Читать книгу Winternacht bei Tiffany - Nena Siara - Страница 24

JOSH

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23:59 Uhr

10 Stunden und 1 Minute bis zur Ladenöffnung

Diese Verrückte! Keine Ahnung, wie er aus dieser Sache hier rauskommen sollte, aber irgendwas bremste ihn, nicht ständig den Alarmknopf drücken zu wollen. Er verstand sich selbst nicht mehr, kamen doch genügend Kundinnen, reiche Kundinnen, denen er ohne Weiteres die gleichen Schmuckstücke anlegen konnte, wobei er auch noch Provision verdiente.

Josh hatte keine Ahnung, was hinter der Pfauenmaske steckte. Die Stimme der Frau klang fantastisch, und er erwischte in ihrer Gegenwart seine kriminelle Ader in flagranti. Wer wusste, wo diese Anwandlungen herkamen?! Möglicherweise trugen tatsächlich alle dieses Gen in sich, das wie ein Herpes nur auf seinen Ausbruch wartete.

„Lassen Sie uns ins Obergeschoss gehen. Dort ist auch der Lieferantenaufzug.“ Eine neue Möglichkeit zu flüchten, aber sie rückte in Anbetracht der Elsa-Peretti-Pizzagarnitur völlig in den Hintergrund. Er musste völlig den Verstand verloren haben! Sein Herz machte Luftsprünge und er konnte die Treppe nicht schnell genug hochlaufen. Den Lauf des Dicken im Nacken ignorierte er, auch wenn er ihm, je länger die Waffe steif auf ihn gerichtet war, zunehmend Respekt einflößte.

„Licht wäre nicht schlecht. Darf ich?“, fragte er, als sie oben ankamen, und deutete auf die Tischlampen.

Die junge Frau nickte, und Josh knipste die Lampe an. „Ich würde diesen hier nehmen“, fügte er hinzu und deutete diesmal auf einen Tisch nahe den Vitrinen, die mit dem herrlichen Peretti-Geschirr bestückt waren. Wieder ein Nicken. Entschlossen fing er an, den Tisch mit allem zu decken, was die Vitrine an Silbergeschirr zu bieten hatte. Drei Teller aus purem Silber, den Pizzaschneider aus der Kollektion, der auf seinen heutigen Auftritt gewartet hatte und von dem Josh sich wünschte, ihn im Internet auf der Seite der Shopnapper wiederzufinden. Silberne Messer und Gabeln, von denen er sich nicht sicher war, ob seine beiden ungeladenen Gäste sie überhaupt benutzen würden. In die Mitte stellte er die aus mundgeblasenem venezianischem Glas gearbeitete Kuchenplatte und freute sich, sie selbst einmal ausprobieren zu dürfen.

Tiffany beobachtete jeden Handgriff und nickte ihm immer wieder anerkennend und mit einem breiten Lächeln zu. Sicher konnte das junge Mädchen in Sachen Tischmanieren noch einiges von ihm lernen.

Plötzlich fühlte er sich wie ein Vorbild, nicht wie das Opfer von Verrückten. Man konnte aus seiner Situation schon etwas machen, wenn man sich nicht weichkochen ließ. Und das hatte er heute Nacht nicht vor.

„Wir müssen mit dem Aufzug nach unten und dann noch zwei weitere Räume passieren. Alles ist mit Sicherheitscodes und Kameras ausgestattet.“

„Ok, Josh. Kein Problem. Wir sind uns ja einig. Wir wollen alle unsere Pizza essen. Und ich denke doch, dass du nicht für drei gedeckt hättest, wenn du schon wieder weglaufen wolltest.“

„Meine Füße wollen, aber mein Verstand rebelliert und ruft: Bleiben!“ Er drückte auf den Knopf des Fahrstuhls. „Ich schätze, die Pizzen werden jeden Augenblick geliefert.“

„Ja, wir können schon nach unten fahren.“ Tiffany stellte sich neben ihn. Der dicke Bruder und sein Lauf folgten Josh wie Schatten. Der Aufzug hielt und die Türen öffneten sich. Die drei traten ein und Josh bemerkte, wie Tiffany nervös hin und her wackelte und mit den Händen zappelte. Wahrscheinlich war ihr doch nicht ganz wohl dabei, gleich dem Pizzaboten die Tür zu öffnen.

