Читать книгу Showdown unter Banditen: Super Western Bibliothek 10 Romane - Pete Hackett - Страница 13
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ОглавлениеDen Rest der Nacht hatte ich Zeit, darüber nachzudenken, wie ich mich entscheiden sollte. Mit Donovan zum Indian Hole reiten? Oder nach Fort Lowell zurückkehren, die dreißig Dollar kassieren und in Tucson bei einer Flasche Kentucky Bourbon alles zu vergessen versuchen? Ich konnte auch bei Mitch Webster bleiben. Aber wenn ich mir vorstellte, dass sich die Drei-Mann-Armee von Camp Stonehill auf Leben und Tod mit der Clinton-Bande herumschlug, während ich hier untätig herumsaß, dann war das auch nicht das Wahre. Schließlich entschied ich mich für eine vierte Lösung: Dieser Eisenschädel Donovan würde, wenn überhaupt, nur dann eine Chance haben, wenn die Ablösung aus Fort Crittenden nicht erst in sieben Tagen, sondern wesentlich früher eintraf. Also die Zähne zusammenbeißen, wieder in den Sattel, sobald es Tag wurde, und nichts wie los! Dachte ich! Ausgerechnet Sergeant Bull machte mir einen dicken Strich durch diese Rechnung.
Die Sonne war gerade aufgegangen. Ich hatte zwei Pferde gesattelt. Diesmal wollte ich auf Nummer Sicher gehen und ein Tier zum Wechseln dabei haben. Babyface war zwar mit den beiden Gäulen abgehauen, auf denen wir gekommen waren, aber es waren ja genug überzählige Kavalleriepferde da. Das aber war der Haken. Als ich die Pferde aus den Boxen zog, verdunkelte Donovans Gestalt den Eingang. Wie bei unserer ersten Begegnung zielte er mit seinem Spencer-Karabiner auf mich.
„Pferdediebe werden auch bei der Armee schwer bestraft, Carringo.“ Die Sonne traf ihn von hinten, so dass ich seinen Gesichtsausdruck nicht erkannte. Ich wusste trotzdem sofort, dass das kein dämlicher Witz, sondern grimmigster Ernst war. Ich ließ die Zügel los. Bis jetzt war ich mir nicht ganz klar gewesen, was ich eigentlich von Donovan halten sollte. In dieser Minute zerbrach ich mir nicht mehr den Kopf darüber. Zorn flammte in mir. Aber ich riss mich zusammen und zeigte es ihm nicht.
„Willst du mich etwa zu Fuß in die Wüste schicken, Serg?“
„Aber nein! Du brauchst dich uns nur anzuschließen, wenn wir zum Indian Hole reiten, dann bekommst du alles, was du brauchst. Auch ein Pferd.“
Ich zwang mich, tief durchzuatmen. Aber das Gefühl, das gleich etwas in mir explodieren würde, blieb. Dieser verdammte Drei-Winkel-Soldat! Es genügte ihm nicht, wenn er Meritt und Kirby in den Schlamassel ritt, er wollte auch mich dabei haben! Später, als ich Zeit fand, ruhig über alles nachzudenken, begriff ich, wie einsam, vielleicht auch verzweifelt er damals gewesen war. Er wusste, dass wir alle gegen ihn standen und wie gering seine Aussichten mit nur zwei Mann gegen die Clinton Bande war. Trotzdem wollte er verhindern, dass die Halunken ihre Beute über die Grenze retteten. Sturheit? Pflichterfüllung? Jedenfalls brauchte er jeden zusätzlichen Mann, und da gab‘s nur mich. Donovans Fehler war nur, dass er nicht einfach sagte: „Hör zu, Carringo, wir schaffen es nicht zu dritt! Sei so gut, überleg‘s dir, reite mit!“
Er war der Boss, ein verdammt einsamer Boss, und er glaubte, er müsste bis zur letzten Konsequenz den harten Brocken markieren. Klar, das war er auch. Aber mit diesem Auftritt und dem „Pferdedieb“ erwischte er die falsche Tour bei mir. Ich machte zwar ein Gesicht wie am Pokertisch, aber in mir kochte es.
