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Wie funktioniert die epigenetische Uhr?

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STEVE HORVATH, der deutsche Professor für Humangenetik und Biostatistik an der University of California Los Angeles, hat die Erkenntnisse zur Epigenetik geschickt genutzt, um für eine wissenschaftliche Sensation zu sorgen: ebenjene epigenetische Uhr. Wenn ein Biostatistiker von einer »Uhr« spricht, findet man von einem Uhrwerk natürlich keine Spur. Es geht hier vielmehr um die algorithmische Auswertung der Methylierungsmuster (siehe auch die beiden vorherigen Seiten) Tausender Probanden.

Es lässt uns schon staunen, dass Horvath schließlich 353 CpG-Inseln im Meer unseres Erbguts identifizierte, die eindeutige Aussagen über den Alterungsstatus einer Person zulassen. Er konnte mithilfe großer Datenmengen das Methylierungsmuster – eine Art Chiffre – für das chronologische, kalendarische Alter eines Menschen definieren. Weist also das Geburtsdatum im Pass ein Alter von 64 Jahren auf, hat die Horvath-Uhr die entsprechende Methylierungschiffre dafür. Und nun kommt es: Horvaths epigenetische Uhr misst Abweichungen von dieser Chiffre. Erkennt die Uhr zum Beispiel ein Methylierungsmuster, das einem 72-Jährigen entspricht, dann ist dieser Mensch biologisch acht Jahre älter, als in seinem Pass verzeichnet. Sein Sterberisiko wäre damit laut Einschätzung der Forscher doppelt so hoch wie bei einem Menschen, dessen Methylierungsmuster dem Durchschnitt aller Probanden entspricht, bei denen chronologisches sowie biologisches Alter übereinstimmen. Sprich: Der biologisch 72 Jahre alte 64-Jährige wäre für Alterskrankheiten doppelt so anfällig wie die biologisch 64-Jährigen. Umgekehrt: Misst die epigenetische Uhr bei einem 64-Jährigen ein Methylierungsmuster, das dem eines 57-Jährigen entspricht, halbiert sich mit einiger Wahrscheinlichkeit dessen Sterberisiko, und Alterskrankheiten dürften deutlich später auftreten.

Die epigenetische Uhr als eine Art algorithmische Version des grimmschen Märchens vom Gevatter Tod? Da brennt in der Höhle für jeden ein Lebenslicht, die eine Kerze ist kurz, die andere lang, und wenn sie erlischt, stirbt der Betreffende schließlich. Und die epigenetische Uhr enthüllt die Kerzenlänge für jeden von uns? Gruselige Vorstellung.

Doch ich kann Sie beruhigen: Genau das Gegenteil ist der Fall. Denn die epigenetische Programmierung ist zwar umweltabhängig und alterstypisch, aber sie ist eben auch reversibel. Nehmen wir zum Beispiel den Faktor Stress. Wir wissen: Stress macht alt, denn Stress führt wie Alterung zur Verringerung der Methylierung der CpG-lnsel am FKBP5-Gen (siehe Abbildung auf der nächsten Seite). Da eine Methylierung quasi ein Aus-Schalter für die Genaktivität ist und dieser Aus-Schalter jetzt wegfällt, wird dieses Gen stärker abgelesen. Leider führt das zu Entzündungsreaktionen. Will heißen: Stress bewirkt Entzündung. Aber: Eine Stressminderung kann die ursprüngliche Methylierung tatsächlich wiederherstellen. Die Epigenetik kann also durchaus Spiegel unseres Lebensstils sein!

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