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a) Allgemeines

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Die die Durchsuchung durchführenden Beamten sind nicht verpflichtet, mit dem Beginn der Durchsuchung bis zum eventuellen Erscheinen eines Verteidigers zu warten.[105] Der Verteidiger hat jedoch in jedem Fall ein Anwesenheitsrecht, da dem Betroffenen weiterhin das Hausrecht zusteht (s. auch Rn 161).[106] Der von der Durchsuchung Betroffene hat gem. § 106 Abs. 2 S. 1 StPO nur in den Fällen des § 103 StPO einen Anspruch auf Aushändigung des Beschlusses. Der Beschuldigte hat in den Fällen des § 102 StPO diesen Anspruch erst nach Ende der Durchsuchung (§ 107 S. 1 StPO). In der Regel wird jedoch auch in diesen Fällen bereits zu Beginn der Durchsuchung der Beschluss übergeben. Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn die Bekanntgabe des Tatverdachts sowie des Umfangs der Durchsuchung eine Gefährdung des Durchsuchungszwecks ergäbe.[107] In diesen Fällen muss dem Betroffen jedoch zumindest der Beschlusstenor bekannt gegeben werden.[108]

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Gem. § 105 Abs. 2 StPO müssen („wenn möglich“) bei Durchsuchungen von Wohnungen, Geschäftsräumen und des sonstigen befriedeten Besitztums dann, wenn ein Richter oder Staatsanwalt nicht daran teilnimmt, zwei Gemeindemitglieder des Durchsuchungsbezirks hinzugezogen werden. Die Vorschrift dient auch dem Schutz der durchsuchenden Beamten, um sie vor unberechtigten Anschuldigungen wegen der Art und Weise der Durchsuchung zu schützen. Daraus folgt, dass allein der (häufige) Verzicht des Betroffenen auf Hinzuziehung von Zeugen allein nicht dazu verpflichtet, die Durchsuchung ohne Zeugen durchzuführen. Dies steht vielmehr weiterhin im Ermessen der Beamten.[109] Verzichtet der Betroffene nicht auf die Hinzuziehung von Zeugen, so ist die ohne Zeugen durchgeführte Durchsuchung rechtswidrig, da es sich bei § 105 Abs. 2 StPO um eine wesentliche Formvorschrift handelt.[110] Auch hier ist jedoch nicht in jedem Fall ein Beweisverwertungsverbot die Folge (siehe Rn 173). Würde die Hinzuziehung von Zeugen den Erfolg der Maßnahme gefährden, kann hiervon abgesehen werden.[111] Da es sich bei der Zuziehung von Zeugen, soweit keine Ausnahme vorliegt, um zwingendes Recht handelt, fällt ein etwa ausgeübter Widerstand nicht unter § 113 StGB.[112]

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Gem. § 106 StPO hat der Inhaber des Durchsuchungsobjekts ein Recht auf Anwesenheit bei der Durchsuchung, wobei unter „Inhaber“ der (rechtmäßige) Gewahrsamsinhaber zu verstehen ist.[113] Dies gilt nur bei Untersuchungsgefangenen für die Durchsuchung der Zelle nicht.[114] Handelt es sich bei dem Inhaber nicht um den Beschuldigten, so hat dieser kein Recht auf Anwesenheit.[115] Bei der Vorschrift des § 106 Abs. 1 StPO handelt es sich nicht lediglich um eine Ordnungsvorschrift, so dass ein Verstoß hiergegen die Durchsuchung rechtswidrig macht und ein Notwehrrecht begründet.[116] Eine Pflicht zur Hinzuziehung des Inhabers besteht jedoch nicht, so dass mit einer Durchsuchung bereits vor dessen Eintreffen begonnen werden kann.[117]

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Die Durchsuchung darf gem. § 104 StPO nur unter engeren Voraussetzungen zur Nachtzeit durchgeführt werden. Dies gilt jedoch nur dann, wenn mit der Durchsuchung eine Haussuchung verbunden ist, da die Vorschrift die Privatsphäre zur Nachtzeit schützen soll. Die Durchsuchung zur Nachtzeit ist nur zulässig, wenn

der Täter auf frischer Tat verfolgt wird,
Gefahr im Verzug vorliegt oder
die Durchsuchung der Wiederergreifung eines entflohenen Gefangenen dient.