„Du schreckst wohl vor gar nichts mehr zurück, Serg, was?“
„Nicht, wenn es darum geht, einer Bande von Verbrechern und Mördern das Handwerk zu legen.“
Was sollte ich darauf sagen? Er stand dort wie festgewurzelt, und es gab kein Argument, das ihn da wegbrachte, außer … Nun, er hatte mich soweit. Ich schnallte den Gurt auf und ließ ihn samt Peacemaker auf den Lehmboden fallen. Drüben vor dem Mannschaftsbau tauchten Meritt und Kirby auf. Sie blickten gespannt herüber. Ich stiefelte gemächlich auf den Hünen zu.
„Beinahe hätte ich‘s vergessen, Serg: Du bist ja ein Ehrenmann. Deshalb wirst du auch auf keinen Unbewaffneten schießen.“
Ich ging immer weiter auf das drohende Gewehr zu. Als die Mündung mich fast schon berührte, stellte er es weg. Ich war nun so nahe, dass ich jede Einzelheit seines grob geschnittenen Gesichts deutlich sah. Er grinste. „Du hast recht, Carringo.“
Wenn ich gestern nicht gesehen hätte, wie blitzschnell er Kirby gestoppt hatte, als der Clinton eins hatte verpassen wollen, wer weiß, vielleicht hätte er mich dann gleich mit dem ersten Schwinger erwischt. Dieser zweibeinige Büffel war unglaublich flink. Ich brachte gerade noch meinen Kopf zur Seite. Seine Faust schnellte wie ein Schmiedehammer an mir vorbei. Ich drehte mich halb. Seine Schulter streifte mich noch. Das genügte, dass ich aus dem Gleichgewicht geriet. Meine jäh hochzuckende geballte Rechte schrammte nur an seinem Hals vorbei. Er sauste herum, und bevor ich begriff, was geschah, explodierte seine Faust in meinem Gesicht. Ich sah Sterne, und als ich wieder einen einigermaßen klaren Gedanken fassen konnte, lag ich auf dem Stallboden, und Donovan ragte wie ein Riese über mir auf.
In meinem Schädel dröhnte und hämmerte es. Mein Gesicht brannte. Gelassen wartete er darauf, dass ich wieder hochkam. Wenn das so einfach gewesen wäre! Aber ich biss die Zähne zusammen, schaffte es. Ich schwankte noch. Es wäre jetzt leicht für ihn gewesen, mich fertigzumachen. Aber er war fair und ließ mir Zeit, den Happen zu verdauen, den er mir serviert hatte.
„Ich mach‘ dir einen Vorschlag, Carringo“, sagte er so ruhig, als säßen wir am Frühstückstisch. „Du bekommst ein Pferd, meinetwegen auch zwei, und kannst reiten, wohin du willst, wenn du mich schlägst. Bleib‘ ich Sieger, dann reitest du mit zum Indian Hole. Einverstanden?“
„Einverstanden!“, keuchte ich, sprang vor und schmetterte ihm meine Rechte an den Kinnwinkel. Teufel, das war, als hätte ich mit voller Wucht gegen einen Granitfelsen gedroschen! Ich spürte die Prellung bis in die Schulter. Ich bin nicht eben ein Leichtgewicht, und der Schwung, den ich dahinter legte, trieb Donovan aus der Stalltür. Das war aber auch schon alles. Als ich sofort die Linke hinterherpfefferte, blockte er den Hieb geistesgegenwärtig ab.
Dann konnte ich gerade noch ausweichen, ehe er mir wieder seine Schmiedehammerfaust zu schmecken gab. Noch so einen Happen wie zuvor würde ich kaum verdauen. Er war von meinem „Schuss“ nicht mal beduselt. Vielmehr schien er jetzt erst so richtig in Fahrt zu kommen. Die nächste Minute war ich vollauf dabei beschäftigt, seinen wirbelnden, zuckenden Fäusten auszuweichen. Ich begann zu schwitzen, während ich um ihn herumtänzelte und darauf wartete, dass er allmählich ermüdete. Aber das war bei Joe Bull Donovan nicht drin.
Ich riskierte einen Treffer und schleuderte mich gegen ihn. Ich hatte Glück, er verfehlte mich. Der eigene Schwung riss ihn in meinen Haken. Hölle noch mal, er hatte wirklich ein Kinn wie aus Granit! Sein Kopf flog nach hinten. Doch statt sich hinzusetzen oder wenigstens die Augen zu verdrehen, damit ich nochmals einen Schlag landen konnte, zog er mir mit seiner Rechten den Scheitel nach, dass ich die Engel singen hörte. Nur weg von ihm! Abstand, sonst war‘s aus! Immerhin verschnaufte er jetzt. Ein Grinsen zog sein schweißbedecktes Gesicht noch mehr in die Breite.
