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Nemesius: Die ausdrückliche Zuordnung aller geistiger Funktionen zu den Ventrikeln

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Es war Nemesius (um 390), der Bischof von Emesa (heute Homs) in Syrien, der die Lehre von der ventrikulären Lokalisierung aller geistigen Funktionen, und das sind nicht nur die verstandesmäßigen, entwickelte. Anders als Galen wies er die Wahrnehmung und die Vorstellungskraft den beiden lateralen Ventrikeln (den anterioren Ventrikeln) zu, die verstandesmäßigen Fähigkeiten verortete er im Mittelventrikel, die posterioren Ventrikel waren für das Gedächtnis reserviert. Daher rührt also die Ansicht, dass Vorstellungsvermögen/Wahrnehmung, Urteilskraft und Gedächtnis den lateralen Ventrikeln bzw. dem dritten und vierten Ventrikel vorbehalten sind.

Nemesius behauptete, dass diese Lokalisierung keiner Laune geschuldet sei, sondern auf einer soliden Beweisgrundlage beruhe, denn er führt das Folgende aus:

Der überzeugendste Beweis ist der vom Studium der Aktivitäten der verschiedenen Gehirnabschnitte abgeleitete. Wenn die vorderen Ventrikel an irgendeiner Form von Läsion litten, so sind die Sinne beeinträchtigt, das geistige Vermögen jedoch entfaltet sich wie vorher. Wenn allerdings die Gehirnmitte von Schäden betroffen ist, so offenbart sich der Geist als gestört, die Sinne jedoch sind weiterhin im Vollbesitz ihrer natürlichen Funktion. Ist das Cerebellum [Kleinhirn] geschädigt, folgt daraus nur der Verlust des Gedächtnisses, während die Sinne und das Denken keinen Schaden nehmen. Wenn jedoch die Gehirnmitte und das Cerebellum gemeinsam geschädigt sind, zusätzlich zu den vorderen Ventrikeln, dann brechen Sensibilität, Denken und Gedächtnis zugleich zusammen, mit dem Ergebnis, dass das lebende Subjekt in Todesgefahr schwebt.28

In Bezug auf die anterioren Ventrikel bemerkt er:

Das Sensibilitätsvermögen29 umfasst nun, wie Organe, zuerst die vorderen Gehirnlappen und den in diesen enthaltenen psychischen Geist, dann die Nerven, die mit psychischem Geist imprägniert sind und ihn weitertragen, und schließlich die gesamte Anlage der Sinnesorgane. Fünf Sinnesorgane gibt es, aber nur eine einzige Wahrnehmung, und sie gehört zur Seele. Mittels der Sensibilität der Sinnesorgane erfährt die Seele, was in ihnen vorgeht.30

Diese Lokalisierung der verschiedenen geistigen Funktionen in den Ventrikeln wurde als Ventrikellehre bekannt.

Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften

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