Читать книгу Showdown unter Banditen: Super Western Bibliothek 10 Romane - Pete Hackett - Страница 18

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Ein paar Stunden später waren Bob Clinton und seine Killer nur mehr unwirkliche Traumgespenster. Websters Tod, der zerstörte Militärposten, die Falle am Indian Hole, das alles wurde zu blasser Vergangenheit. Jetzt zählten nur die Hitze, der Durst und die grenzenlose Weite, in der wir nicht vom Fleck zu kommen schienen. Die Wüste hatte uns. Sie war das grausamste, härteste Antlitz der Natur. Hinter jeder Hügelkette schien sich das Land noch leerer, endloser vor uns auszubreiten. Ein Land, in dem noch dasselbe Gesetz wie vor Millionen Jahren galt. Für jedes Pflänzchen, für jedes winzige Insekt war das Dasein hier draußen ein fortwährender Kampf. Nichts, was schwach war, konnte hier existieren.

Die blattlosen, wie Stacheldrahtknäuel wirkenden Dornbüsche und vertrockneten Kakteen wurden immer seltener. Rostrote und gelbgraue Felsmonumente stachen da und dort empor. Nur Sand und Steine knirschten unter den Hufen unserer Pferde. Kein dürres Hälmchen wuchs mehr zwischen ihnen. Der Himmel glich einer Kuppel aus glühendem Metall. Kein Wolkenfetzen, kein Lufthauch. Nur ein Flimmern und Gleißen, das in den Augen schmerzte. Und eine Stille, die das Stampfen der Hufe, das Janken des Sattelleders und das gelegentliche Klirren der Gebissketten aufzusaugen schien.

Ich kannte die Gila. Ich glaubte wenigstens, sie einigermaßen zu kennen. Doch was besagte das schon? Der Tod verliert seinen Schrecken auch nicht, wenn er zum zehnten Mal nach dir greift. Die Feuerpfeile der Wüstensonne versengen dich beim hundertsten Wüstenritt genauso wie beim ersten. Ihre Glut laugt dich aus. Sie zieht jeden Tropfen Feuchtigkeit aus deinem Körper. Sie schmilzt dein Gehirn, dass du glaubst, du hast einen Bleiklumpen hinter den Augen. Deine Haut wirft Brandblasen, deine Lippen springen auf, und wenn du schluckst, bekommst du Halsschmerzen, weil du keinen Speichel mehr hast und deine Kehle wie ein Reibeisen spürst.

Am liebsten würdest du alle fünf Minuten zur Sattelflasche greifen. Aber mit einem Rest von Verstand in deinem von Staub und Hitze umnebelten Schädel kapierst du, dass du aushalten, dich zusammenreißen musst. Jeder Tropfen, den du hier vergeudest, kann dein Todesurteil bedeuten. Und nirgends bewegt sich die Sonne so langsam vom Fleck. Nirgends sind die Meilen so lang, die Stunden so endlos. Jeder Yard bedeutet eine Anstrengung für dich und dein Pferd, und meist genügen zwei, drei Stunden, bis du jedes Zeitgefühl verlierst. Dann denkst du, du reitest schon eine halbe Ewigkeit durch dieses verfluchte Land. Es scheinen immer wieder dieselben Dünenfelder, Geröllhalden und Hügelreihen zu sein, an denen du vorbeikommst. Und alles wie tot, von der Sonne verbrannt. Du kannst dir nicht vorstellen, dass hier nachts Kojoten herumschleichen, Klapperschlangen auf die Jagd gehen und Kängurumäuse zwischen den Cholla-Kakteen herumsausen.

Und Donovan führte uns stur und verbissen immer geradeaus. Als hätte er eine Kompassnadel im Gehirn, hielt er die Richtung: Nordwesten. Das Herz der Gila schlug dort im Hitzedunst des Horizonts. Die Sonne umhüllte uns mit weißem Feuer. Die Pferde schleppten sich dahin. Bei jedem Tritt sanken ihre Hufe ein. Irgendwann rasteten wir, irgendwann spülte ich den Staub durch meine Kehle, irgendwann rauchte ich eine Zigarette.

Und dann weiter! Immer diesem Eisenschädel von Sergeant nach, der ein Ziel ansteuerte, von dem wir keine Ahnung hatten. Oder doch? Ich erinnerte mich an das Funkeln in seinen Augen, als er an der Tinaja Plata unsere Jäger beobachtet hatte. Ich hörte wieder, wie er sagte „Mindestens ein Drittel dieser Zeit hab ich mich mit den Apachen rumgeschlagen – und eine Menge von ihnen gelernt!“

Ich quälte mich halb im Sattel herum. Ja, sie waren noch da! Sie kamen uns nach! Ihr Hass trieb sie. Und Donovan, der Bulle, verließ sich auf ihn genauso wie auf die Wüste, in die er sie immer tiefer hineinlockte. Immer weiter weg vom Indian Hole, wo ihre Beute feststeckte! Weg von jedem mir bekannten Wasserloch!

