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Tag 28

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In der Nacht war es kühl. Ich bin mit einer kalten Nase und kalten Ohren aufgewacht. Aber immerhin ausgeruht. Ich hatte wieder Träume, was in den letzten schweren Tagen nicht der Fall war. Draußen Regen, Wind und Nässe, null Grad, ein schmutziggrauer Schleier liegt über dem Himmel. Vorbei das gestrige Frühlingsintermezzo, als sogar ein paar Schäfchenwolken über den Himmel gewandert sind. Aber bei diesem Wetter schläft es sich gut, viel besser als in den stillen hellen Polarnächten.

[…]

Der letzte Tag der äußerst anstrengenden vierten Woche mit ihren vielen Ereignissen und Neuigkeiten war ganz einfach und wenig produktiv. Genauso wie in der Bibel, als Gott am siebten Tag müde geworden war, ruhte und uns dasselbe gebot. Die erste Tageshälfte hing ich am Tropf. Es wurde ein neuer Venenkatheter gelegt, am anderen Arm, und wieder wurden über zwei Liter verschiedenster Flüssigkeiten infiltriert, auch die Präparate, die uns vorgestern der Intensivmediziner zur Bekämpfung des kritischen Zustands ausgehändigt hatte. Dazu trinke ich jeden Tag mehr als vier Liter Wasser, mehr als fünf Liter scheide ich aus, bleibt ein Liter, der irgendwo da drin rumblubbert. Der Doktor sagt, der restliche Liter würde auch ausgeschieden, über den Atem und den Schweiß. Aber jetzt verliere ich etwas weniger Flüssigkeit als vorher, ich habe sogar fast ein Kilo zugenommen, aber das ist nur das Wasser im Magen, das gluckert wie bei einem Wassermann.

Gegen Mittag war der Doktor kurz da und wollte wissen, wie es mir geht. Soweit ganz gut. Morgens ist mein Befinden normal, erst gegen Abend fühle ich mich schwach. Morgen sind wieder Proben und ein EKG fällig.

Die zweite Tageshälfte habe ich mit anderen Häftlingen vorm Fernseher verbracht, wir haben diese Serie über die Drachen und die sieben Königreiche geschaut. Eigentlich mag ich keine Serien, aber die ist nett. Ich sehe sie schon zum dritten Mal, seit ich im Gefängnis bin, und sie wird mir nicht langweilig. Eine tolle, originelle Handlung, gute Schauspieler, Filmkünstler, special effects. Mit dieser Sympathie bin ich nicht allein – diese Saga schauen alle. Abends, zwischen den letzten Teilen der Staffel, wurde während der Werbung für ein paar Minuten zu Kisseljow umgeschaltet. Zwei Mal genau in dem Moment, als es um meine Situation ging. Zuerst kommentierte Putin auf irgendeinem Briefing das gestrige Gespräch mit Poroschenko über die Freilassung von Gefangenen. Und beim zweiten Mal verkündete der wandernde Fernsehguru höchstpersönlich den Vorschlag aus Kiew, mich gegen Wyschinski auszutauschen. Der Grundtenor dabei war, wer würde denn ernsthaft den Tausch eines ehrbaren Journalisten gegen einen gewalttätigen Terroristen in Erwägung ziehen, als Illustration diente ein Foto von mir. Zwar haben sich weder der große Landesvater noch sein treuer Diener vollkommen ablehnend zu dieser Idee geäußert, was in gewisser Weise Hoffnung macht, aber so richtig glauben kann ich daran nicht. Andererseits, wie wahrscheinlich war es, in den kurzen Reklamepausen zweimal auf einen Beitrag über mich zu stoßen? Vielleicht wollte mir einer von da oben ein kleines Zeichen geben und hat mit dem grünen Schild »Notausgang« gewinkt? Das wird sich alles schon bald zeigen.

[…]

Haft

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