Читать книгу Showdown unter Banditen: Super Western Bibliothek 10 Romane - Pete Hackett - Страница 9

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Kurz vor Sonnenuntergang erreichte ich die Tinaja Vieja am Westzipfel der Comobabi Mountains, die letzte Wasserstelle auf meinem Trail. Nach zwölf Stunden im Sattel hatte ich ein Gefühl wie von Gummi in den Knien. Meine Kehle war so trocken und aufgeraut, als hätte ich den Sand der halben Gila geschluckt Der Falbe hatte sich großartig gehalten, aber nun war er mindestens ebenso erledigt wie ich. Hier draußen in der Wüste zählten die Meilen und Stunden doppelt für Mensch und Tier. Ich musste mich zwingen, etwas von meinem Hartbrot und Dörrfleisch hinunterzuwürgen. Ich hatte nur einen Wunsch: Mich in meine Decken rollen und schlafen, schlafen, schlafen.

Es war Neumond, und ich hätte nur riskiert, dass mein Pferd sich ein Bein brach, wenn ich vor Tagesanbruch weitergeritten wäre. Da ich trotzdem mit „Besuch“ rechnen musste, suchte ich mir einen Lagerplatz ein ziemliches Stück oberhalb des Tümpels zwischen verwitterten Felsen.

Doch die Nacht verstrich, ohne dass ich von meinen Verfolgern etwas sah oder hörte. Die Sache mit dem Falben passierte am nächsten Morgen. Ich war kaum eine Stunde unterwegs. In dem hier rauen Gelände hatte ich noch nicht mal ganze drei Meilen geschafft. Endlich traten die mit Felsen bedeckten Hänge auseinander. Die Wüste lag als sanftwelliges Meer mit Inseln turmhoher Kandelaber-Kakteen vor mir. Im Süden ragten die zerklüfteten Flanken der Mesquite Mountains darüber auf. Irgendwo dort, vom Dunst verschleiert, lag mein Ziel. Vierzig Meilen. Eine Strecke, die für einen Reiter kein Problem war. Für einen Mann zu Fuß, noch dazu mit drei Jägern auf der Spur, konnten diese vierzig Meilen den Tod bedeuten.

Als der Falbe stürzte, bekam ich grade noch die Füße aus den Bügeln. Es riss mich trotzdem um. Ich rollte mich ab, sprang auf und wartete darauf, dass auch mein Kamerad Vierbeiner wieder auf die Beine kommen würde. Aber da hätte ich warten können, bis ich schwarz geworden wäre. Sein Versuch hochzukommen endete mit einem kläglichen Wiehern. Gleich darauf sah ich die Bescherung: Sein rechter Vorderhuf lag ganz verdreht. Das Bein war oberhalb der Fessel gebrochen. Schuld war ein mit Staub zugewehter, verlassener Erdhörnchenbau, in den der Falbe eingebrochen war.

Verdammt, das war ein Missgeschick, das überall passieren durfte, nur nicht in der Wüste und auf einem Ritt um Leben und Tod! Und ich hatte extra in der Nacht nichts riskieren wollen! Zuerst stand ich da, als hätte ich eine Keule auf den Kopf gekriegt. Dann hätte ich fluchen und toben mögen. Aber die Schmerzen, die ich in den Augen des röchelnden Tieres las, hielten mich davon ab. Da gab‘s keine Wahl. Ich hielt schon den Colt in der Faust, um es von seinen Qualen zu erlösen. Im letzten Moment fielen mir die Clinton-Reiter ein.

Ihr Ziel würde ebenfalls die Wasserstelle sein, und wenn ich jetzt abdrückte, dann hörten sie den Schuss. Dann konnten sie sich ausrechnen, was geschehen war. Vor allem waren sie dann gewarnt. Denn im selben Moment, als ich begriff, dass es keine Rettung mehr für mein Pferd gab, wusste ich auch, dass mir nur eine Chance blieb: Ich musste zurück, die Kerle abfangen und mir einen Gaul bei ihnen holen! So verwegen sich das anhört: Ich wollte keine Heldentat vollbringen, sondern ganz einfach nur am Leben bleiben.

Ich zögerte. Es gab Dinge, die mir mehr als verhasst waren und die ich trotzdem tun musste. Das einzig wahre Gesetz der Wildnis hieß immer nur: Überleben! Ich schob den Colt weg, zog stattdessen mein Bowiemesser. „Es muss sein, Amigo“, murmelte ich mit halb erstickter Stimme, als ich zu dem schweratmenden Pferd trat.