Meine Benommenheit zerriss. Ich merkte plötzlich, wie zusammengekrümmt ich im Sattel hing. Ich straffte mich, schaute mich um. Mein Blick suchte nach Landmarken, die mir von früher vertraut waren. Aber die Felstürme, die rechts von uns aus den flirrenden Hitzewellen aufragten, hatte ich ebenso wenig je zuvor gesehen wie den einsamen Berggipfel am westlichen Firmament. Nie war ich in dieser Gegend gewesen.

Sergeant Bull jedoch schien sich hier auszukennen wie auf dem Paradefeld von Fort Crittenden. Oder tat er nur so? Ich wollte mein Pferd nach vorn treiben, ihn zur Rede stellen. Viel später merkte ich dann, dass ich wieder in ein dumpfes Dösen versunken war. Der Sonnenuntergang übergoss die Wüste bereits mit flammendem Rot Ein Feuerwerk von Farben explodierte am westlichen Horizont.

Wir lagerten in einer mit Felsblöcken durchsetzten Mulde. Keine Wasserstelle weit und breit. Kirby war so erledigt, dass er auf die Knie sank. Er keuchte, knirschte und wünschte Donovan wahrscheinlich in die schwärzeste Höllenecke, bevor er Kraft fand, sein Pferd abzusatteln. Wir tränkten die Tiere und hängten ihnen die Haferbeutel um.

„Knappe Rationen!“, bestimmte Donovan barsch.

Hatte die Wüste ihn so verändert oder Websters Tod? Er hielt sich jetzt abseits. Es gab keine Spur Gemeinsamkeit mehr zwischen ihm und den beiden anderen Blaujacken, wie sie sonst auch unter verschiedenen Mannschaftsdienstgraden üblich war. Er rollte seine Decken ein ziemliches Stück entfernt von uns aus. Noch immer war Neumond. Außerdem hatten wir kein Holz zum Feuermachen. Doch der Glanz der Sterne reichte aus, dass ich den gespannten Zug um Neal Meritts Mund bemerkte.

Meritt beobachtete den Sergeant, und Meritt war zäh. In ihm steckte dieselbe Triebfeder, die Bob Clinton auf unserer Spur hielt: Hass, ein kalter, beherrschter Hass, der den drahtigen Corporal gefährlicher machte, als er sowieso schon war. Lautlos stand er plötzlich neben mir, als ich meinen umgestülpten Sattel als Kopfkissen zurechtlegte. „Auf welcher Seite wirst du stehen, Carringo?“, fragte er so leise, dass nur ich ihn hörte.

Er brauchte mir nicht zu erklären, was er meinte. Ich blickte hoch. Sein Gesicht verschwamm in der Dunkelheit zu einem grauen Fleck. Deutlich sah ich jedoch das Funkeln in seinen Augen. Und noch etwas: Er trug seinen Sechsschüsser jetzt nicht mehr in der geschlossenen Armeecolttasche. Er hatte die Lederklappe mit einem Messer weggetrennt, so dass das Holster jetzt meinem glich und die Waffe mit einem blitzschnellen Griff zu erreichen war. Langsam richtete ich mich auf.

„Überleg‘s dir“, sagte er und wollte sich abwenden. Ich griff nach seinem Arm. Sofort verkrampfte er sich.

„Du kannst es auch gleich wissen“, erklärte ich ruhig. „Ich stehe immer nur auf meiner eigenen Seite, aber ich lasse auch niemals eine Schuld unbezahlt.“

Er nickte, als hätte er es nicht anders erwartet. „Könnte von mir stammen.“

Ich ließ ihn stehen und ging zu Donovan hinüber. Er saß an einem von der Nacht geschwärzten Felsblock, rauchte und reagierte nicht, als ich vor ihm stand. Sein Spencer-Karabiner lehnte neben ihm. Ich hatte keine Lust, lang um den Brei herumzureden.

