Figur auf der Bühne ein Kostüm aus Seetang trug.16

Wer weiß? Wie viele andere seiner Konjekturen ist auch diese gelehrt, einfallsreich und sogar ziemlich witzig. Ob Fontaine aber Witze enthüllt, die „über Jahrhunderte im Dornröschenschlaf“ lagen, wie ein Rezensent bemerkte,17 oder ob er gefällige moderne Erfindungen liefert, die den Witz für uns retten, bleibt fraglich. Tatsächlich sollte sein Ansatz uns dazu bringen, stärker über die Kriterien nachzudenken, nach denen wir Stellen in der antiken Komödie ausfindig machen, die ein antikes Lachen ausgelöst haben sollen. Wie viel Lachen wir in einem römischen Komödientheater gehört hätten und zu welchen Textstellen genau, ist eine kniffligere Frage, als es scheinen mag.

Das Lachen im alten Rom

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