Читать книгу Plötzlich allein: Wenn der Partner stirbt - Wie Sie das Leben alleine meistern und Schritt für Schritt ins Leben zurückfinden - Miriam Schöndienst - Страница 9

1.4 „Ich fühle gar nichts“

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Viele gehen mit sich selbst hart ins Gericht. Sie erleben den Tod zunächst als reines Faktum und realisieren innerlich nicht, was passiert ist. Dieses Nicht-Fühlen wird als Herzlosigkeit gesehen oder als Unfähigkeit zur Empathie klassifiziert. Die Ursache kann auch hier in einer einfachen Schutzreaktion der Psyche liegen. Die im Körper agierenden Neurotransmitter (Botenstoffe) und Hormone befrieden die Situation. Ihre Zusammensetzung verändert sich so, dass der Körper aktionsfähig bleibt.

Diese Aktionsfähigkeit wird ebenfalls durch unsere evolutionäre Entwicklungsgeschichte begründet. Es war in Urzeiten notwendig, dass wir rechtzeitig und schnell flüchten konnten. Drohte Gefahr, reagierte der Körper mit einer Steigerung des Adrenalin-, Dopamin- und Serotoninspiegels. Damit konnten wir uns fokussieren. Das ist noch heute so.

Wenn Sie nichts fühlen, hat das nichts mit Gefühlskälte zu tun, sondern einfach mit einem Schutz, den Sie auch nicht willentlich beeinflussen können. In dem Moment, in dem diese organischen Vorgänge ablaufen, sind Sie außerstande, auf sich selbst einzuwirken. Sie können nicht weinen. Nicht, weil Sie der Tod nicht trifft und auch nicht, weil Sie den Verstorbenen nicht geliebt haben, sondern weil Ihr Körper Sie schützt.

Geben Sie sich Zeit und warten Sie, bis Sie innerlich zur Ruhe gekommen sind. Der Schmerz wird sich dann wellenartig einstellen. Das hat nichts mit Moral oder Einstellung zu tun. Diese Vorgänge verlaufen automatisch, allerdings auch individuell.

Warum der eine in Tränen ausbricht und der andere „nichts fühlt“, ist bis heute nicht geklärt.

Plötzlich allein: Wenn der Partner stirbt - Wie Sie das Leben alleine meistern und Schritt für Schritt ins Leben zurückfinden

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