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5. Optimierung der Mandanteninformation

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Schon beim ersten Informationsgespräch mit dem Mandanten ist abzuklären, ob der Mandant über Schriftstücke verfügt, die ihm von den Ermittlungsbehörden übergeben wurden. Dies kann eine Ladung zur Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei sein, aber auch Unterlagen über bereits stattgefundene Durchsuchungsmaßnahmen. Aus derartigen schriftlichen Unterlagen lassen sich für den Verteidiger bereits frühzeitig wesentliche Informationen gewinnen. Auch kann sich daraus ergeben, dass der Mandant – auch wenn er sich subjektiv als Beschuldigter fühlen mag – bislang noch die Verfahrensrolle eines Zeugen einnimmt.

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Teilt der Mandant dem Verteidiger Verdachtsmomente gegen sich mit, so hat er sorgfältig zu prüfen, ob diese auch den Ermittlungsbehörden bereits (teilweise) bekannt sind und der Mandant daher bereits formell als Beschuldigter betrachtet wird. Es ist in diesen Fällen unverzeihlich, wenn sich der Verteidiger mangels ausreichender Informationen für seinen Mandanten als „Verteidiger“ zur Akte meldet und die Verteidigungsanzeige möglicherweise erst dem Staatsanwalt Anlass für die Überlegung gibt, ob der bislang von ihm als Zeuge betrachtete Mandant nicht doch als Beschuldigter in Betracht kommt und er daraufhin die weiteren Ermittlungen in Richtung des Mandanten lenkt.

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In Ausnahmefällen kann es die Verteidigung allerdings auch optimieren, dem bislang formell als Zeugen angesehenen Mandanten bewusst den Beschuldigtenstatus zu verschaffen. Denn die Strafprozessordnung garantiert dem Beschuldigten im Strafverfahren eine Vielzahl von Rechten, die der Zeuge nicht besitzt. Ab dem Zeitpunkt, zu dem der Mandant als Beschuldigter betrachtet wird, erwirbt er das (umfassende) Schweigerecht des § 136 Abs. 1 StPO, das Akteneinsichtsrecht aus § 147 StPO und Anwesenheitsrechte wie z.B. § 168c StPO. Auch unterliegen seine Angaben in seinem Verfahren nicht mehr der Wahrheitspflicht (vgl. Kap. 1 Rn 66).

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Das Schweigerecht aus § 136 Abs. 1 StPO und das Akteneinsichtsrecht aus § 147 StPO sind i.d.R. die wesentlichen Vorteile eines Wechsels des Mandanten vom Zeugen- in den Beschuldigtenstatus. Die Verteidigung kann dann über das Schweigerecht einen Informationsgewinnungsverlust bei den Ermittlungsbehörden herbeiführen und sich zugleich über das Akteneinsichtsrecht wesentliche Informationen über das bisherige Ermittlungsergebnis verschaffen.

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Dabei sollte beachtet werden, dass die Strafprozessordnung zwar – außerhalb des § 406e StPO – keinen Anspruch des Zeugen oder seines Beistandes auf Einsichtnahme in die Ermittlungsakte vorsieht.[3] Gleichwohl gewähren die Ermittlungsbehörden dem Zeugenbeistand nicht selten sogar umfassende Akteneinsicht, wenn vorgetragen wird, dass andernfalls die Existenz und Reichweite eines dem Mandanten ggf. zustehendes Auskunftsverweigerungsrecht aus § 55 StPO nicht abschließend überprüft werden kann.[4]

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Im Einzelfall hat der Verteidiger daher umso sorgsamer abzuwägen, ob der gewillkürte Wechsel des Mandanten in den Beschuldigtenstatus die Verteidigung im Ergebnis tatsächlich optimiert oder den Ermittlungsbehörden die Grundlage für eine Überführung des Mandanten als Täter liefert. Die sehende Verteidigung eines Beschuldigten kann jedoch gerade wegen § 147 StPO manchmal die bessere Wahl sein als die blinde Vertretung eines gefährdeten und ggf. gleichwohl zumindest teilweise auskunftspflichtigen Zeugen. Steht dem Mandanten als gefährdetem Zeugen jedoch ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht aus § 55 StPO zu, so kann auch dessen Geltendmachung ohne Offenlegung der zugrunde liegenden Verdachtsmomente (vgl. die Rechtsprechung zu § 56 StPO) der goldene Weg sein und ist es i.d.R., wenn auf (vollständige) Aktenkenntnis verzichtet werden kann.

Kapitel 2 Verteidigung im ErmittlungsverfahrenH. Informationsbeschaffung des Verteidigers › II. Ermittlungsakte

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