„Ich hab ja gewusst, dass du genau der Typ bist, den ich für meine Armee noch brauche, Carringo.“
„Ich werd‘ dir was husten!“, knurrte ich, glitt auf ihn zu, und als er blitzschnell sein Kinn abdeckte, traf ich ihn knapp über der Gürtelschnalle.
Er krümmte sich. Sein Blick wurde starr. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht. Ich war verblüfft, als er plötzlich vor mir kniete. Die Feldmütze lag neben ihm. Sein rotblondes Haar glich einer Bürste. Er rang nach Luft, aber seine Augen blieben an mir festgebrannt.
„Verdammt, Carringo, worauf wartest du?“, rief Meritt mit schriller, vibrierender Stimme. „Das ist deine Chance!“
Das wusste ich selber. Aber ich wartete genau so, wie Donovan gewartet hatte, als ich auf dem Stallboden gelegen war. Es dauerte nur Sekunden, dann stand Sergeant Bull so massig und gefährlich wie nur sonst wieder vor mir. Er spuckte aus. „Freu dich nicht zu früh, Neal!“
Im nächsten Moment stürzte er sich erneut auf mich. Wegtauchen, zuschlagen, abblocken! Alles so schnell, dass ich mit dem Denken nicht mitkam. Die Sonne vergoldete den Staub, den unsere stampfenden Füße aufwirbelten. Wir keuchten, schwitzten. Ich kannte jetzt seinen wunden Punkt Das war die eine Sache. Eine ganz andere war es, ihn da nochmals zu erwischen. Meine Muskeln begannen zu schmerzen. Mein Atem ging stoßweise. Hemd und Jacke klebten mir auf der Haut. Er traf mich an der Schulter, ich knallte ihm einen Haken auf die Rippen. Und da erwischte er mich im Clinch.
Es war wie die „Umarmung“ eines Grizzlybären. Nach einigen Sekunden kam ich mir wie in einem Schraubstock vor, in dem ich langsam zerquetscht werden würde, wenn ich nicht … Ich brachte einen Arm frei, setzte Donovan die Faust aufs Ohr. Er knurrte nur. Sein eckiges Gesicht war dicht vor mir. Ein wildes Funkeln war jetzt in seinen hellen Augen. Ich versuchte ein Knie hochzuzwängen, um ihn zurückzustoßen. Auch das klappte nicht. Die Luft wurde mir knapp. Ich glaubte, meine Rippen würden schon knacken. Himmel, dieser Kerl schaffte es glatt, mir das Kreuz zu brechen!
Panik packte mich. Ich schlug wieder zu, traf ihn mitten auf die Nase. Gleichzeitig bäumte ich mich verzweifelt auf. Frei! Um mich drehte sich noch alles. Da schoss seine Faust heran. Ich duckte mich, schleuderte mich mit letzter Kraft gegen ihn. Dann lagen wir beide im Sand und starrten uns mit staub- und schweißverschmierten Gesichtern keuchend an.
„Scher dich zum Teufel, Carringo!“, schnaufte Donovan zerrissen. Mühsam stemmten wir uns hoch. „Ich kann mir nicht leisten, dass ich noch mehr Zeit und Kraft mit dir vergeude, während Clinton schon mit den Wagen zum Indian Hole zieht! Mach, was du willst, Mann!“
Er hob seine Mütze auf. Ein Kunststück für sich, dass er dabei die Balance nicht verlor. „In einer Viertelstunde will ich euch im Sattel sehen!“, schnauzte er Meritt und Kirby an. Mit wackligen Beinen, aber ganz Boss stapfte er zur Mannschaftsbaracke.
Ich folgte ihm. Ich weiß heute noch nicht, welcher Teufel mich ritt. Vielleicht war‘s mein Stolz, dass ich mir nichts schenken ließ. Vielleicht auch die Tatsache, dass wir uns in den letzten zehn Minuten im wahrsten Sinn des Wortes nähergekommen waren. „He, warte, Donovan!“
Mit einen Stirnrunzeln wandte er sich um.
„Ich hab‘s mir überlegt, Serg, ich komm mit!“, verkündete ich grinsend, ganz auf seine Verblüffung eingestimmt. Aber er nickte nur, als sei mein Entschluss die selbstverständlichste Sache der Welt.