Читать книгу Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall - Norbert Buchner - Страница 56
Bergbau in Niederbayern endet im Klimatief
ОглавлениеIn dem zwar von wechselhaften aber insgesamt noch brauchbaren klimatischen Bedingungen gekennzeichneten Beginn der zweiten Hälfte des 5.Jahrtausends v.Chr. entwickelte sich im niederbayrischen Arnhofen bei Abensberg, 30 Kilometer südwestlich von Regensburg, ein schwungvoller „Bergbau“ zur Gewinnung von Plattenhornstein, welcher über weite Entfernungen gehandelt wurde. Der hochwertige gebänderte Plattenhornstein taucht in Fundstätten an Rhein, Ruhr, Weser, in Württemberg, Westthüringen und auch in großen Teilen Tschechiens sowie in Niederösterreich auf.
Hornstein, ein glasartiger Feuerstein, ist ein außerordentlich hartes Material, das bei einem gezielten Abschlag von der Trägerknolle klingenartig abspringt. Damit entstehen unter einer geübten Hand scharfkantige Schneidwerkzeuge, wie Klingen für Messer, Sicheln, Speere und Pfeile, welche in Halter aus Holz oder Horn eingesetzt wurden.
Schon seit einem Jahrtausend waren solche Klingen im Umlauf. In Arnhofen war der Hornstein aber bis dahin nur oberflächig aufgelesen oder in flachen Schürfgrabungen gewonnen worden, denn dort trat eine das Mineral enthaltende Jurakalkscholle offen zu Tage. Nachdem die Oberflächenfunde aber offensichtlich erschöpft waren, begannen die Menschen um 4 400 v.Chr. dem Hornstein in die Tiefe zu folgen. Sie legten zahlreiche vertikale Stollen mit einem typischen Durchmesser von zwei Metern an, welche schließlich eine Tiefe von 8 Metern erreichten und sich an der Sohle glockenförmig erweiterten. Auf einer Fläche von etwa 50 Hektar entwickelte sich so ein intensiver Abbau. Bis zu 650 Schächte pro Hektar wurden niedergebracht und bis zu 18 000 Schacht- und Grubenbauten sind in diesen Jahrhunderten entstanden. In Massen sind heute noch alle Stadien der Geräteherstellung bis hin zu gebrauchsfähigen Stücken auf den Äckern zu finden. Arnhofen wurde so zu einem jungsteinzeitlichen Industrierevier mit einem weiten Handelsnetz für den „Stahl der Steinzeit“. Es entstanden auch spezialisierte Berufe in Bergbau und Steinschmiedekunst, denn das Abschlagen brauchbarer Klingen erforderte Kunstfertigkeit und Erfahrung. In Niederbayern tat sich sogar Wettbewerb auf, denn das untere Vilstal in der Nähe von Passau versorgte sich in dieser Zeit aus eigenen aber kleineren Vorkommen aus einer Mine bei Flintsbach und aus dem Ortenburger Jura.
Gegen 4000 v.Chr. erlosch der Feuersteinbergbau im Arnhofener Revier. Nach üblicher Meinung war die Mine nun weitgehend ausgebeutet. Um diese Zeit hatte aber ein Eisvorstoß im Atlantik zu einer lange anhaltenden Südtrift angesetzt (Abb. 10) und es sind auch 2 große Vulkanausbrüche dokumentiert. Der Klimaeinbruch hat wohl zu wirtschaftlichem Verfall geführt und damit verhindert, dass die Menschen mit ihren Grabungen dem Plattenhornstein in noch größere Tiefen gefolgt sind, denn 8 Meter Tiefe ist keine unüberwindbare Grenze: in Burkina Faso treiben Schatzgräber auf der Suche nach Gold-haltigem Gestein senkrechte Schächte sogar bis in 50 Meter Tiefe vor, deren lichte Öffnung kaum über einen Quadratmeter hinausgeht. Lit. 14.2