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Gute Zeiten bei Omi

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Dort wo Schlechtes in der Überhand ist, dort gibt es zumindest ab und an auch Gutes.

Die schönsten Zeiten verbrachte Stefan bei seiner Omi mütterlicherseits in Schoningen. Dort bekam er das, was er zu Hause bei Eltern und Bruder nie erfahren sollte, Ruhe, Zuneigung, Liebe und Geborgenheit. Wenn Stefan mit den Dorfkindern spielte, dann war er einer von ihnen. Dann tollten sie in der freien Natur, auf Felder, Wiesen und Wäldern umher. Sie bauten Baumhäuser, schossen mit Pfeil und Bogen, fuhren Seifenkistenrennen und erlebten noch viele andere spannende Abenteuer. Es war einfach herrlich, Eltern und Großeltern mussten sich keine Sorgen um ihre Sprösslinge machen. Keine Autos, auf die die Kinder aufpassen mussten und kam doch mal eines gefahren, ja dann hatten selbstverständlich die Kinder Vorfahrt. In der Stadt wäre so ein unbeschwertes Spielen nicht möglich gewesen. Wenn es dann Abend war und alle wieder nach Hause mussten, dann ging auch Stefan glücklich und zufrieden zu seiner Omi. Dort hatte sie das Wasser auf dem Kohleherd bereits heiß werden lassen damit Stefan sich den Dreck vom Tag abwaschen konnte, dann noch zu Abend gegessen und bald ins Bett um sich glücklichen Träumen hinzugeben.

Was Stefan besonders angenehm in seiner Erinnerung blieb waren die Hühner. Wenn er bei seiner Omi in der Wohnküche saß, die Sonne schien und nichts weiter als das Gegacker der Hühner zu hören war, die damals fast alle der Bewohner hatten. Ja dort konnte er schon als Kind abschalten. Es wirkt sich noch heute beruhigend auf ihn aus. Stefan konnte in diesen Zeiten anstellen, was er wollte, böse oder laute Worte hörte er in dieser Umgebung nie, wie schön war doch die Zeit. Doch leider geht auch die schönste Zeit einmal vorbei und er, der Stefan musste wieder zurück zu seiner Ursprungsfamilie in die Stadt.

Dort in der Stadt Schweinfurt konnten Stefan und seine Stadtfreunde auch gut spielen, es war aber mit dem Land nicht zu vergleichen. Das Haus in dem Stefan aufwuchs, stand direkt neben einer der großen Fabriken. Das Klirren der bearbeiteten Kugellager war laut und begleitete die Anwohner von früh um sechs bis in die Nacht um elf Uhr. Wenn man aus dem Fenster sah, konnte man den schweren Dampflokomotiven bei ihrer Arbeit zusehen. Die Schornsteine der Fabriken stießen unaufhaltsam ihren dicken schwarzen Rauch aus und verteilten ihn über die ganze Gegend. Damals galt noch, je schwärzer der Rauch, umso besser war die Auftragslage. An Umweltschutz dachte zu dieser Zeit noch niemand. Die Kids hier spielten in Hinterhöfen auf Gehwegen, Schrottplätzen und Ruinen von im Zweiten Weltkrieg zerbombten Fabriken. Die Folgen des letzten Krieges waren noch überall sichtbar. Schweinfurt hatte große Kriegsschäden und war im Zweiten Weltkrieg oft Ziel der alliierten Bomberflotten, die dann ihre tödliche Fracht über dem Stadtgebiet abließen. Man wollte damals die kriegswichtige Kugellagerindustrie ausschalten. Es waren Häuser vorhanden, die nur noch ein oder zwei Stockwerke hatten. Mit einem Notdach aus Holz und Teerpappe versehen, Häuser mit Einschusslöchern usw. Auch fand man 25 Jahre nach Kriegsende noch komplett zerstörte Häuser. Natürlich gab es hier mehr Gefahren als auf dem Dorf.

So wollte sich im Winter Stefan einmal die Hände wärmen und kam auf die glorreiche Idee dies am Auspuff eines laufenden Automotors zu tun. Zum Glück bemerkte dies eine Frau, die wie so viele vorbeikamen und zog Stefan vom Auspuff weg und erklärte ihm, dass er sich dabei vergiften und sterben würde. Das war ihm damals eine Lehre, sodass er diesen Blödsinn nie mehr machte.

Ein weiteres Erlebnis hatte Stefan in der Nähe eines der Schweinfurter Bahnhöfe. In den 1960er Jahren liefen auf dem Fernseher sehr viele Western. In den Filmen waren die Indianer immer die besten Fährtensucher. Dort wurde auch oft genug gezeigt wie die Scouts feststellen, ob ein Eisenbahnzug kommt. Sie legten sich mit ihrem Ohr auf das Gleis und konnten so das herannahen eines Zuges hören. Nun Stefan wollte das auch mal ausprobieren. Es war auf dem Gleis zwischen dem Schweinfurter Hafen und dem Sennfelder Bahnhof. Stefan legte sein Ohr genauso auf wie er es im Fernsehen gesehen hatte. Plötzlich hörte er das Rauschen in der Schiene, oh klasse jetzt kommt einer dachte sich Stefan noch, als im selben Moment eine laute Lockhupe zu kreischen begann. Er sprang vom Gleis, drehte sich in die andere Richtung und da sah er dem Lokführer direkt in die aufgerissenen Augen. Beinahe hätte ihn der Zug überfahren. Jetzt wurde es dem neunjährigen Stefan ganz anders, war er doch eben um ein Haar dem Tod entronnen. Das entsetzte Gesicht des Lokführers hat Stefan noch heute vor seinen Augen.

Kaviar zum Nachtisch

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