Es ging schnell und lautlos. Aber als ich mir dann meine Satteltaschen auf die Schulter schwang und die Winchester aus dem Scabbard fischte, hatte ich immer noch ein Würgen in der Kehle. Ich spähte in die Richtung, aus der ich gekommen war. Keine Staubfahne über den felsigen Kämmen verriet, dass mein „Gefolge“ die Tinaja Vieja ebenfalls schon verlassen hatte.

Aber ich durfte keine Zeit verlieren. Einer gegen drei. Da half nur die Überraschung als entscheidender Trumpf. Entschlossen stiefelte ich auf meiner Spur zurück. Immer wieder blieb ich stehen, verschnaufte und horchte, damit ich ihnen nicht plötzlich direkt in die Arme stolperte. Als es dann soweit war, hatte ich gerade noch Zeit, hinter einem Felsblock zu verschwinden.

Hufschlag. Die Ledertaschen glitten von meinen Schultern. Ich duckte mich, presste den Winchesterkolben an die Hüfte. Ich war nicht neugierig und rührte mich nicht, bis sie vorbei waren. Zehn Schritte hinter ihnen trat ich aus der Deckung, ließ den Repetierbügel schnappen und begrüßte sie mit einem schneidenden: „Lasst ja eure Schießeisen stecken, Muchachos!“

Sie zuckten zusammen, und ich erwartete, dass sie es trotz allem versuchen würden. Sie wussten ja, dass sie es „nur“ mit einem einzelnen Mann zu tun hatten. Und nach allem, was mir Major Wilburn erzählt hatte, stand für sie eine Menge auf dem Spiel: Reichtum oder Tod. Denn mit den acht Opfern, die ihr Überfall gekostet hatte, blühte den meisten von ihnen der Strick, wenn sie geschnappt wurden. Mein Ritt nach Stonehill würde es entscheiden. Es war eine Sekunde, in der alles auf Messers Schneide stand. Aber sie verstrich, ohne dass es zur Explosion kam.

Vorsichtig zogen sie ihre Gäule herum. Ich stand breitbeinig vor ihnen. Ich hatte mit drei Gegnern gerechnet. Nun sah ich, dass es nur zwei waren. Der in der Mitte trug die blaue Uniform der Kavallerie. Ein hagerer Typ mit Sichelbart. Seine Augen waren vom Staub und der Hitze entzündet. Ein Strick umschlang seine Handgelenke. Er ließ ihm gerade genug Spielraum für die Zügel. Weiß der Kuckuck, wo die Schufte ihn geschnappt hatten.

Vielleicht hatten Wilburns Blauröcke mitgekriegt, dass ich die Umgebung von Fort Lowell in Gesellschaft verlassen hatte. Möglich, dass der Major dann doch einen Mann hatte entbehren können – als Rückendeckung für mich. Wilburn hatte es gut gemeint, der Sichelbärtige vielleicht auch. Vorerst machte er jedoch nur eine ziemlich unglückliche Figur wie er da mit hochgezogenen, verkrampften Schultern auf seinem Braunen hockte und mich anstarrte, als wäre ich vom Mond gefallen.

Den Kerl links von ihm kannte ich. Nicht persönlich. Aber sein Bild war mir schon einige Male unangenehm aufgefallen. Zum letzten Mal hatte ich es auf einem Steckbrief in Wilburns Office gesehen. Ich hatte nicht vergessen, dass „tot oder lebendig“ darunter gestanden war. Dabei wirkte der Typ wie ein halbes Kind. Ein mittelgroßer Junge mit rundlichem Gesicht und Augen, die einem weiszumachen versuchten, dass er kein Wässerchen trüben könnte. In Wirklichkeit hatte er mindestens zwei Morde auf dem Gewissen. In Arizona kannte seinen Namen jedes Kind: Larry Clinton, genannt Babyface Clinton. Der „kleine“ Bruder des berüchtigten Bandenführers Bob Clinton. Zweitwichtigstes Mitglied des Vereins, der den alten Charly Benson auf dem Gewissen hatte. Ich brauchte ihn nur einmal anzusehen, da kam mir schon die Galle hoch.

Der dritte war ein klotziger Bursche. Seine Nase hatte irgendwann mit einem Stuhlbein oder Pferdehuf Bekanntschaft gemacht. Er war schon eher das, was man sich unter einem Killer vorstellte. Dazu passte auch das Arsenal von Waffen, das er mit sich herumschleppte: Zwei Colts, ein Sattelkarabiner, ein Bowiemesser und zu allem Überfluss auch noch eine Schrotflinte mit abgesägten Doppelläufen. Er hielt sie quer vor sich. Außerdem hing ein Patronengurt über seinem Oberkörper. Gegen Mr. Schiefnase wirkte Babyface Clinton wie ein Lamm. Gut, dass ich es besser wusste.