Den Dicken dagegen ließ das völlig kalt. Eine komische Figur. Einerseits machte er Josh langsam wirklich Angst, andererseits sah er mit seiner Hundemaske so albern aus, dass Josh bei seinem Anblick permanent hätte lachen können.

Die Türen schlossen wieder.

„So langsam bekomme ich Hunger. Wenn ich jetzt zu Hause wäre, hätte ich längst etwas gegessen“, bemerkte er, um die Stimmung ein wenig aufzuheitern. Eigentlich war es nicht seine Aufgabe, für gute Laune zu sorgen, aber irgendwie fühlte er sich an diesem Ort fast für alles verantwortlich. Vielleicht weil er, wie er vermutete, hier der Älteste war.

Der Fahrstuhl hielt eine Etage weiter unten an. Die Türen öffneten sich, und das Licht im Raum ging automatisch an.

„So, hier entlang.“ Die Gruppe bewegte sich durch einen kargen Raum bis zur anderen Seite, an der sich eine weitere Tür befand. „Hier muss ich meine Karte noch einmal einstecken und einen Code eingeben. Nur damit Sie Bescheid wissen und Ihr Bruder nicht auf falsche Gedanken kommt.“ Der dumme Hund blieb weiterhin starr.

„Alles klar!“, sagte Tiffany und wackelte in ihrem Kleid neben ihm her.

Josh holte die Karte aus der Tasche seines Jacketts, schob sie in den Schlitz und drückte den Code, woraufhin sich die Tür öffnete. Kameras verfolgten ihren Weg. Ein schmaler Gang führte zum Ausgang. Bei Tiffany funktionierte alles wie in Escape Rooms: Man kam immer nur einen einzigen Gang weiter und musste jedes Mal neue Aufgaben erfüllen. Ein verrücktes, aber völlig sinnvolles Sicherheitssystem.

Ein großer Bildschirm zeigte nun der Gruppe, was außen auf sie wartete. Natürlich hätte Josh die Tür hinter sich zuschlagen und davonrennen können, sobald der Pizzabote eintraf. Aber die beiden alleine im Verkaufsraum lassen? Wer konnte wissen, ob sie dann nicht größeren Schaden veranstalten würden, als sie es sich eigentlich vorgenommen hatten?

„So! Jetzt müssen wir nur noch warten, bis der Pizzabote klingelt“, erklärte er überflüssigerweise, als wüssten das nicht alle. Wie bestellt und nicht abgeholt standen sie in dem schmalen Flur herum, der zum Ausgang führte. Minuten vergingen, in denen keiner etwas sagte.

Josh wartete ab und beobachtete die beiden. Er beäugte noch einmal die Schmuckauswahl, die er der Frau um den Hals und ihren Körper gelegt hatte. Es sah wirklich fantastisch aus. Zu gerne hätte er unter die Pfauenmaske geblickt. Wie alt mochte sie sein?

„Wie alt sind Sie?“ Kaum hatte er es ausgesprochen, war ihm die Frage unangenehm.

„Fünfundzwanzig“, sagte sie ganz nüchtern, als hätten sie sich in einer Kneipe kennengelernt. Sie hatte ihm tatsächlich ihr Alter verraten.

Noch bevor sich Josh darüber Gedanken machen konnte, klingelte es an der Tür. Durch die Kamera konnte er zwei verschneite Männer erkennen. Einer stützte ein Moped, der andere hatte drei Pizzen auf seinem Arm.

„Soll ich aufmachen?“, fragte er Tiffany und den Hund, der sich mittlerweile hinter die Tür verabschiedet hatte. Beide nickten, und Josh öffnete.

Winternacht bei Tiffany

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