Читать книгу Kaviar zum Nachtisch - Norbert Sandmann - Страница 22

Auf Wanderschaft

Оглавление

Stefan war nicht älter als sieben Jahre als ihm der Gedanke kam die Gegend zu erkunden. Das tat er von jeher leidenschaftlich gerne. Er lief mutterseelen alleine von zu Hause los, um die Gegend zu erkunden. Anfangs waren es nur kleinere Wege die er zurücklegte, die mit der Zeit sich immer weiter ausdehnten. Gab es doch in einer Stadt wie Schweinfurt viel zu entdecken. Es waren neue unbekannte Straßen und Gebäude, neue Spielplätze und Parkanlagen zu erkunden. Zum Schluss reichten seine Ausflüge von der Stadtmitte, wo er mit seinen Eltern und dem Bruder wohnte, bis hin zu der Erholungsanlage „An den Eichen“. Diese lag am anderen Ende der Stadt und Stefan musste, um dort hinzukommen ca. 4 km laufen. Wenn er solche langen Strecken wanderte, kam es ab und an auch vor, dass Stefan mal auf Toilette musste. Da Stefan schon immer ein großes Grundvertrauen besaß, klingelte er irgendwo an einem Wohnhaus. Wenn dann geöffnet wurde, fragte er ganz höflich, ob er mal das Klo benutzen dürfte, bis auf wenige Ausnahmen konnte sich der Steppke erleichtern.

Ein andermal war wieder eine andere Gegend dran. Mal wurde der Stadtteil Bergl erkundet, ein andermal war die amerikanische Wohnsiedlung „Askren-Manor“ dran.

Der Hafen durfte nicht fehlen, so sollte er Schweinfurt ziemlich gut kennenlernen. Wenn man bedenkt, dass er damals erst sieben Jahre alt war, ja dann würden sich heutige Eltern die Haare raufen. Können doch die heutigen Kids sich kaum noch von ihren Helikoptereltern lösen und werden auf Schritt und Tritt überwacht. Überwacht mithilfe von Handy und GPS-Satelliten.

Jedenfalls wollte sich Stefan eines Tages in Richtung Stadtbahnhof aufmachen. Als er mit seinen sieben Jahren dort ankam und sich alles angesehen hatte, ging es weiter nach Mainberg. Nein er lief nicht den Fußweg entlang am Main, Stefan entschied sich für die viel befahrene Bundesstraße, das war doch interessanter, dort konnte er die vielen verschiedenen Automarken und Typen sehen.

Nun an seinem Ziel Mainberg angekommen, er hatte schon mehr als fünf Kilometer zurückgelegt, überkam ihn die Idee seiner Patin, Tante Odilie in Schoningen einen Besuch abzustatten. Die würde sich bestimmt freuen und ihn am Ende wieder nach Hause fahren. Ui, dass sollte er machen und so ging es weiter bis Schoningen, es waren nochmal zwei Kilometer. Nun als er das Ortsschild von Schoningen erreicht hatte, fiel ihm sein Vati ein. Oh Mist, was ist, wenn er das mit dem Ausflug hierher erfährt? Wird er mich wieder verprügeln, Hausarrest geben oder vielleicht nur Fernsehverbot?

Was mach ich jetzt, zum Zurücklaufen nach Hause reichte die Zeit nicht mehr. Er sah die örtliche Tankstelle, jetzt hatte er auch den richtigen Einfall. Er ging schnurstracks zu der Tanke und erzählte seine Geschichte. Nein nicht was ihn zu Hause erwartete, auch nicht von der Verwandtschaft. Nein, nur das er zu weit gelaufen sei und jetzt eine Fahrgelegenheit zurück nach Schweinfurt suchen würde. Die Frau in der Tankstelle hörte sich seine Geschichte an und meinte, er solle es mal da vorne in der Straße probieren. Am letzten Haus wohnt eine Familie, deren Sohn muss immer mal wieder in die Stadt fahren. Stefan bedankte sich ganz höflich, so wie er es gelernt hatte und marschierte los. An dem kleinen Haus, es war ein als Notunterkunft nach dem letzten Krieg gebautes kleines Haus. Stefan fand keine Klingel, die Türe stand offen, er hörte Stimmen.

