Читать книгу Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall - Norbert Buchner - Страница 49
Ausbreitung einer bäuerlichen Kultur auf der iranischen Hochebene
ОглавлениеDie iranische Hochebene mit einer mittleren Höhenlage von etwa 1500 Metern über dem Meer wies in den Kaltphasen der Eiszeit ein lebensfeindliches Klima auf. Erst nach einer genügenden Wiedererwärmung nach dem Kälterückfall der Jüngeren Dryas wurde die Hochebene für die Menschen wieder interessant.
Die Besiedelungsgeschichte des iranischen Raums ist wohl nur vor dem Hintergrund der Vertreibung der Menschen aus der Golfebene durch mehrere Fluten zu verstehen. Die Menschen auf der iranischen Seite des Golfmeers gelangten nach ihrer Vertreibung aus den Uferbereichen über die Passagen der Flüsse, die in den Golf mündeten, allmählich auf das iranische Hochland. Eine wichtige erste Pforte war die weite Bucht von Bandar Abbas im Osten mit ihren zahlreichen Zuflüssen. Ein anderer bedeutender Pfad der Ausbreitung war der spätere elamische Königsweg, eine Querpassage vom Tiefland in Khusistan (Susiana) am Nordwestende des Golfmeers durch teils weite und fruchtbare Zagrostäler auf die Hochfläche der Persis. Es stimmt nachdenklich, dass zwei so gegensätzliche Landschaften, das heiße und wasserreiche Tiefland der Susiana, welches wenig über Meeresniveau liegt, und die kühlere Hochfläche der Persis in etwa 1500 Meter Höhe mit einer Verbindung quer durch den Zagros später zum ersten Reich auf persischem Boden werden konnten, des Reiches von Elam, welches schon in der Bibel erwähnt ist. Dies ist wohl nur geschichtlich aus der Zeit der Besiedelung her zu verstehen. Von diesem Gebiet ging auch eine Expansion nach Indien aus, wie dies die schon erwähnten genetischen Untersuchungen gezeigt haben.
Natürlich haben auch andere Flüsse aus dem iranischen Zagros-Gebirge als Wanderwege auf das iranische Hochland gedient, wie Nebenflüsse des Tigris, Karun und Dez, welche die Menschen in die Region von Hamadan am Nordostrand des Zagros-Gebirges und weiter an den wasserreichen Fuß des Elburs-Gebirges in die Gegend von Teheran gelenkt haben.
Der riesige iranische Raum ist bis heute archäologisch noch relativ unzureichend erforscht. Zunächst galt die Aufmerksamkeit der Archäologen im Orient vor allem den in der Bibel erwähnten Stätten und Gegenden sowie den großen Kulturen in der Zweistromebene von Euphrat und Tigris. Lediglich Susa im Osten der sumerischen Ebene wurde schon früh untersucht. Auf der persischen Hochebene und im Zagros lagen archäologische Schätze auch vielfach offen zu Tage, wie die Ruinenstadt Persepolis auf der Persis und die in Felswände gehauenen Gräber der Achämeniden-Könige oder auch große bildliche Darstellungen, wie das Siegesrelief des Darius bei Bisotun oder die Reliefs in Felswänden in den Grotten von Bostan entlang einer Karawanenstraße. Deshalb unterzog man sich dort erst ziemlich spät der Mühe von Ausgrabungen von Ruinenhügeln. Wie schon erwähnt sind in der Gegend von Shiraz und Persepolis von den rund 350 bekannten Ruinenhügeln (Tepes) nur ganz wenige bis zur untersten Schicht erforscht. Überdies wurde die archäologische Forschung dann durch die islamische Revolution und den achtjährigen Krieg zwischen Iran und Irak (1980 – 88) für längere Zeit unterbrochen. Wegen der anhaltenden politischen Unsicherheiten hat sich auch das Deutsche Archäologische Institut (DAI) wieder aus Teheran und auch aus Bagdad zurückgezogen und betreibt dort nur noch zusammen mit einheimischen Partnern Forschung. Ungeahnte archäologische Schätze sind so wohl bis heute noch unentdeckt geblieben.
Im Tiefland der Susiana nimmt man nach dem heutigen Stand der Kenntnis eine Besiedelung seit etwa zehntausend Jahren an. Im Hochland, wie der wasserreichen Gegend von Teheran am Fuß des Elburs-Gebirges, sind die ersten Siedlungen etwa tausend Jahre jünger. Ein langes Klimaoptimum ab etwa 7500 v.h. führte dann wie anderswo auch in den fruchtbaren Zagros-Tälern und auf der iranischen Hochfläche zu einer starken Bevölkerungzunahme, verbunden mit einer Expansion von Menschen und Siedlungen. In dieser Zeit breitete sich – in frappierender Parallele zur Expansion der bandkeramischen Bauern in Europa – auf der iranischen Hochebene der Ackerbau über das gesamte damals brauchbare Gebiet aus. Die Häuser aus Lehmziegeln waren zunächst recht klein und sie zeigten einen zellenartigen Aufbau und auch die Siedlungen beanspruchten nur ein kleines Areal. Nach einem halben Jahrtausend mit überwiegend fruchtbarer Zeit, um 7000 v.h., zog sich der Ackerbau dann mit einem dichten Netz von Dörfern von den Gebirgstälern südlich von Kerman im Süden der Hochebene durch die ganze Hochfläche nach Norden bis in das südliche Turkmenistan. Seine Zentren lagen am wasserreichen Fuß von Gebirgen und in den fruchtbaren Tälern des Zagros. Wie bei den Bandkeramikern in Mitteleuropa wirkt auch die im weiten Raum des Iran angetroffene Kultur lange Zeit recht einheitlich, sowohl hinsichtlich der Bauweise der Häuser und der Dörfer als auch in Bezug auf die verwendeten Rohstoffe, von Dekors und Schmuck, von Werkzeugen und angepflanztem Getreide. Auch die Art der Bestattung – auf der Seite liegend, mit Grabbeigaben neben dem Kopf oder Körper – ist überall identisch. Aus diesen vielen einheitlichen Indizien kann nur auf eine gleiche Herkunft und auf fortdauernde Handels- und Kulturkontakte der Menschen im weiten iranischen Raum geschlossen werden. Auch hier besteht wieder eine Parallele zu den Bandkeramikern in Europa: das kräftige und lange Klimaoptimum hat also in recht unterschiedlichen und weit voneinander entfernten Regionen zur selben Zeit zu vergleichbaren Entwicklungen geführt, einem starken Wachstum der Bevölkerung und einer darauf aufbauenden Expansion in weite geografische Räume, wobei in beiden Räumen enge kulturelle Kontakte über lange Zeit erhalten blieben. Lit. 13.7