„Rechte Hand hoch!“, befahl ich. „Mit der linken pflückt ihr eure Kanonen, aber schön vorsichtig! Und dann weg damit! Du kannst mit deiner Schrotflinte gleich anfangen, Mister!“

Der Kerl knirschte mit den Zähnen. Babyface Clinton jedoch lächelte unschuldig. „Übernimmst du dich auch nicht, Amigo?“

Seine Rechte ruhte auf dem Oberschenkel Nur eine Spanne entfernt von seinem tief geschnallten Sechsschüsser. Ich ließ ihn in die Mündung meiner Winchester 73 gucken. „Ihr habt lange genug euren Spaß gehabt, Jungs. Jetzt bin ich dran. Also wird‘s bald? Nachher reden wir weiter.“

„Ein Spielverderber, Jake“, nickte der junge Clinton dem Schiefnasigen zu. „Aber an mir soll‘s nicht liegen. Tun wir ihm den kleinen Gefallen.“

Klar, er wollte Zeit gewinnen. Auch noch, als seine Rechte verdammt lange brauchte, bis sie in die Höhe kam. Ich blieb angespannt bis in die Fingerspitzen. Ich spürte, dass die Sache nicht so glatt weitergehen würde, wie sie angelaufen war. Um ein Haar hätten sie mich dann doch erwischt Ich achtete ja nur auf Larry Clinton und den Kerl mit der Waffensammlung. Irgendwie fiel mir dabei aber schon auf, dass ihr Gefangener keinen Versuch machte, sein Pferd von ihnen wegzubringen. Vielleicht aus Angst dass er mir in die Schusslinie geraten könnte, dachte ich.

Dann bekam ich gerade noch das wilde Aufglühen in seinen Augen mit. Der Strick, der um seine Handgelenke gewickelt war, flog im selben Moment weg. Seine Rechte war schon unter der vorn offenen Uniformjacke verschwunden. Ich ließ mich auf die Knie fallen. Keinen Sekundenbruchteil zu früh. Es blitzte und krachte. Der Schuss ging wie ein Peitschenhieb über mich weg. Der Revolver in der knochigen Faust des Schurken senkte sich sofort und deutete auf mich. Gleichzeitig griff Larry Clinton zur Kanone, und Mr. Schiefnase riss seine Parker-Gun hoch.

In so einem Augenblick überlegt man nicht, sondern handelt. Ich jagte dem Sichelbärtigen eine Kugel in die Brust, bevor er nochmals abdrücken konnte. Die Schrotflinte donnerte. Clintons Kugel schleuderte Steinsplitter auf mich. Ich hatte mich zur Seite geschnellt. Mein Vorteil, dass ich zu Fuß war. Der nächste Blitz zuckte nun aus meiner Winchester. Staub und Pulverdampf brodelten vor mir. Die Männer und die Pferde verschwammen darin zu Schatten. Clintons Gaul bäumte sich so heftig auf, dass sein Reiter den Halt verlor. Schreiend stürzte er in die graugelben Schwaden. Ich rollte herum, drückte den Winchesterbügel durch und erwartete den nächsten Bleisegen aus Schiefnases Parker.

Aber ausgerechnet dieser bis an die Zähne bewaffnete Bursche hatte nicht mehr den Nerv, es durchzustehen. Tief auf sein Pferd geduckt, jagte er zwischen den Hügeln davon. Babyface war da aus einem verflucht anderen Holz. Er hatte beim Sturz sein Schießeisen verloren. Keuchend, noch halb benommen, kroch er auf allen vieren darauf zu. Ich erreichte den Revolver vor ihm und stellte einen Fuß drauf. „Lass es gut sein, Clinton!“

Er starrte zu mir hoch. Das braune Haar hing ihm in die Stirn, und sein rundliches Gesicht wirkte auf einmal gar nicht mehr so jungenhaft. Ich erkannte die harten Konturen darin. Hass brannte in seinen Augen. Dann fuhr er hoch. So jäh und wild, dass ich nicht mehr dazu kam, ihn mit dem Winchesterlauf zu stoppen. Im nächsten Moment hätte ich seine Faust im Gesicht. Eine Menge Kraft und Wildheit steckten dahinter. Ich taumelte zurück, und er stürzte sich auf mich. Aber ich wollte ein Pferd, keine Prügelei. Deshalb machte ich es kurz. Ich drehte mich weg, als er wieder zuschlug und klopfte ihm das Gewehr übers rechte Ohr. Gerade mit so viel Schwung, dass es ihn für eine Weile in den Staub zwang.

