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DIE MITTELMEER-DIÄT – EINE DER FORMELN FÜR LANGLEBIGKEIT?
ОглавлениеDas Beispiel Pizza steht leider für etliche der fatalen Irrtümer einer »mediterranen Kost«, die nur noch als Etikettenschwindel bezeichnet werden kann. Viel zu große Nudelportionen, völlig aus der Tradition gefallene Sahnesoßen und Süßspeisen (wie etwa Tiramisu) und sämtliche Negativeffekte der hochverarbeiteten industriell produzierten Lebensmittel haben mit der Vokabel »gesund« rein gar nichts mehr zu tun. Dazu kommt, dass in sehr vielen Regionen der Mittelmeerländer auch traditionell bis heute nicht wirklich gesund gekocht wird. In Norditalien stehen beispielsweise Rind und Schwein sehr häufig auf der Speisekarte, Butter sowie Schweineschmalz regieren die Küchen – Fisch kommt im besten Fall als Stockfisch auf den Tisch.
Was möchte ich Ihnen mit diesem Exkurs nun ans Herz legen? Ganz einfach: Mittelmeer-Diät sehr gerne, aber dann bitte die richtige! Der aus Italien stammende VALTER LONGO fasst die »richtige« Mittelmeer-Diät in unserem Interview schließlich wie folgt zusammen: »Gute mediterrane Küche ist Armeleuteküche. Was haben die Italiener gegessen – vor 50 Jahren? Viel Gemüse! Sogar an Brot und Nudeln wurde gespart, weil die Geld kosteten. Als ich in den 1970ern in Süditalien aufwuchs, kam bei uns zu Hause fünfmal pro Woche Pasta e Vaianeia auf den Tisch. Ich fand das natürlich langweilig. Aber heute kann ich das Gericht als perfekte Langlebigkeitsmahlzeit bezeichnen. Es war vollgepackt mit grünen Bohnen, Karotten und grünem Blattgemüse. Wenn man seinen Teller leer hatte, war man satt. Gute Kohlenhydrate, kein Zucker.« Ein Geheimnis der wirksamen Mittelmeer-Diät ist demnach also: das Weglassen!
Mit der Hilfe von VALTER LONGO haben wir die »echte« Mittelmeer-Diät also ziemlich genau definiert:
Eine große Vielfalt an saisonalen und regionalen Gemüsen
Maximal zwei kleine Portionen fettarme Milchprodukte (Joghurt, Käse) pro Tag
Mindestens drei Portionen Hülsenfrüchte pro Woche, abwechselnd Bohnen, Kichererbsen, Linsen
Eine große Vielfalt an Kräutern und Gewürzen, wenig Salz
Getreideprodukte – überwiegend Hartweizen, Couscous, Bulgur, Hirse, Polenta, Reis
Fleisch (kaum rotes Fleisch, dafür Geflügel und Kaninchen) oder Fisch maximal zweimal pro Woche
Süßigkeiten nur zu besonderen Anlässen – stattdessen Nüsse, Samen, Honig
Und was bringt dieses »Armeleuteessen« nun für die Langlebigkeit? Menschen, die sich nach dieser echten Mittelmeer-Diät konsequent ernähren, leben deutlich länger. Das ist in vielen Studien nachgewiesen. Ich liste hier nur die wichtigsten positiven Aspekte auf und folge dabei der Übersicht des Zentrums für Prävention, Ernährung und Sportmedizin am Klinikum rechts der Isar, München: Mittelmeer-Diät-Anhänger leiden deutlich weniger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Krebs und leben – wie gerade erwähnt – wesentlich länger als etwa Menschen in Holland, Finnland oder den USA, die sich landestypisch ernähren. Je »ärmer« die mediterrane Küche ausfiel, desto höher die Langlebigkeit. Die Autoren sprechen von einer »erstaunlichen Wirksamkeit« der »echten« mediterranen Ernährung. In Zahlen ausgedrückt heißt das: ein 25 bis 30 Prozent geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs!
Und noch etwas: Eine neue britische Fünfländerstudie mit 612 Teilnehmern über 65 Jahre (veröffentlicht in der Fachzeitschrift Gut) zeigte, dass von der echten Mittelmeer-Diät die Darmflora, das Mikrobiom, stark profitierte. Altern bedeutet nämlich meist auch einen Verlust der Bakterienvielfalt im Darm – mit dem Effekt, dass der Alterungsprozess beschleunigt wird: stärkere Gebrechlichkeit, steigendes Darmkrebs-, Diabetes- und Fettleberrisiko. Als eine wesentliche Ursache für die positiven Wirkungen der Mittelmeer-Diät wurde in dieser Studie eine Klasse von Inhaltsstoffen genannt, die uns etwas »altbacken« erscheinen mögen, es aber durchaus in sich haben: Ballaststoffe! Also geht’s gleich weiter mit den neuesten Erkenntnissen zum Thema Ballaststoffe und Langlebigkeit.