Читать книгу Showdown unter Banditen: Super Western Bibliothek 10 Romane - Pete Hackett - Страница 17
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ОглавлениеWir hatten so viel Zeit verloren, dass wir nun nicht mal mehr dazu kamen, Mitch Webster ordentlich zu begraben. Es war schon eine schlimme Sache, ihn einfach da liegen zu lassen, wo es ihn erwischt hatte. Aber im letzten Aufglühen des Sonnenuntergangs tauchten die Reiter wie drohende Todesboten auf den Kämmen westlich von uns auf. Ein paar Minuten noch, dann würden sie in Gewehrschussweite sein. Darauf wollten wir lieber nicht warten. Meritt bekam zum Glück von unserem überstürzten Aufbruch nichts mit. Wir blieben auch noch im Sattel, als die Nacht mit der in diesen Breiten üblichen Schnelligkeit hereinbrach. Sie löschte alles aus: unsere Fährte, die Staubwolke, die uns folgte, die Trümmer von Camp Stonehill, auch die Linien der Bitterkeit und Erschöpfung auf unseren Gesichtern. Nur nicht das Bewusstsein, dass der Tod auf unserer Spur ritt.
Donovan führte uns. Zäh und verbissen war er immer eine halbe Pferdelänge voraus. Da blieb er auch, als wir absteigen und die Tiere an den Zügeln führen mussten, weil sie vor Erschöpfung nur mehr stolperten. Mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit brachte er uns zur Tinaja Plata, einer mit Brackwasser gefüllten Felspfanne acht oder zehn Meilen nördlich von Camp Stonehill. Wir konnten uns kaum mehr auf den Beinen halten. Als ich dann in meinen Decken lag, waren mir Clinton und seine Sattelwölfe schnurzegal. Es dauerte nur Sekunden, bis ich einschlief.
Es war schon hell, als ich aufwachte. Meritt und Kirby schliefen noch. Der Sergeant jedoch hatte nicht nur bereits die Pferde versorgt, sondern auch die Lederschläuche und Sattelflaschen nachgefüllt. Ohne genug Wasser für die Pferde und uns hatten wir keine Chance, das nächste Fort zu erreichen. Wasser war in dieser Ecke von Arizona kostbarer als Gold. Ich entdeckte Sergeant Bull auf dem Rand der steinigen Senke. Sein Morgengruß war ein scharfes: „In die Sättel! Sie kommen!“
Ich gönnte mir einen herzhaften Fluch. Ich war hungrig, durstig und wie gerädert. Aber das interessierte weder Joe Donovan noch die Clinton-Banditen, die wie eine Meute Bluthunde auf unserer Spur klebten. Ich sah die Staubwolke, als ich steifbeinig zu Donovan hinaufkletterte. Es schien, als tanzte weit draußen in der Wüste ein Staubwirbel auf den Hufabdrücken unserer Pferde. Dann entdeckte ich die stecknadelkopfgroßen Tupfer darin. Kein Laut durchdrang die Leere und Einsamkeit, die uns umgab. Ich sah aber auch noch etwas anderes: Ein Funkeln wilder Genugtuung in Sergeant Donovans hellen Augen.
„Wahrscheinlich haben sie Reservegäule dabei“, brummte er, und sein Ton bestärkte mich noch, dass ich mich nicht getäuscht hatte. „Pferde aus Camp Stonehill“, fügte er mit einem Achselzucken hinzu.
Ja, zum Teufel, das war die Erklärung dafür, dass sie uns noch immer so dicht auf der Pelle waren! Ich begriff nicht – noch nicht, wie Donovan da so ruhig bleiben konnte! Ohne meinen Kommentar abzuwarten, stapfte er mit der Eleganz eines Grizzlys zur Wasserstelle hinab. Gleich darauf saßen wir in den Sätteln, jeder mit einem Schluck Wasser und einer Hartbrotscheibe im Magen. Meritt hatte kein Wort mehr gesprochen, seit er gestern aus seiner Besinnungslosigkeit aufgewacht war. Er verschnürte seine Deckenrolle, aß, trank, saß auf, alles mit einer Miene und einem Blick, als wären wir Luft für ihn.
Wir ritten hinter Donovan aus der Senke. Bereits jetzt, kurz nach Sonnenaufgang, hing eine Ahnung der bevorstehenden Hitze in der Luft. So weit das Auge reichte, erstreckte sich kahles, ödes Land. Ein Meer aus Sand und Felsen, mit Dornbusch und Kakteengruppen. Nirgends ein Fleckchen Grün. Ich erwartete, dass der Sergeant nach Osten reiten würde, wo Fort Crittenden und Fort Lowell lagen. Stattdessen lenkte er sein Pferd nordwestwärts, dem glutheißen Zentrum der Gilawüste zu. Es war Kirby, der nach den ersten zwanzig Yards zurückblieb.