Ich schüttelte mich. Jetzt erst wurde mir bewusst, wie raffiniert es die Schurken angefangen hatten. Sie hatten ja das Fernglas gehabt, erinnerte ich mich. Und nachdem sie keinen von meinem Falben aufgewirbelten Staub mehr gesehen hatten, waren sie misstrauisch geworden. Ich ging zu dem Sichelbart. Mein Schuss hatte ihn mitten ins Herz getroffen. Ich hätte viel dafür gegeben, wenn es nicht soweit gekommen wäre. Wilburn hatte mich als Kurier, nicht als Kämpfer angeheuert. Zu dem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, dass ich in den nächsten Tagen noch eine Menge mehr Pulverrauch riechen würde. Ich richtete mich gerade bei dem Verräter aus Fort Lowell auf, als Clinton wieder zu sich kam.

„Er hat euch wohl auch den Tipp mit dem Waffentransport gegeben, was? Wie viel habt ihr ihm dafür versprochen?“

Clinton starrte mich nur an. Ich hob die Winchester. „Schaff ihn zwischen die Felsen dort und deck ihn mit Steinen zu. Beeil dich ein bisschen. Ich hab viel Zeit verloren und noch einen langen Weg vor mir.“

Er rappelte sich auf. Ich bemerkte seinen lauernden Blick auf die beiden Pferde. „Rechne dir nichts aus!“ warnte ich ihn. „Es würde nur damit enden, dass du dem Sichelbart in der Hölle Gesellschaft leistest.“

„Was glaubst du, wie es für dich ausgeht, wenn mein Bruder Wind von der Sache kriegt!“, stieß er hervor.

Ich hob die Schultern. „Gib dir keine Mühe. So leicht packt mich das große Zittern nicht. Fang lieber mit der Arbeit an.“

Er wies mit einer Kopfbewegung auf den Toten. „Tyler hat mir erzählt, dass Wilburn dir dreißig Dollar für den Ritt nach Camp Stonehill bezahlt. Dreißig lumpige Dollar dafür, dass du hier draußen deinen Skalp riskierst!“ Er kam auf mich zu, ignorierte einfach das Gewehr, das ich ihm entgegenhielt. „Mann, du weißt doch, um was es geht! Um ein Vermögen, wenn wir die Wagen mit den Waffen, der Munition und dem Sprengstoff über die Grenze zum Rio Sonoita schaffen! El Rojo zahlt mit Gold. Und wenn du nur einen Funken Grips unter deinem Haar hast, dann kannst du die zehnfache Summe kassieren, die der Major dir geboten hat. Du brauchst nur …“

Er war nicht auf den Kopf gefallen. Meine Miene, mein Blick waren ihm Antwort genug. Er zuckte die Achseln. „Na schön! Die Narren sterben ja bekanntlich nie aus. Aber sie werden nicht alt. Vor allem nicht in diesem Land. Reite nur! Schlag nur bei den Burschen in Camp Stonehill Alarm! Du wirst dich wundern, was dabei rauskommt. Sollen sie nur versuchen, Bob und seine Leute aufzuhalten. Schaffen werden sie‘s nicht, darauf geb‘ ich dir mein Wort!“

„Ich werde nicht allein reiten“, erwiderte ich kalt. „Wenn du Tyler beerdigt hast, kommst du mit.“

Seine Miene spannte sich. Er wurde tatsächlich ein bisschen fahl um die Nase. „Du weißt, dass die Blauröcke mir den Prozess machen und dafür sorgen werden, dass ich hänge.“

Ich dachte an Charly Benson und die anderen Toten, die er und seine Kumpane auf dem Gewissen hatten. „Du wirst nur hängen, Clinton, wenn du es verdienst.“

Seine Lider sanken halb herab, seine Fäuste verkrampften sich. Plötzlich lächelte er wieder, und dieses Lächeln verlieh seiner Drohung mehr Gewicht, als wenn er sie mir ins Gesicht geschrien hätte. „Ich wette, ich überlebe dich! Ich werd‘ als verteufelt reicher Hombre in Mexiko oder Kalifornien sitzen, wenn dich längst die Geier gefressen haben!“

Showdown unter Banditen: Super Western Bibliothek 10 Romane

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