Читать книгу Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall - Norbert Buchner - Страница 52
Viehzucht und Fischfang in einer grünen Sahara
ОглавлениеFür Regionen im Nahen Osten, die Levante, den Taurusbogen und das nördliche Zagros-Gebirge, hat sich Mitte des 20. Jahrhunderts der von dem berühmten Archäologen Gordon Childe geprägte Begriff „Fruchtbarer Halbmond“ eingeführt, weil man dort die damals ersten Zeugnisse für Ackerbau gefunden hat. Gesichert ist aber mittlerweile, dass man nicht nur von einem „Fruchtbaren Halbmond“ sprechen sollte, sondern eher von einem girlandenartig weit verzweigten fruchtbaren Gebiet, das sich vom Indus im heutigen Pakistan über fruchtbare Gebiete Persiens und Mesopotamiens und die Levante herüber zieht nach Nordafrika durch die heutige Sahara bis hin zum Atlantik und welches Länder verbindet, welche damals feuchtwarm waren und in denen erste neolithische Kulturen auftauchten.
Wer heute durch die Wüste Sahara fährt oder Bilder dieser Wüste vor sich hat, kann sich kaum vorstellen, dass dieses eintönige und weitgehend vegetationslose Land einmal grün war. Denn mit dem Anstieg der Temperatur nach der Eiszeit stieg auch die Feuchtigkeit in der Atmosphäre und als Folge wurde die Sahara zumindest zeitweise fruchtbar. Es stellten sich mehrfach feuchtere Klimaperioden ein, welche allerdings durch unterschiedlich starke Rückschläge bis hin zu trockenem Klima wieder unterbrochen wurden. Mit der durch astronomische Gründe bedingten Abkühlung der Erde (s.Abb. 5) wurden aber die Feuchtphasen der Sahara durch Zwischenerwärmung immer kleiner – ähnlich wie in der südlichen Arabischen Wüste (Abb. 9) – und es stellte sich der heutige Zustand ein. Klimahinweise zum damaligen Zustand entnimmt man einer ganzen Reihe von Klimazeugnissen, wie früheren Ständen des Wasserspiegels von Seen, Stalagmiten in Höhlen, auch in der Türkei, Israel und im Oman, Foramiferen (Gehäusen von kleinen Schnecken) im östlichen Mittelmeer und im Roten Meer sowie dem Eintrag von durch Winde erodiertem Material im Roten Meer und im Atlantik wie auch dem Abrieb von Gesteinen aus Grönland und Nordkanada, welcher durch Eisberge unterschiedlich weit nach Süden transportiert worden ist.
Wenn man heute in die kahlen und abweisenden Regionen südlich der Zentralgebirge der Sahara kommt, Hoggar, Tassili und Tibesti, ist es schwer vorstellbar, dass diese, ebenso der südliche Teil Mauretaniens, über Jahrtausende von ausgedehnten Seen über weite Flächen bedeckt waren, die jetzt von Dünengebieten oder Seescheiden-Bänken eingenommen werden. Eine beeindruckende Felszeichnung mit Schwimmern im Grenzgebiet von Libyen und Ägypten gibt aber Kunde von den damaligen Verhältnissen. Die Seen wurden von Flüssen gespeist. Einer davon kam mit seinen Quellflüssen aus dem Hoggar- und dem Tassili-Gebirge und floss in den Tschadsee. Die frühere Höhe des Seespiegels konnte rekonstruiert werden: das höchste Niveau lag 80 Meter höher und der See war vier- bis fünfmal größer als heute und seine Ausdehnung übertraf damals sogar das heutige Kaspische Meer! Reste von Fischen finden sich noch 50 Kilometer von den heutigen Ufern entfernt. Die höheren Regionen der Gebirge waren mit Laubwäldern und die niedrigeren mit Pistaziengewächsen, Wacholder und anderen Sträuchern sowie Ölbäumen bewachsen.
Die eigentliche große Grünphase der Sahara begann mit der Erholung von Temperatur und Feuchtigkeit nach dem Einbruch von Trockenheit um 5500 v.Chr., d.h. in dem Klimaoptimum, welches u.a. zur Ausbreitung bandkeramischer Bauern in Mitteleuropa und zum Aufblühen der Donauzivilisation auf dem Balkan, zur bäuerlichen Besiedelung der persischen Hochfläche und zum Entstehen der Halaf-Kultur in Obermesopotamien und der Yarmukia-Kultur in der Levante geführt hat. Als Folge stiegen die Seenspiegel auf einen Maximalwert an. Diese günstige Klimaphase hielt mit Schwankungen etwa 3 Jahrtausende an. Ihre Hochphase ist etwa auf 5200 bis 3000 v.Chr. zu datieren und ihr absolutes Ende auf 2700 v.Chr. Das heutige Libyen profitiert noch von der großen Feuchtperiode der Sahara, denn damals wurden umfangreiche unterirdische Wasserdepots aufgefüllt. Ehrgeizige moderne Bewässerungsprojekte stützen sich noch auf diese Vorräte.
Für die frühe kulturelle Entwicklung Nordafrikas lassen sich zwei Zentren ausmachen. Eines sind die Länder entlang des Mittelmeers. Diese Kultur hat viele Ähnlichkeiten mit anderen des Mittelmeerraums, vor allem jener auf der Iberischen Halbinsel. Im Atlasgebirge findet man auf Felszeichnungen auch Menschenköpfe mit europiden Zügen. Das zweite Zentrum sind die Zonen in und südlich der Zentralgebirge der Sahara.
Zeugnisse für eine künstlerische Tätigkeit – und zum Teil von großartiger Natur – haben diese Menschen von Anfang an hinterlassen und die Kunst der Jäger der Sahara überzieht fast vollständig die Massive der Zentralsahara. Die ältesten Ritzzeichnungen stellen ausschließlich wilde Tiere dar und sie geben uns einen Hinweis auf die Vielfalt der Tierwelt der Sahara in jener Zeit. Das am häufigsten abgebildete Tier ist bemerkenswerterweise der Elefant. Bekanntlich gab es zur Zeit Hannibals noch Elefanten in Nordafrika und die letzten Elefanten, kleinwüchsiger als in Zentralafrika, sind dort erst im 19. Jahrhundert ausgestorben. Weitere Tiere der damaligen Sahara, wie sie uns auf Felszeichnungen begegnen, waren Giraffe, Nashorn, Rhinozeros, Antilope, Schaf und rinderähnliche Tiere.
Die ersten menschlichen Darstellungen aus dem südlichen Bereich zeigen Menschen mit großen Rundköpfen, oft mit einem ganz erstaunlichen naturalistischen Ausdruck. Einige Wissenschaftler glaubten in ihnen sogar Außerirdische zu sehen. Später, zur Zeit der Tierdarstellungen in den Zentralmassiven, vermieden die Menschen naturalistische Selbstdarstellungen. Im Tassili und im Hoggar finden sich nun Felsgravierungen von Antilopen, Vögeln und Katzen, aber auch schon zahlreiche schamanenhafte Wesen, Menschen mit Tierköpfen. Eine recht häufige Darstellung ist ein Mann mit einem Schakalskopf. Diese Zeichnungen weisen schon auf spätere ägyptische Götterfiguren hin. Vermutlich sind manche der späteren religiösen Vorstellungen Ägyptens schon in der Sahara entwickelt worden. Das Niltal war aber in dieser Zeit noch zu feucht für eine menschliche Besiedelung und die alljährlichen Fluten waren bis zu 7 Meter höher als in der modernen Zeit vor dem des Bau des Assuan-Staudamms. Lit. 13.10