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3.1 Verhältnis Mann und Frau als Bild für Christus und Ekklesia

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Die patristischen Forschungen Casels lassen ihn erkennen, dass für die ersten Christen die Ekklesia Agape, d.h. ein Liebesbund ist, der sich aus der in Christus geoffenbarten Liebe Gottes auferbaut. Das Agapethema ist uns zuvor schon im Kirchenbild des Leibes Christi begegnet. Das Bild der Braut lässt sich ebenfalls mit der Agapevorstellung in Beziehung setzen, was sich äußerlich am deutlichsten in dem, der Eucharistie angegliederten, urchristlichen Agapemahl ausdrückt. Casel konstatiert durch seine patristischen Studien, das das Verständnis der Kirche als Braut Christi durch ein juridisch geformtes Kirchenverständnis überlagert wurde und überlagert ist. Eine erkaltete Agape nötigt zur Stärkung des Rechtsfaktors, doch der tiefste Ausdruck hingebender Liebe zeigt sich im Verständnis der Kirche als Braut Christi, und dieses Kirchenverständnis will Casel wieder aufdecken. Im Bild der Braut Christi verbirgt sich demnach die Urform menschlicher Seinsordnung, nämlich die Hinordnung von Mann und Frau auf eine gegenseitige Hinopferung in sich schenkender selbstloser Hingabe. Das Verhältnis von Frau und Mann dient Casel als mystisches Vorbild des Bundes von Christus und Ekklesia. Der männliche Christus entspricht der göttlichen Offenbarung, während dem Weiblichen die Gott zugewandte und ihn aufnehmende Schöpfung bzw. die Ekklesia entspricht. Dafür sieht er die alttestamentliche Vorbildfunktion im Verhältnis von Jahwe zur Gemeinde Israel, als einer Kollektivperson, gegeben: Jahwe hat aus der Masse der Teilglieder des Volkes eine religiöse Einheit geschaffen. Dieses Einheitsgefühl durch Personifikation macht Casel in seinen Forschungen ebenfalls bei anderen antiken Völkern aus.396 Das AT nennt Casel die Geschichte von menschlichen Bundesbrüchen, und dennoch knüpft Gott immer wieder neu den Bund mit dem Menschen. Das Ziel dieser nicht abreißenden Liebesangebote ist die Vorbereitung und zugleich Hindeutung auf den ewigen Ehebund in Christus. Erst Christus wird zum wahren Bräutigam. Casel schreibt dazu:

„Die Bundesbrüchigen töten den Herrn Jesus Christus; aber in seinem Blute beginnt nunmehr der Ewige, Neue Bund. Das ist der ‚schauervolle’ (Ex 34,10) Erweis der Treue Gottes, dass Gott durch das Blut seines im Eidbruch getöteten Sohnes dem wahren Israel die Treue hält. So erweist er sich als der wahre Bräutigam, der seine Braut sucht und sie auch findet, aber nicht wegen ihrer Werke, sondern aus Gnade. Wie könnte es eine Braut sein, wenn sie wegen ihrer Werke erwählt wäre!“397

Die Erschaffung des Menschen als Frau und Mann, als Braut und Bräutigam spiegelt im Abbild die Liebe des Schöpfers zum Geschöpf wider. Das Gebot Gottes an Adam ist ein Beweis für die freie Agape zwischen Gott und Mensch, d.h., dass der Mensch aus freier Entscheidung heraus sich Gott zuwenden soll, denn nur eine aus Liebe gewonnene Seele kann ganz Braut sein. Die Beziehung Braut-Bräutigam ist jedoch da auseinander gerissen, wo die Macht der Sünde das Liebesband zerstört. Casel kommt in seiner Analyse zum Resümee, dass die Geschichte der Menschheit nach der Sünde des Adam als ein Liebeswerben Gottes um die verlorene Braut anzusehen ist. Gott zeigt sich als liebender Bräutigam und gibt der Braut Hoffnung, zum verlorenen Paradies durch die einmalige Schuldentilgung zurückgeführt zu werden.398 Der Christ lebt im Jetzt noch in der Sünde, sucht zugleich jedoch nach Erlösung. Da er dem Pneuma nach schon in der übernatürlichen Existenz lebt, lebt er auch schon im zukünftigen Äon in der Gottesherrschaft. Der Christ ist in Christus und Christus ist in ihm. Casel nennt dies das Mysterium des Neuen Bundes. Was für den Einzelnen gilt, gilt im Besonderen für die Braut Ekklesia als Ganzes.399

