Читать книгу Kaviar zum Nachtisch - Norbert Sandmann - Страница 5

Charaktere

Оглавление

Vater Johann war ein ekelhafter Choleriker, der immer Angst und Schrecken in der Familie verbreitete. Wer noch die Seifenoper „Ein Herz und eine Seele“ mit dem Hauptdarsteller „Ekel Alfred“ kennt, die in den 1970er Jahren im Fernsehen lief, kann sich ungefähr vorstellen wie sehr die Sippe unter ihm zu leiden hatte. Nur mit einem entscheidenden Unterschied, es gab in der Fernsehserie keine Gewaltexzesse. Er hatte zwei Gesichter, das Eine war sein Outdoorface, mit ihm zeigte er sich außerhalb der Wohnung als liebevoller Familienvater. Es gab noch das andere Gesicht. Seine wahres Fratze kam immer dann zum Vorschein, wenn er seine Maske ablegte. Diese legte er in seinen vier Wänden beinahe immer ab.

Mutter Helma war eine lieblose Frau deren eigene Interessen über denen ihrer Kinder stand. An erster Stelle, so erlebte Stefan seine Mutti, war das Ansehen, welches irgendwelche Menschen auf sie und ihre Familie haben könnten. Wenn sie sich auch um die materiellen Dinge kümmerte, so konnte sie die Nestwärme welche Kinder eben zur Entwicklung brauchen, nicht geben. Sie schaffte es, ihrem Sohn Stefan ein schlechtes Gewissen von frühester Kindheit bis in die Gegenwart zu vermitteln.

Onkel Edwin war ein Mensch, der immer wusste, was richtig war, richtig war immer das was seiner Meinung entsprach, diese musste er alle anderen aufdrängen. Wehe dem, der seinen Ansichten widersprach. In den frühen Jahren von Stefans Leben war er irgendwo auch ein Ersatzvater, er konnte immer zu ihm kommen und auch in späterer Zeit, wenn er praktische Hilfe benötigte. Am besten fuhr seine Gegenüber, wenn sie nicht groß Widerrede gaben und sich stattdessen ihren Teil dachte. Mit Kritik konnte er noch nie umgehen, da reagierte er schnell ungehalten und war oft genug tagelang gekränkt wie ein kleines Kind.

Am allermeisten musste Tante Odilie seine Frau darunter leiden. Auch als Onkel Edwins betagtes Auto ein Teil verlor. Es war ein BMW der 7er Reihe, ein ehemaliges Chauffeur-Fahrzeug. Es hatte schon bessere Zeiten gesehen, der durchgerostete vordere rechte Kotflügel hatte ein großes Loch auf der Oberseite. Onkel Edwin, der Bastler hatte das Ganze mit einem angepassten Alublech repariert. Dazu wurde es entsprechend mit dem Hammer gebogen und mit Nieten befestigt, Farbe drüber und fertig.

Nun fuhr Tante Odilie mit dem Auto als sie von einem Klirren irritiert wurde. Was war geschehen? Vom linken Außenspiegel hatte sich das Spiegelglas gelöst und fiel mit Gescheppere auf die Straße, nun es war danach gesplittert und somit nicht mehr zu reparieren. Tante Odilie wusste was los sein würde, wenn sie nach Hause kommt, da war es auch egal, ob sie etwas dazu konnte oder nicht. Onkel Edwin fing an zu toben und beschuldigte seine Ehefrau mit den Worten „wie kann man nur so blöd sein und den Spiegel verlieren“. Er sprach eine Woche nichts mehr mit Tante Odilie.

Oder als seine Lesebrille zu Bruch ging, er hatte sie selbst auf einem Stuhl abgelegt. Tante Odilie, sie war bereits Dement setzte sich schier auf diesen Platz und ein Knacken verriet, dass das Nasenfahrrad zerbrach. Wieder war das Geschreie und die tagelange Missachtung groß. Ein anderes Mal fuhr er rückwärts aus seiner Garage heraus und übersah das auf der gegenüberliegenden Straßenseite geparkte Fahrzeug von Stefans Mutter Helma. Er sprach mehrere Wochen kein Wort mehr mit ihr, denn wie dreist konnte sie sein, ihren Mercedes dort abzustellen. Hätte er genauso reagiert, wenn statt dem Auto ein kleines Kind dort gestanden hätte?

