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bb) Umgang mit dem Zeugen

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Der Verteidiger darf nun die Kontaktaufnahme mit dem Zeugen keinesfalls dem Mandanten überlassen, um den Mandanten nicht später dem Vorwurf einer unzulässigen Zeugenbeeinflussung ausgesetzt zu sehen. Auch die Einschaltung Dritter hat zu unterbleiben, da der Verteidiger i.d.R. deren eigene Interessen und ihr weiteres Verhalten nicht verlässlich einschätzen und nicht beeinflussen kann.

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Aber auch der Verteidiger selbst hat bei der Kontaktaufnahme zu Zeugen umsichtig vorzugehen.[28] Die Erfahrung zeigt, dass spätestens in der Hauptverhandlung, unter Umständen jedoch auch bereits bei der Vernehmung des Zeugen im Ermittlungsverfahren – bei denen dem Verteidiger in der Regel kein Anwesenheitsrecht zusteht[29] – unliebsame Entlastungszeugen von der Vernehmungsperson mitunter sehr forsch angegangen werden, insbesondere dann, wenn ihre Aussage nicht ohne Weiteres in Einklang zu weiteren, den Mandanten belastenden Zeugenaussagen zu bringen ist. Äquivalent zum Vollzug der Untersuchungshaft am Beschuldigten zur Gewinnung eines Geständnisses ist insoweit die vorläufige Festnahme des Zeugen in der Hauptverhandlung, gestützt auf den Verdacht der uneidlichen Falschaussage und unter Bemühung gesetzlich nicht vorgesehener, sog. apokrypher Haftgründe.[30] Unter dem Druck des drohenden Freiheitsentzugs und in der Regel zu diesem Zeitpunkt ohne anwaltlichen Beistand ist der Weg vom Entlastungs- zum Belastungszeugen nicht weit, zumal wenn sich dies für den Zeugen als einzige Möglichkeit darstellt, sich seine alsbaldige Freilassung zu „erkaufen“. Er wird unter diesen Voraussetzungen vielfach bereit sein, den Mandanten wahrheitswidrig zu belasten und damit den Ermittlungsbehörden das gewünschte Beweisergebnis liefern. Dabei wird er unter Umständen auch nicht vor der Behauptung zurückschrecken, der Verteidiger habe ihn zu seiner „Falschaussage“ bestimmt, andernfalls er natürlich selbstverständlich die „Wahrheit“ bekundet hätte.

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Deshalb ist es in praktisch jedem Fall unverzichtbar, dass der Verteidiger sich bei der Vernehmung eines Zeugen bestmöglich absichert. Sind die finanziellen Voraussetzungen gegeben, so kann der Rat nur dahin gehen, dass der Zeuge sich eines anwaltlichen Zeugenbeistands bedient und seine Angaben gegenüber dem Verteidiger in dessen Anwesenheit macht. Sonst empfiehlt es sich, den Kontakt zum Zeugen zunächst schriftlich herzustellen und über dessen Befragung ein Protokoll zu erstellen, das dem Zeugen mit dem Hinweis, ggf. handschriftliche Änderungen hierin vorzunehmen, zur Unterschrift vorgelegt werden sollte. Dazu gehört auch eine schriftliche Belehrung des Zeugen, dass seine Angaben ggf. den Ermittlungsbehörden zugänglich gemacht werden und der Zeuge diesen gegenüber zur Wahrheit verpflichtet ist. Bei der Befragung des Zeugen sollte regelmäßig[31] ein nicht mit der Sache befasster Gesprächszeuge, i.d.R. ein Kanzleimitarbeiter oder Kollege – keinesfalls hingegen der Mandant selbst[32] – hinzugezogen werden. Auch eine Tonband- oder Videoaufnahme ist selbstverständlich – sofern der Zeuge hierin einwilligt – eine probate Absicherung des Verteidigers.

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Beherzigt der Verteidiger diese Vorgehensweise, so wird er vor späteren wahrheitswidrigen Belastungen seitens des Zeugen über die Art und Weise des Zustandekommens seiner Aussage und deren Inhalt besser geschützt sein.

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Dabei sollte der Zeuge bereits bei seiner schriftlichen Einbestellung darauf hingewiesen werden, in welcher Funktion der Verteidiger ihn als Zeugen vernehmen möchte und dass er hierzu als Organ der Rechtspflege befugt ist. Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, der Zeuge sei zum Erscheinen oder gar zu einer Aussage gegenüber dem Verteidiger verpflichtet. Dem Zeugen sollte auch bereits bei seiner Einbestellung die Erstattung seiner ggf. entstehenden Auslagen angeboten werden.[33]

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