Casels Blick zu den Kirchenvätern findet das Bild der Erschaffung der Frau als Bild für die Bildung der Kirche. Die Frau aus der Rippe des Mannes, als nicht unmittelbar aus der Hand Gottes, deutet er als die Abhängigkeit und zugleich innigste Lebensgemeinschaft: Die Ekklesia entstammt der Seite Christi, dem zweiten Adam. Sie ist aus seinem Herzblut hervorgegangen, indem sich Christus für sie hingab, d.h. die Ekklesia ist Braut Gottes durch den Menschen Jesus Christus, durch seinen Leib.400 Das Bild der Einheit von Mann und Frau wendet Casel wiederum direkt auf die Einheit von Christus und Ekklesia in dem einen Christus an.401 Christus selbst nennt sich Bräutigam.402 Die Ekklesia ist als Gesamtheit die jungfräuliche Braut Christi und ihm gegenübergestellt.403 Die Qualifizierung der Kirche als Jungfrau rührt aus der Ansicht heraus, dass die Ekklesia allein dem Bräutigam, dem menschgewordenen Logos, angehört, der sie durch das Pneuma heilig hält. Aus diesem Privileg ergibt sich die untrennbare Einheit, die die Ekklesia befähigt, mit dem Bräutigam ins Allerheiligste zu gelangen.404 Der paulinische Gedanke des mystischen Ehebundes von Christus und Ekklesia durchflutet die Caselsche Ekklesiologie sehr deutlich. Das Liebesverhältnis kennzeichnet die Beziehung ja als eine Agape gebundene und nicht gesetzlich festgeschriebene Verbindung. Das Pneuma, der Lebensatem, eint beide, als Ergebnis der Brautwerbung des Herrn um seine Braut. Die werbende Liebe lässt, nach Casels exegetischer Analyse von Eph 5,29, die Ekklesia als selbständige Größe erscheinen, die ihr höchstes Glück darin findet, sich in freier, ungezwungener Liebe ihrem Bräutigam Christus zu unterwerfen. Da die Ekklesia aus der Seite des neuen Adam entstammt, ist sie die neue Eva, die durch das Blut gereinigt und geheiligt, sein heiligendes Pneuma erhalten hat und nun in einem Pneuma, als Pneuma von seinem Pneuma lebt. Der Dank der Ekklesia drückt sich dabei in der freien Gegenliebe aus. Casel geht noch einen Schritt weiter und sieht nicht nur die Einheit im Pneuma, sondern zugleich eine Einheit im Wesen vorliegen. Durch die Erniedrigung Christi wurde die Ekklesia nach der Erhöhung mit empor getragen.405 Die freie Agape ist der Mittelpunkt der „Vermählung“. Christus selbst ist diese Agape, in der er sich frei erniedrigt und diese Agape kann nicht sterben, weil sonst Gott sterben würde.406

Casel entwickelt ein Ineinander einer innigen Agapebeziehung von Christus und Ekklesia, die ähnlich wie schon beim Leib-Bild eine Untrennbarkeit erkennen lässt, die wiederum für unser Thema von Bedeutung ist, wenn von einem dezidierten Opfer der Kirche gesprochen werden soll. Zugleich erscheint im Bild der sich frei schenkenden Liebe der Ekklesia ein möglicher Ansatzpunkt für die Erklärung dieses Opfers der Kirche. Zu fragen bleibt zunächst einmal, wann und wo die Beziehung Christus – Ekklesia beginnt?

Die Eucharistie als Opfer der Kirche

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