Читать книгу Plötzlich allein: Wenn der Partner stirbt - Wie Sie das Leben alleine meistern und Schritt für Schritt ins Leben zurückfinden - Miriam Schöndienst - Страница 8
1.3 Schockstarre und Pragmatismus
ОглавлениеDer Tod eines nahestehenden Menschen kann einen völlig lähmen. Man erlebt sich als unfähig in einem fast stuporähnlichen Zustand (also in psychischer und motorischer Erstarrung). Meist hält diese Starre nicht lange an, sondern wandelt sich in eine Art Erschöpfung. Die Phase, in der jemand vom Tod eines Liebsten Kenntnis erhält, ist besonders sensibel. Gerade wenn der Tod plötzlich durch einen Unfall oder ähnliches kommt, muss zunächst überhaupt realisiert werden, dass jemand gestorben ist.
Nicht selten beginnt man zu telefonieren und leugnet die Tatsache schlichtweg. Der andere geht nur nicht an sein Handy, aber er lebt. Es muss eine Verwechslung vorliegen. Danach setzt der Schock ein und man kann erst einmal gar nichts tun.
Andere fahren einfach in ihren Tätigkeiten fort. Sie wollen und können nicht realisieren, was passiert ist. Sie agieren wie nach einem Autounfall, stehen auf und laufen weiter. Der Körper schützt sich mit dieser akuten Belastungsreaktion. Der Adrenalinanstieg sorgt dafür, dass Schmerzen unterdrückt werden. Diese neurobiologische Hochstresssituation kann zu einem Trauma führen, wenn nicht regulierend eingegriffen wird. Das ist jedoch oft schwierig, weil nicht kenntlich ist, was im Inneren des Trauernden passiert. Man selbst kann die Situation nicht wahrnehmen und adäquat (angemessen) reagieren. Der hormonelle Cocktail setzt einen außerstande, sich situationsspezifisch zu verhalten.
Doch auch Menschen, die sich vermeintlich „besser“ im Griff haben, können zu Übersprungshandlungen neigen. In dem Fall sind nicht nur irrelevante (unerhebliche) Ersatzhandlungen gemeint, sondern zum Beispiel der Wunsch, durch Arbeit, das Verrichten von alltäglichen Tätigkeiten oder einfaches „Weitermachen“, den Zustand vor dem Tod wiederherzustellen. Man flüchtet in die vermeintliche Normalität, in den Zustand, in dem noch alles in Ordnung war.