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Verfolgung auf frischer Tat liegt jedoch nur dann vor, wenn der Täter, mit Ausnahme nur kurzer, unwesentlicher Unterbrechungen seit Begehung der Tat verfolgt wurde. Gefahr im Verzug setzt voraus, dass der Erfolg der Durchsuchung bei Zuwarten bis Tagesbeginn wahrscheinlich gefährdet ist. Eine Durchsuchung zur Nachtzeit ist daneben auch in den in § 104 Abs. 2 StPO genannten Räumlichkeiten zulässig. Eine Einwilligung des Betroffenen ist jedoch möglich.[118]

Eine zur Tageszeit bereits begonnene Durchsuchung darf auch zur Nachtzeit fortgesetzt werden, ohne dass die Voraussetzungen des § 104 StPO vorliegen müssen.[119] Sie muss jedoch zu einem Zeitpunkt begonnen werden, dass zu erwarten steht, dass sie bis zum Beginn der Nachtzeit beendet werden kann.[120]

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Die Vorschrift des § 107 StPO bestimmt, dass dem Betroffenen nach Ende der Durchsuchung, soweit er dies verlangt, der Grund der Durchsuchung, im Falle des § 102 StPO auch der Tatvorwurf, schriftlich mitzuteilen ist. Dies gilt selbstverständlich nur dann, wenn kein schriftlicher Durchsuchungsbeschluss vorgelegt wird und sich die entsprechenden Informationen bereits hieraus ergeben (vgl. § 35 StPO). Nach § 107 S. 2 StPO muss dem Betroffenen auch ein Verzeichnis der sichergestellten Gegenstände ausgehändigt werden. Hierin müssen sämtliche Gegenstände aufgenommen werden. Der Verteidiger sollte darauf achten, dass insbesondere bei Schriftstücken nicht von Gattungsbezeichnungen Gebrauch gemacht wird (z.B. „zwei rote Ordner“). Der Betroffene muss in die Lage versetzt werden, den Verbleib der sichergestellten Gegenstände nachzuvollziehen.

Dem von der Durchsuchung Betroffenen soll es ermöglicht werden, den Eingriff nachzuvollziehen und Rechtsschutz dagegen zu erwirken.[121] Es handelt sich nicht um eine bloße Formvorschrift.[122] Ein Verwertungsverbot folgt bei einem Verstoß dennoch nicht.[123]

161

Der Verteidiger hat kein Recht, bei der Durchsuchung anwesend zu sein.[124] Dennoch kann dem Verteidiger grundsätzlich die Anwesenheit nicht verboten werden, da der Hausrechtsinhaber Personen seiner Wahl auch während der Durchsuchung die Anwesenheit gestatten kann.[125] Eine Möglichkeit, den Verteidiger von der weiteren Teilnahme auszuschließen bietet nur die Vorschrift des § 164 StPO, falls es zu Störungen durch den Verteidiger kommt. Die reine Anwesenheit ist hier keinesfalls ausreichend. Im Hinblick auf das Recht auf effektive Verteidigung wird die Störung, die einen Ausschluss nach § 164 StPO rechtfertigt, massiv sein müssen.[126] Handelt es sich um die Durchführung eines richterlichen Augenscheins beim Nichtverdächtigen, kommt ein Anwesenheitsrecht des Verteidigers aus § 168d StPO in Betracht.

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Störer der Durchsuchung können nach § 164 StPO von der Durchsuchung ausgeschlossen werden, wobei ihre Festnahme erfolgen kann. Vor dieser Maßnahme ist jedoch die Festnahme anzudrohen. Die Maßnahme darf nur solange aufrechterhalten werden, wie diese erforderlich ist.[127]

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Dem Betroffenen darf weiterhin nicht generell eine telefonische Kontaktaufnahme verboten werden. Gänzlich unzulässig ist es, die Kontaktaufnahme mit dem Verteidiger oder (bei unverdächtigen Personen) mit dem Rechtsanwalt zu untersagen.[128] Wird die Durchsuchung durch sonstige Telefongespräche gestört, so können diese jedoch gem. § 164 StPO untersagt werden.

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