Читать книгу Winternacht bei Tiffany - Nena Siara - Страница 19

TIFFANY

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22:10 Uhr

8 Stunden und 50 Minuten bis zum Ende der Winternacht bei Tiffany

Draußen schneite es immer heftiger. Auch Tiffany kannte die Geschichte um den Schneesturm 1888. Schließlich hatte sie allein schon aufgrund der Namensverwandtschaft jegliche Informationen über die Gründung des Juweliergeschäfts in sich aufgesogen wie andere Kokain. Vielleicht würden sie hier tatsächlich eine warme, bewegte Nacht verbringen, während New York einen weißen Stillstand erlebte.

„Das war gut! Cheers!“ Sie hielt ihr Glas zu den beiden Männern und sie stießen ihre Gläser aneinander wie alte Freunde nach der anstrengenden Renovierung einer Vier-Zimmer-Wohnung. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach ist und dazu noch so viel Spaß macht“, fuhr sie fort. „Und ich hätte nicht gedacht, dass du so freundlich zu uns bist und dein Handwerk trotz der Umstände professionell durchziehst. Kompliment, Josh!“

„Na ja. Ich ehrlich gesagt auch nicht. Aber bei Schmuck kann ich nicht anders. Besonders, wenn er wie die Faust aufs Auge passt.“ Josh lachte und nahm einen kräftigen Schluck. „Ich meine, für wen sonst ist dieser rebellische Schmuck kreiert, wenn nicht für jemanden wie Sie? Ich bin mir sicher, dass selbst Tiffanys Designer das so sehen werden, wenn sie die Bilder im Internet entdecken.“ Tiffany stimmte in sein Lachen ein. „Warum haben Sie sich beim Shop-Catching für Tiffany entschieden?“, fragte Josh unvermittelt. „Wirklich nur wegen Ihres Namens?“

Tiffany wurde ernster und stellte ihr Glas vor sich auf die Treppe. Lester hatte sich auf einen der beiden leeren Stühle gesetzt und hielt wie eine Statue die Pistole ohne Unterbrechung auf Degenhardt gerichtet, der auf der Treppe saß. Tiffany saß eine Stufe weiter unten und lehnte am Geländer. Nun streckte sie ein Bein aus. Wenn sie eins nicht wollte, dann eine Mitleidsgeschichte erzählen und das Klischee vom vernachlässigten Kind bedienen. Nein! Es musste eine Geschichte her, die begeisterte.

Sie schluckte ihre Schwermut mit einem Schluck Gin Tonic hinunter, legte ein heiteres Lächeln auf und begann die Show. „Das werden Sie mir sicher nicht glauben. Es ist ein wenig skurril“, begann sie und sah ihn fragend an.

„Die ganze Nacht hier ist skurril. Was könnte mich da noch schockieren?“, gab er zurück und trank ebenso einen Schluck.

„Der Mann, der 1888 der einzige Kunde bei Tiffany war, war mein Urgroßvater. Meine Urgroßmutter war eine strenge Frau, typisch für jene Zeit eben. Die Männer arbeiteten hart und die Frauen trugen die Verantwortung für einen Haushalt im Vorzeigecharakter. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, wurde das auch durchgeführt, und so war es jener Tag, an dem sie das Silberbesteck ihrer Mutter putzen wollte. Komme was wolle. Sie schickte meinen Urgroßvater zu Tiffany, und dieser wagte nicht zu widersprechen. In dieser Nacht wurde ein Kind gezeugt: meine Großmutter, die den Namen Tiffany bekam. Seitdem wird diese Geschichte weitergetragen. Auch meine Mutter wurde so genannt und zuletzt nun ich. Zur Geburt meiner Großmutter schenkte mein Urgroßvater seiner Frau dann einen Ring von Tiffany. Er ist immer weitervererbt worden, wenn eine Tiffany ein Kind gebar, bis zu meiner Mutter. Wenn ich ein Kind bekomme, dann werde ich ihn tragen dürfen.“

Bei den letzten Sätzen hatte sie wohl ein wenig dick aufgetragen und die Unglaubwürdigkeit unterstrichen, aber die Geschichte hatte Tiffany in Fahrt gebracht. Die Lügenbaronin von New York war erwacht.

Josh Degenhardt hatte aufmerksam zugehört. Tiffany beäugte ihn neugierig und versuchte, im Dämmerlicht der Kerzen seine Gedanken zu erraten und herauszufinden, ob er ihr die Story abnahm. Ein Moment der Stille trat ein. Die Autos auf der Wall Street fuhren langsamer und seltener. Der Schnee bremste die Hektik der schnellen Weltstadt auf Schneckentempo.

„Was für eine Geschichte!“ Josh hielt sein Glas in die Höhe und forderte die beiden Geschwister mit dieser Geste auf, darauf anzustoßen. Die Gläser klirrten. Alle nahmen einen Schluck. „Und Sie? Was führt Sie in die Geschäftsetage der Marke?“, wollte Tiffany wissen.

Winternacht bei Tiffany

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