Читать книгу Die Eucharistie als Opfer der Kirche - Michael Hesse - Страница 74
2.1 Der pneumatische Christus
ОглавлениеMit Berufung auf Eph 1,23 nennt Casel den pneumatischen Leib den Bräutigam der Kirche. Er betont, dass nur der durch den Kreuzestod zum Pneuma gewordene Leib Christi zum Bräutigam werden konnte.369 Schon der vorhergehende Vers Eph 1, 22 ist für die paulinisch geprägte Betrachtung der Leibidee der Kirche bedeutungsvoll. Casel übersetzt und interpretiert: Ihn – Christus – gab er zum alles überragenden Haupte der Ekklesia, die da sein Leib, die Fülle dessen, der sich in allem und in allen zur Fülle entfaltet. Es geht darum, die Ekklesia als die ganz von Christus Erfüllte zu sehen, und er betitelt sie als die Fülle Christi. Die Verbindung von Leibidee mit der Aussage der Fülle Christi meint das Erfülltsein des Leibes mit der Fülle des Hauptes. Die Ekklesia bildet gleichsam das Gefäß, in das Christus seine Fülle eingießen kann. Letztlich bedarf es der Aufnahme aller Menschen in den menschgewordenen Logos, damit die Fülle Christi offenbar werden kann. Casel betont, dass Christus in sich bereits vollendet ist, doch er jeden braucht, der berufen und erwählt ist, ein Glied des pneumatischen Leibes zu sein, damit am Ende der Welt die Fülle Christi offenbart werden kann.370 Was meint diese Fülle Christi? Casel unterscheidet zweifach die Ekklesia als Fülle Christi. Zunächst strömt Christi Pneuma auf die Kirche über und wächst in ihr bis zum vollen „Altersmaß“. Andererseits offenbart und entfaltet nach außen die Kirche die Fülle Christi. Dieses Zusammensein von Christus und Ekklesia bildet den einen pneumatischen Christus, der das Ziel der ganzen Oikonomia ist. Schöpfung und Heilsordnung erfüllen sich in diesem einen pneumatischen Christus, wie die Textstellen Kol 1,19 und Eph 1,22f gedeutet werden.371 Wie kann man hier von einer einzigen Einheit sprechen, bei einer großen Zahl sich zu Christus bekennender Menschen? Für Casel setzt das Einssein mit dem Herrn bei einer Person, einem Ich, an. So findet sich bei Casel die (augustinische) Aussage, dass alle aufgenommen werden in das Ich des Heilandes. Christus und Kirche sind der Christus, der aus Haupt und Leib besteht.372 Casel paraphrasiert daher zu Augustinus:
„Christus und die Kirche sind ein einziger Mensch, eine einzige Person, ein einziger Gerechter, ein einziger Christus, der Christus.“373
Dabei sieht Casel das Einheitsprinzip dieses einen Christus im Pneuma gegeben, das wiederum aus der Verklärung Jesu stammt (Eph 4,4).374 In der Analyse des Kirchenjahres, in Bezug auf dessen mysterischen Aussageinhalt, sieht Casel beispielsweise, dass am Fest der Geburt des Herrn zugleich die Geburt des Leibes gefeiert wird, der in der Geburt des Hauptes mitgezeugt wird. Die Aufnahme des Menschenleibes durch den Sohn Gottes bewirkt zugleich die Aufnahme in den pneumatischen Leib Christi. Für Casel erstreckt sich die Menschwerdung Christi auch auf die Ekklesia. Haupt und Leib bilden somit den einen Sohn Gottes. Dabei unterscheidet er das Sohnsein in vollem Sinn, das nur Christus selbst zusteht, als das Leben in Fülle, vom allgemeinen Sohnsein, das als Leben vom Vater empfangen und ihm zurückgeschenkt wird und auf die Glieder der Kirche zutrifft.375