Er rief Hallo und ein Junge seines Alters tauchte an der Türe auf. Stefan sagte ihm das Gleiche wie der Frau in der Tankstelle. Dieser rief seine Mama her, sie hörte sich die gleiche Geschichte an und meinte komm erstmal rein du kleiner Mann. Ui war das eine nette Frau. Es waren noch weitere Kinder anwesend, da war ein kleines Mädchen, dass auf dem Nachttopf saß und ihr großes Geschäft machte und dann war da noch ein erwachsener Mann. Als der Stefans Geschichte hörte, meinte er sofort er müsse sowieso nochmal in die Stadt fahren und er nehme Stefan mit. Oh klasse, das klappt ja wieder wie am Schnürchen. Er war gerettet und musste nicht mehr mit dem Schlimmsten rechnen. Es war ja auch nicht das erste Mal, dass Stefan sich von wildfremden Leuten nach Hause fahren ließ. Bisher konnte er sie alle davon überzeugen, dass sie ihn nicht direkt bei seiner Familie ablieferten, sondern ein oder zwei Straßen vorher.

Nun der Junge, der Stefan als ersten sah und das kleine Mädchen auf dem Nachttopf sollten Jahre später noch eine Rolle in Stefans Leben spielen. Der Junge wurde zu Stefans sehr gutem Freund und mit dem Mädchen sollte er viele Jahre später posieren. Nun gut der Mann, er war der älteste Sohn der netten Frau und Stefan stiegen in seinem Auto ein. Beide fuhren los und Stefan sagte ihm wo er ungefähr wohne. Nun wollte sein Chauffeur die genau Adresse, um den kleinen Mann direkt bei seiner Familie abzuliefern.

Oh, das durfte nicht sein, da hätte Stefan ja gleich zu seiner Tante gehen können. Sein Vater durfte das nicht erfahren, Stefan wollte nicht schon wieder unsägliche Prügel einstecken. Prügel die langandauernde Schmerzen verursachen würde. Bestimmt wieder mit dem Ledergürtel, Stefan überkam langsam die Angst und Panik. Beide fuhren an Stefans Haus vorbei und bogen nach links in die Schrammstraße ab als Stefan meinte, sie seien da und er könne ihn jetzt herauslassen. Bevor sie anhielten, wollte der Mann wissen welches Haus es sei? Stefan deutete auf das erste Haus und sein Fahrer parkte auf einem freien Parkplatz ein, um Stefan zu Hause abzuliefern. Jetzt bekam der Fahrgast Probleme, denn er musste zugeben, dass er doch nicht hier wohnte. Jetzt reichte es dem Mann und er fuhr Stefan direkt auf die in der Nähe liegende Polizeistation in der Schultesstraße.

Er erzählte dem Beamten seine Geschichte und lies seinen kleinen Mitfahrer auf der Polizei zurück. Nun war die Kuh ins Wasser gefallen. Stefan hoffte, dass nur seine Omi zu Hause wäre. Nachdem Stefan dem fürsorglichen Polizeibeamten seinen Namen und die Adresse genannt hatte, gab er dem Beamten noch eine Bitte mit auf den Weg. Er solle es doch bitte seiner Omi schonend beibringen, sie sei herzkrank und könne keine Aufregung gebrauchen. Der Polizist wusste nun Bescheid und tat es so wie es der Steppke wünschte. Seine Omi holte Stefan kurze Zeit später auf der Wache ab, nicht ohne mit ihm zu schimpfen.

Seinem Vater wurde diese Geschichte nie erzählt und so blieben Stefan die befürchtete Prügel erspart.

Stefan war in dieser Beziehung nicht zu bändigen, er musste einfach immer wieder sein Umfeld erforschen. Bei all seinen Ausflügen und den unzähligen Fahrten mit fremden Autofahrern musste Stefan zum Glück nie schlechte Erfahrungen machen. Auch später noch als Stefan Jugendlicher war, sollte er das Trampen nicht aufgeben. So fuhr er per Anhalter nicht nur im süddeutschen Raum bis hinunter nach München, sondern oft genug auch von der Bundeswehr nach Hause. Seine weiteste Strecke sollte ihn mit neunzehn Jahren von Schweinfurt bis nach Stockholm, die schwedische Hauptstadt bringen. Wenn auch Stefan in seiner Kindheit und seinen frühen Jugendjahren kaum aus seiner näheren Umgebung heraus kam, so hatte er das Reise-Gen doch schon als Kind in sich. Was ihn allerdings noch mehr begeistert als das Reisen an sich, er möchte leidenschaftlich gerne viel über die Lebensweisen anderer Kulturen wissen.

Kaviar zum Nachtisch

Подняться наверх