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Konfliktpathologie

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Eine deutlich reifere, im Entwicklungsverlauf spätere Form der neurotischen Erlebnisverarbeitung ist die Verdrängung von unlösbaren und ungelösten Konflikten. Sie betrifft Menschen, deren Erziehung nicht angemessen auf die kindlichen Bedürfnisse und Möglichkeiten ausgerichtet ist. Sie werden vor Aufgaben und Konflikte gestellt, die sie nicht lösen können. Sie geraten dadurch immer wieder in Konfliktsituationen, in denen sie überfordert sind. Es entwickelt sich eine habituelle Abwehr dagegen, welche die Persönlichkeit prägt.

Die Voraussetzung ist, dass der innere Zwiespalt als Konflikt wahrgenommen und erlebt werden kann. Diese Fähigkeit ist mit der Entwicklung des explizit-deklarativen Erlebnis- und Gedächtnismodus verbunden. Sie entsteht am Ende des ersten Lebensjahres und ist im Alter von eineinhalb bis zwei Jahren fest etabliert. In dieser Zeit sind verdrängte neurotische Konflikte in der Innenwelt wirksam. Sie müssen fortwährend durch eine habituelle Abwehr vom Bewusstsein ferngehalten werden. Diese Aufgabe überformt mehr und mehr die Persönlichkeit. Es bildet sich ein Locus minoris resistentiae, d. h. die Betroffenen können auch später ähnliche Konflikte nicht bewältigen. Sie dekompensieren in vergleichbaren Situationen.

Auf diese Weise entstehen unter dem Einfluss einer andauernden Abwehrarbeit Bereiche verminderter Konfliktfähigkeit und unzureichender Lösungsmöglichkeiten. Es besteht die Gefahr, in ähnlichen konflikthaften Auslösesituationen zu entgleisen. Diese psychische Situation wird mit dem Begriff Konfliktpathologie109 beschrieben. Auf der Grundlage dieser Persönlichkeitsorganisation entstehen Konfliktstörungen, d. h. neurotische Störungen auf höherem Strukturniveau ( Kap. 4.4).

Psychotherapie und Psychosomatik

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