Einmal schmiss er Stefan aus seinem Haus, er hatte sich für Tante Odilie eingesetzt. Zum Bruch zwischen den beiden kam es, als er Stefans damalige Verlobte Julia beim Gassigehen abfing, sie maßregelte und beschimpfte. Erst die Einschaltung eines Rechtsanwaltes konnte für Ruhe sorgen.

Ludwig, Stefans Bruder hatte als Kind unter dem Vater sehr zu leiden, trotzdem oder vielleicht auch deshalb entwickelte er sich zu einem Menschen mit stark übersteigertem Geltungsbedürfnis. Er wollte von allen bewundert werden, darum entwickelte er sich zum Angeber mit Heiligenschein. Seine erste Schwiegermutter brachte es immer auf den richtigen Punkt. Sie pflegte zu sagen, wenn sie über ihn sprach, „mehr Schein als Sein“, wie recht sie hatte.

Er kaufte sich liebend gerne Getreue, die, wenn der Geldfluss versiegte sich nicht mehr blicken ließen. Seine in „Freunde“ taten es ihrem Gönner gleich, denn auch er ließ nichts mehr von ihm sehen oder hören, wenn seine Mutter ihn am meisten gebraucht hätte.

Menschen die ihm nahe standen, erniedrigte er leidenschaftlich gerne, am liebsten in Anwesenheit Unbeteiligter. So auch, Stefan war dabei, als er seine erste Frau eine zierliche Person mit einem knabenhaften Körper vor der Familie demütigte.

Stefan konnte sie gut leiden, sie solle mal Frau Müller mit dem großen Busen ansehen, sie wäre ein richtiges Eheweib für einen Mann, nicht so wie sie mit den Minibrüsten. Es ging ihm dabei nicht wirklich um ihre Figur, sondern einzig und alleine um die Demütigung.

Dabei stand er, wie sich im weiteren Verlauf seines Lebens zeigen sollte, eben auf Frauen mit knabenhaften Figuren und blankem Intimbereich. Wenn sie dann noch dankbar und unterwürfig rüberkommen, so waren sie wie für ihn gemacht.

Eine der letzten Partnerinnen von denen Stefan erfahren hatte, war eine junge Frau aus Zentralafrika. Gemäß Ludwigs Aussage seien die Afrikanerinnen besonders „dankbar“. Was Stefan sonst noch von seinem Bruder über die Frau erfuhr, war nichts über Charakter und Wesen, nein das einzige, was er immer wieder ansprach, war das rosa Fleisch in ihrem Intimbereich. Der Kontrast hier war offensichtlich das Einzige für das er sich interessierte. Wie erbärmlich.

Omi, Stefans Oma mütterlicherseits war eine Frau mit großem Herzen. Er erlebte sie als fürsorgliche und liebevolle Großmutter, der er sich hatte oft genug anvertrauen können. Sie wusste mehr über ihren Enkel als ihre Tochter Helma, seine eigene Mutter. Gerne erinnert er sich an die gemeinsamen Zeiten mit ihr, wenn er als Kind von ihr täglich ein Glas Rotbäckchen Saft bekam oder er immer den Topf mit den Puddingresten ausschlecken durfte. Das macht Stefan übrigens noch heute so und es wird ihm jedes Mal ganz warm um sein Herz, wenn er dabei an seine verstorbene Omi denkt.

Barbara, seine erste Frau, hatte von beiden Elternteilen die Wesenszüge geerbt. Wenn auch ihr Vater ein Mensch mit Allgemeinbildung war und sich eher ruhig und leise verhielt, so war er dem Alkohol, besonders dem Bier sehr angetan. Die Mutter dagegen streitsüchtig und ansonsten eher einfacherer Natur.

Nun hatte Barbara von beiden etwas geerbt, von ihrer Mutter hatte sie den Hang zum Streiten und vom Vater das Suchtproblem.

Julia hat ihr großes Herz an der richtigen Stelle. Sie ist eine sensible Frau und steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Als Tier- und Umweltschützerin weiß sie genau worauf es im Leben ankommt.

Kaviar zum Nachtisch

Подняться наверх