Читать книгу AnwaltFormulare Strafrecht - Matthias Klein - Страница 145
(2) Exkurs: Pressemitteilung seitens der Strafverfolgungsbehörden[398]
Оглавление348
Nach den meisten Landespressegesetzen[399] haben die Medien einen Auskunftsanspruch gegenüber Behörden. Dazu gehören auch die Polizei sowie die Staatsanwaltschaften. Ferner regelt Nr. 23 RiStBV, dass Staatsanwaltschaften bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit mit Presse, Hörfunk und Fernsehen unter Berücksichtigung ihrer besonderen Aufgaben und ihrer Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung zusammenzuarbeiten haben. Diese Unterrichtung darf jedoch weder den Untersuchungszweck gefährden noch dem Ergebnis der Hauptverhandlung vorgreifen. Zudem darf der Anspruch des Beschuldigten auf ein faires Verfahren nicht beeinträchtigt werden. Ferner ist im Einzelfall zu prüfen, ob das Interesse der Öffentlichkeit an einer vollständigen Berichterstattung gegenüber den Persönlichkeitsrechten des Beschuldigten oder denjenigen des Geschädigten überwiegt. Eine unnötige Bloßstellung dieser Personen ist zu vermeiden, wobei dem allgemeinen Informationsinteresse der Öffentlichkeit in der Regel durch fehlende Namensnennung entsprochen werden kann. Schließlich ist dort geregelt, dass über die Anklageerhebung und Einzelheiten der Anklage die Öffentlichkeit grundsätzlich erst dann unterrichtet werden darf, wenn die Anklageschrift dem Beschuldigten zugestellt oder sonst bekanntgemacht worden ist. Behörden sind nicht zur Auskunft verpflichtet, soweit Auskünfte über persönliche Umstände des Betroffenen verlangt werden, an deren öffentlicher Mitteilung kein öffentliches Interesse besteht.
349
Leider ist in der Praxis immer wieder festzustellen – und zahlreiche Fälle sind hinreichend dokumentiert[400] –, dass Staatsanwaltschaften jegliche Hemmungen ablegen und die sich ziemende Zurückhaltung schmerzlich vermissen lassen, wenn es um die Unterrichtung der Öffentlichkeit durch Verdachtsmitteilungen geht. Keinesfalls dürfen sich solche Auskünfte und Mitteilungen jenseits dessen bewegen, was die Medien bei der Verdachtsberichterstattung zu beachten haben. Schon gar nicht darf zur öffentlichen Vorverurteilung und Stigmatisierung „Beihilfe“ geleistet werden.
350
Durch derartige Mitteilungsexzesse verliert dann die Quelle ihren Status, so dass sich die Medien beim Veröffentlichen derartiger Äußerungen gerade nicht auf deren Privilegierung berufen können und sich folglich selbst der Gefahr einer umfassenden presserechtlichen Verantwortung im Rahmen der allgemeinen, für die Verdachtsberichterstattung geltenden, Kriterien aussetzen. Auskünfte an die Presse bedeuten im Übrigen nicht, dass diese ohne Weiteres auch verbreitet werden dürfen, auch nicht, wenn sie von privilegierten Quellen stammen. Es ist ureigenste Aufgabe der Presse, selbst zu prüfen und zu entscheiden, ob und in welcher Weise Informationen zu verwerten sind. Die Medien dürfen sich lediglich auf die Richtigkeit der Auskünfte verlassen.
351
Ferner gilt es zu sehen, dass rechtswidrige Auskünfte seitens der Staatsanwaltschaft nicht nur von der RiStBV nicht gedeckt sind und auch die Unschuldsvermutung sowie das Recht auf ein faires Verfahren verletzen, sie können auch zu einstweiligen Anordnungen, Unterlassungsklagen sowie insbesondere auch zu Schadenersatz- und Entschädigungsansprüchen des Betroffenen aufgrund von Amtspflichtverletzungen führen. Noch weitergehende Konsequenzen, vor allem das Strafverfahren betreffend, sind umstritten. Ebenso sind zahlreiche Reformvorschläge unterbreitet worden, um die strafjustiziellen Medienauskünfte im Ermittlungsverfahren eingehender zu regeln.[401]
352
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass der Staatsanwaltschaft kein Recht zukommt, im Wege von Presseerklärungen oder sonstigen Verlautbarungen die eigene persönliche Position und Sichtweise zu verbreiten. Sie hat kein Recht auf Öffentlichkeitsarbeit. Die Staatsanwaltschaft kann sich insoweit nicht auf die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit berufen, sondern sie ist im Rahmen ihrer Aufgabe der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten an die ihr zustehenden strafprozessualen Ermächtigungen gebunden. Dort fehlt es jedoch an einer solchen zwingend erforderlichen Ermächtigungsgrundlage mit der Folge, dass die Staatsanwaltschaft auf dieses Mittel im Rahmen der medialen Auseinandersetzung mit dem Betroffenen nicht zurückgreifen kann.