„He, Bull, die falsche Richtung! Was soll das? So verlieren wir doch nur Zeit!“ Seine Stimme hatte einen Ton wie eine zu straff gespannte Gitarrensaite.
Donovan stoppte, drehte sich halb, eine Falte stand zwischen seinen buschigen, rotblonden Brauen. Nein, es war nicht nötig, dass er den Mund aufmachte. Seine Miene drückte deutlich seine Entschlossenheit aus. Kirby schluckte. In seinem Gesicht zuckte es.
„Bull, um Himmels willen, wir werden da draußen keinen Tropfen Wasser mehr finden!“
„Wir haben Wasser!“, knurrte Donovan. „Genug, um damit eine Weile auszukommen! Los, komm!“
„Bull, ich versteh‘ dich nicht! Das ist doch Wahnsinn! Wir können doch nicht …“
Donovan zog seinen Wallach herum. „Du sollst dich nicht anstrengen, mich zu verstehen, Dave, sondern tun, was ich dir sage.“
„Ich will zum Fort, Bull! Ich …“ Er duckte sich. Ich erkannte die Angst in seinen Augen. Donovan ritt dicht an ihn heran.
„Das war ein Befehl, Reiter Kirby! Von jetzt an wiederhole ich nichts mehr! Klar?“ Das klang nach Kasernenhof und Exerzierplatz.
Ich blickte rasch auf den von unseren Verfolgern aufgewirbelten Staub. Sie waren noch immer ein ganzes Stück entfernt. Meritt verharrte reglos auf seinem Pferd. Sein Gesicht war ausdruckslos. Nur seine dunklen Augen glühten. Kirby presste die Lippen zusammen und starrte aufs Sattelhorn.
„Ich will wissen, ob das klar ist, Reiter Kirby?“, schnappte Sergeant Donovan.
„Geh zum Teufel, Bull!“, stieß der Junge hervor, warf sein Pferd herum – und das war‘s dann auch schon. Mit einem Satz war Donovans grobknochiger Wallach neben ihm. Ein Fausthieb des Hünen schleuderte Kirby herab. Schnell griff Donovan nach den Zügeln des reiterlosen Pferdes.
Kirby wälzte sich herum. Er hatte seine Mütze verloren. Blonde Strähnen hingen ihm in die Stirn. Keuchend starrte er zu dem schwergewichtigen Reiter hoch. „Steig auf!“, befahl Joe Donovan mit unbewegter Miene.
„Du bist verrückt, Bull, wenn du denkst, du kannst …“
„Hör auf, mich Bull zu nennen! Wir sind im Dienst Ich bin für dich Sergeant Donovan. Was ist? Muss ich dich in den Sattel prügeln oder steigst du jetzt freiwillig auf?“
Kirbys Rechte kroch wie von eigenem Leben erfüllt auf die geschlossene Colttasche zu, die an seinem verrutschten Koppel hing. Donovan rührte sich nicht. Er hielt immer noch die Zügel von Kirbys Pferd. „Bisher betrachte ich alles nur als Ausrutscher, Junge. Überleg dir gut, was du tust.“
„Neal!“, krächzte Kirby. „Verdammt, warum hilfst du mir nicht? Du willst doch nicht mit ihm in die Wüste, Neal? Wir können übermorgen schon in Tucson oder Fort Crittenden sein!“
Donovan blickte sich nicht um. Verließ er sich darauf, dass ich ihm den Rücken deckte? Meritt befand sich fünf Schritte rechts von mir. Er machte keine Anstalten, den Armeerevolver anzufassen. Und Kirby hatte nicht den Nerv, es allein gegen den Hünen zu versuchen. Keuchend rappelte er sich hoch, bückte sich nach seiner Feldmütze und ergriff die Zügel, die Donovan ihm zuwarf.
„Zum Teufel mit dir, Neal!“, knirschte er, als er wieder im Sattel saß. Meritt hob die Schultern. „Ich bin kein Mann, der einen Gegner in den Rücken schießt“, erklärte er mit spröder Stimme. „Ich werde dort sein, wo Bull ist, bis ich meine Rechnung mit ihm beglichen hab. Das bin ich Mitch Webster schuldig.“
Sein Blick war nun an Donovan festgebrannt. Doch der hörte nicht auf die Herausforderung. So, als sei nichts geschehen, übernahm er wieder die Spitze. „Abteilung – vorwärts!“
Die Hufe stampften wieder. Flimmernd dehnte sich der endlose Horizont vor uns. Ich spähte nochmals auf unserer Spur zurück. Ja, sie hatten wirklich einige Ersatzpferde dabei. Wahrscheinlich Tiere, die Babyface vor der Sprengung aus Camp Stonehill fortgejagt hatte. Die Staubwolke war gewachsen. Sie hatten aufgeholt.