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a) Problemstellung

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Wie gezeigt, stellt für die Presse oftmals bereits allein der Umstand, dass jemand eines bestimmten Verhaltens verdächtig ist, eine berichtenswerte Tatsache dar. Diese sog. Verdachtsberichterstattung ist Ausfluss der in Art. 5 GG grundgesetzlichen geschützten Pressefreiheit und stellt insoweit ein besonderes Privileg der Presse dar. Andererseits bedeutet die Verdachtsberichterstattung für den davon Betroffenen die große und naheliegende Gefahr der öffentlichen Anprangerung, Stigmatisierung und medialen Vorverurteilung, zumal in nicht wenigen Fällen nach der Erstveröffentlichung ein viraler Effekt festzustellen ist und in kürzester Zeit weitere Hinweise und Informationen, etwa von anderen Betroffenen, Insidern oder sonstigen Quellen, zutage gefördert werden. Des Weiteren spielt eine Rolle, dass in zahlreichen Fällen erst die mediale Verdachtsberichterstattung zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens seitens der Staatsanwaltschaft führt. Aufgrund dessen hat die Rechtsprechung sehr hohe Zulässigkeitshürden entwickelt, um nicht nur der Pressefreiheit, sondern auch dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen aus Art. 1 und 2 GG Rechnung zu tragen.[393]

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Zusätzliche Brisanz erfährt die Verdachtsberichterstattung durch die Medien dann, wenn gegen den Betroffenen zeitgleich ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren bereits anhängig ist. Hier gilt es nämlich zusätzlich die Unschuldsvermutung sowie das Fair-Trial-Prinzip im Auge zu behalten. Anders als das Hauptverfahren vor Gericht ist das strafrechtliche Ermittlungsverfahren nur parteiöffentlich – einerseits um Beeinträchtigungen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu verhindern, andererseits um den persönlichen, sozialen und beruflichen Schutzinteressen des Beschuldigten gerecht zu werden.[394] Besondere Wachsamkeit ist deshalb gefordert, wenn sich die Strafverfolgungsbehörden im Ermittlungsverfahren aus eigener Initiative heraus mit Pressemitteilungen an die Medien wenden oder auf Anfrage hin in großem Umfang Auskünfte erteilen. Dieser Umstand soll deshalb später in einem Exkurs weiter vertieft werden.

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Insgesamt zeigt sich, dass in Strafverfahren zunehmend häufiger mit dem Phänomen einer gesteigerten Medienöffentlichkeit umgegangen werden muss. Straftaten gehören zum Zeitgeschehen und dessen Vermittlung ist Aufgabe der Medien. Zu Recht weißt Lehr aber darauf hin, dass Berichterstattung in und über Strafverfahren nicht schicksalhaft erduldet werden muss, sondern „das Ergebnis eines professionellen und zugleich feinnervigen Umgangs und Kräftemessens mit den Medien sein“ kann.[395] Eben dies legt in bestimmten Mandaten die enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit einem presse- bzw. medienrechtlich versierten Kollegen nahe, wenngleich angesichts der möglicherweise drohenden strafrechtlichen Sanktionen in der Regel dem Strafverteidiger die Führung im Mandat und die strategische Ausrichtung obliegen muss. Dies gilt vor allem, wenn Personen und Unternehmen betroffen sind, die ohnehin im Fokus der Öffentlichkeit stehen und deshalb hier eine mediale Verdachtsberichterstattung, mehr noch als in anderen Fällen, katastrophale Wirkungen haben kann.[396]

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