„Ich weiß, was du vorhast, Serg“, begann ich. „Aber nur der Teufel weiß, weshalb du‘s für deinen Job hältst, Clinton und seine Galgenvögel allein zu erledigen.“

Bedächtig nahm er die Zigarette aus dem Mund. „Nicht ich, Carringo, die Wüste wird es tun.“

Wie er das vorbrachte! So restlos überzeugt und felsenfest entschlossen, dass es mir unwillkürlich einen Stich gab. Ich wusste nicht, sollte ich wütend auf ihn sein, ihn bemitleiden oder ihm meinen Respekt zollen. „Wahnsinn, Serg!“, hielt ich ihm vor. „Du verrennst dich da in was. Bob Clinton kennt die Wüste schließlich auch. Das hat er bewiesen.“

„Sprichst du für Kirby und Meritt oder für dich?“

„Hölle, Serg, musst du mich das fragen?“

„Vergiss es! Ich halte dich nicht, Carringo. Du bist mir nichts schuldig. Du kannst nach Tucson reiten, nach Fort Lowell, wohin du willst. Aber du wirst allein reiten.“

Es war zwecklos. Ich hätte es gar nicht erst versuchen sollen. Aber da war noch etwas, das ich wissen wollte. Ich beugte mich vor, um sein kantiges Gesicht besser zu sehen. „Warum, Serg?“

Schritte knirschten hinter mir. „Das kann ich dir sagen, Carringo.“

Es war Meritt, und ich wusste sofort, dass seine Worte nicht allein für mich bestimmt waren. Seine Stimme verriet nichts von den Strapazen, die hinter uns lagen. Die Herausforderung in ihr war nicht zu überhören. „Es gibt nur einen wirklichen Grund, weshalb dein Freund Bull diesen verrückten Krieg mit der Clinton Bande angefangen hat: Er kann‘s ums Verrecken nicht verwinden, dass die Armee, für die er fast schon dreißig Jahre lang seine Haut riskiert, ihn auf Strafposten nach Camp Stonehill versetzt hat!“

Donovans Hand, die eben noch die Zigarette hatte zum Mund führen wollen, erstarrte. „Halt‘s Maul, Neal!“

Meritt lachte. „Hab‘ schon gedacht, du würdest wieder den Sergeant herausstreichen, Bull! Wieso soll Carringo denn nicht wissen, um was sich alles dreht? Ist doch kein Geheimnis, Bull, dass du diesem jungen Lieutenant eine gewischt hast und dafür nach Camp Stonehill verdonnert worden bist. Jeder andre wär‘ nicht so billig davongekommen. Na ja, kein Wunder bei einem, den sie in Fort Crittenden das Ass der 2. Kavallerie nennen! Weißt du, Carringo, es will ihm nicht in den Kopf, dass die Armee so mit ihm umspringt! Ich an seiner Stelle würde diesen Burschen vom Militärgericht die Pest an den Hals wünschen und meinen Abschied nehmen. Aber er will unbedingt ‘ne Heldentat vollbringen, so ganz auf eigene Faust, um ja jeden Makel zu tilgen, der vielleicht an seiner glorreichen Uniform hängenbleiben könnte! Er will zeigen, was für ein toller Bursche er trotz allem …“

Donovans Zigarette flog weg. Mit einem Satz war der Hüne auf den Beinen. Katzenhaft glitt Meritt zurück. Seine Rechte lag am Revolver. Er war bereit und wartete nur darauf, dass der Sergeant jetzt ebenfalls zur Waffe griff. Donovan war nahe dran, es tatsächlich zu tun. Sein derbes Gesicht glänzte, als hätte er es in einen Wasserkübel getaucht. Ich war erschrocken über soviel Wildheit in seinem Blick.

Dann aber bewies Donovan, dass er nicht nur entschlossen war, die Wüste und Clinton zu besiegen, sondern auch sich selber. Plötzlich wirkte er wieder völlig starr und unverwundbar. „Nein, Neal, nicht jetzt! Wann es soweit ist, wirst nicht du bestimmen. Ich brauch dich noch, Neal.“

Meritt glich einer Stahlfeder, die jeden Moment losschnellen wird. Sein Hohn schlug in wütenden, kaum mehr bezähmbaren Hass um. „Zieh!“, schrie er. „Bist du zu feig dazu? Willst du, dass ich dich abknalle wie einen tollwütigen Hund?“

„Das würdest du nicht überleben, Neal“, erwiderte Donovan mit einem Blick auf mich. Seine Stimme war kalt. Nein, Furcht war das letzte, was ihn zurückhielt.

Ich hatte mich halb gedreht. Meine Rechte ruhte nun ebenfalls am Colt. Es war eine Sache, die nur den Sergeant und Meritt anging. Aber nicht mehr, wenn Meritt schoss, ohne dass Donovan zur Waffe griff. Meritt beherrschte sich mühsam. Er spuckte Bull Donovan vor die Füße und kehrte zu seinem Schlafplatz zurück.

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