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(3) Gegenrecherche bzw. Konfrontationspflicht

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Die journalistische Sorgfaltspflicht macht es ferner erforderlich, in gleicher Weise auch über entlastende und für den Betroffenen günstige Tatsachen und Argumente zu berichten. Vor diesem Hintergrund ist dem Betroffenen im Rahmen der sog. Gegenrecherche die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben und diese auch bei der Überprüfung der Verdachtsmomente zu berücksichtigen. Dem Betroffenen ist substantiiert und umfassend der Sachverhalt, der den Verdacht begründet, zur Stellungnahme vorzulegen, damit sich dieser eingehend mit den vorgehaltenen Tatsachen und Argumenten auseinandersetzen und auf diese konkret und detailliert antworten kann. Dies ist bei lediglich pauschalen und allgemein gehaltenen Anfragen nach einer Stellungnahme des Betroffenen – so wie dies in der Praxis leider oftmals anzutreffen ist – nicht der Fall.

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Sollte der Mandant entsprechende Anfragen erhalten, muss das weitere Vorgehen schnellst- möglich abgestimmt werden, gegebenenfalls auch unter Hinzuziehung eines presserechtlich geschulten Kollegen, sofern dies nicht bereits bei der Begründung des Mandatsverhältnisses erfolgt ist. Es ist zum Schutze des Mandanten und einer sachgerechten Verteidigung unbedingt zu verhindern, dass der Betroffene – oder gegebenenfalls dessen medienrechtlicher Berater – ohne Einbindung des Verteidigers „eigenmächtig“ Stellung bezieht. Entsprechendes sollte gleich zu Beginn der Mandatsübernahme erläutert werden.[402]

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Keinesfalls sollten Anfragen nach Stellungnahmen, Interviews etc. pauschal zurückgewiesen werden, selbst dann, wenn tatsächlich keine Stellungnahme beabsichtigt ist. Anderenfalls würde man sich in unnötiger Weise selbst den Zugang zu einer bedeutsamen Informationsquelle abschneiden und sich damit den taktischen Vorteil nehmen, sich schon frühzeitig mit dem konkreten Inhalt der Verdachtsberichterstattung auseinandersetzen, sich darauf einstellen und gegebenenfalls noch vor der geplanten Veröffentlichung rechtliche Schritte einleiten zu können. Auf diese Weise würde man nämlich die Medien aus der Pflicht entlassen, dem Betroffen den Inhalt der fraglichen Verdachtsberichterstattung samt konkreter Tatsachen und Argumente vor einer Veröffentlichung zugänglich zu machen. Die grundsätzliche Weigerung würde zudem dazu führen, dass die Medien auch im weiteren Zeitablauf immer wieder neuerliche Verdachtsmomente äußern können, ohne sich zuvor überhaupt an den Betroffenen wenden zu müssen. Umgekehrt bedeutet die Bereitschaft zur Stellungnahme nicht, dass automatisch auch die Zustimmung dahingehend erteilt wird, diese Stellungnahme auch zu veröffentlichen. Durch die Stellungnahme soll der Anfragende nämlich lediglich in die Lage versetzt werden, die im Raum stehenden Verdachtstatsachen zu klären und die Sichtweise der Betroffenen zu erfahren, um sodann zu überprüfen, ob eine Berichterstattung aufgrund der vorliegenden Informationen tatsächlich angezeigt ist. Schließlich kann der ursprünglich beabsichtigte Umgang mit den Medien auch überholt sein, etwa wenn zwischenzeitlich das Ermittlungsverfahren öffentlich geworden oder weiter vorangeschritten ist.

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Sollte der Mandant ohne Rücksprache mit seinem Verteidiger, etwa weil er am Telefon überrumpelt wurde, jegliche Stellungnahme verweigert haben, so sollte dies mit Blick auf das soeben Gesagte unverzüglich schriftlich durch den Verteidiger berichtigt werden.

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Problematisch sind ferner Interviewanfragen im Rahmen der Ton- und Bildberichterstattung, von denen jedenfalls der Mandant in der Regel Abstand nehmen sollte. Ob sich hier besser der Anwalt des Mandanten zu Wort meldet, ist ebenfalls fraglich, jedenfalls dann, wenn es an hinreichender Medienerfahrung mangelt. Jedenfalls bedarf es in jedem Fall der engen Abstimmung mit dem Mandanten, der akribischen Vorbereitung anhand der vorab übermittelten Interviewfragen sowie nicht zuletzt eines kategorischen Autorisierungsvorbehalts, um sich im Fall der Fälle nicht aller Rechte begeben zu haben und eine Ausstrahlung unterbinden zu können.

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