Читать книгу Showdown unter Banditen: Super Western Bibliothek 10 Romane - Pete Hackett - Страница 14
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ОглавлениеIm nächsten Morgengrauen war es soweit. Eine Hand rüttelte mich wach, und erst als ich Donovans grimmig entschlossenes Gesicht erkannte, wurde mir klar, dass alles nicht bloß ein übler Traum gewesen war. „Sie kommen!“, raunte der Sergeant, und das genügte, dass ich wie der Blitz aus meinen Decken fuhr, den Colt umschnallte und mir meine Winchester schnappte.
Meritt und Kirby richteten sich ebenfalls auf. Die Pferde waren graue Schemen zwischen den Felsblöcken, die unseren Lagerplatz umschlossen. Es war still und kalt. Es würde noch eine Weile dauern, bis die Sonne aufging. In dieser Stunde zwischen Nacht und Tag, in der alles in Grau verschwamm, schien die Wildnis den Atem anzuhalten. Rechts unter uns lag das Indian Hole, ein Felskessel mit etwa hundert Yards Durchmesser. Wir waren am vergangenen Spätnachmittag hier angekommen. Ich hatte mir alles, was jetzt von der Dämmerung verhüllt wurde, genau eingeprägt: Ocotillo- und Kreosotsträucher umstanden den runden Tümpel. Gras bedeckte die Kesselsohle. Die Hänge ringsum waren mit dornigem Gestrüpp und verwitterten Felsen bedeckt
Es gab nur einen Zugang: eine tief eingeschnittene Kerbe. Die Felsen an den Steilhängen zu beiden Seiten wirkten wie hingeklebt. Ein paar Dynamitpatronen an der richtigen Stelle, dann würde der halbe Berg unterhalb unseres kleinen Plateaus in einem Saus wegrutschen und die Kerbe zuschütten. Kein Wagen, der dann im Indian Hole steckte, kam dann mehr heraus. Das war Donovans Plan. Das Dynamit dafür war in seinen Satteltaschen. So weit, so gut. Aber der Sergeant machte weder sich selbst noch uns etwas vor.
„Hinterher, Muchachos, werden wir um unser Leben reiten müssen!“, hatte er gelassen erklärt. Wir wussten, warum. Der verschüttete Zugang würde zwar die Fahrzeuge festnageln, aber nicht die Reiter. Es kam nur darauf an, wie lange sie brauchten, bis sie die Kesselhänge überwanden. Eine Frage, die über unseren Vorsprung und damit unser Leben entscheiden würde. Natürlich hatten wir auch überlegt, ob sie dann die Fracht nicht einfach auf die Wagenpferde verstauen und so zur Grenze weiterziehen konnten. Aber zumindest Donovan verließ sich darauf, dass sie dafür nicht genug Gäule haben würden. Nun würden wir es bald wissen.
Ich folgte ihm zum Rand des Plateaus. Hinter schroffen, in der Dämmerung nur zu ahnenden Felskämmen lag die Gila. Auch wenn ich sie nicht sah: Ich spürte ihre Nähe wie die Nähe eines zum Sprung geduckten Raubtiers. Huf- und Wagengeräusche kamen von dort. Rote Punkte bewegten sich in dem Grau auf die Ausläufer der Ajo Range und damit auf das Indian Hole zu. Fackeln! Das hieß, dass die Kerle die Nacht durchgefahren waren. Es bewies außerdem ihre Eile und Vorsicht.
Meine Kehle wurde trocken. Vierzehn Mann, hatte Babyface gesagt. Mit ihm waren es fünfzehn. Kerle, denen es auf ein paar Tote mehr oder weniger nicht ankam, wenn sie nur ihre Beute durchbrachten. Verdammt, ich musste nicht richtig bei Trost gewesen sein, als ich mich den drei Blaujacken aus Camp Stonehill angeschlossen hatte!
Kirby fröstelte. Er sah bleich und übernächtigt aus. Meritt machte ein Gesicht, als hätte er einen Kaktus verschluckt.
Nur Donovan war die Ruhe in Person. „Schätze, es dauert noch ‘ne Stunde, bis sie hier sind. Zeit genug für ein Frühstück.“
„Vielleicht schlägst du uns auch noch ‘ne Pokerpartie vor, um uns das Warten zu verkürzen!“, fauchte der Corporal.
Donovan hob die Schultern. „Das könnt ihr halten, wie ihr wollt. Es bleibt alles so, wie wir‘s besprochen haben. Dave passt auf die Pferde auf. Ich übernehm‘ die Sprengungen. Carringo und Neal, ihr gebt mir Feuerschutz, wenn‘s sein muss. Klettert zu den Felsen dort hinauf. Da habt ihr den ganzes Kessel im Schussfeld, sobald es hell wird.“
„Sonst noch was?“, zischte Meritt. Aber Donovan ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. „Macht‘s gut, Leute, ich verlass mich auf euch!“ Er ignorierte das Funkeln in Meritts Augen. Nachdem er seine Dynamitpatronen aus den Satteltaschen gekramt hatte, verschluckte ihn das Grau, das uns jetzt wie eine kalte Faust umschloss.
Meritt war bestimmt kein ängstlicher Typ. Aber als ich mir dann tatsächlich die Zeit für eine Scheibe Maisbrot mit Schinken und einen Schluck Wasser nahm, konnte er nur den Kopf schütteln. Kirby brachte ebenfalls keinen Bissen hinunter. Sie beobachteten die Fackelreiter. Die roten Punkte schienen immer noch gleich weit entfernt. Plötzlich waren sie jedoch verschwunden. Das hieß, sie waren zwischen den der Ajo Range vorgelagerten Höhenzügen eingetaucht. Allmählich lichtete sich das Grau. Ein dünner gelber Streifen zog sich über dem östlichen Horizont entlang.
Eine halbe Stunde später lugte der goldfarbene Rand der Sonne über die fernen Zacken der Mesquite Mountains. Hufgetrappel und Rädergerassel drangen aus dem Einschnitt, der sich zum Indian Hole wand. Meritt und ich hatten längst Stellung bezogen. Wir packten unsere Gewehre fester. Es schien, als würde nun ein Schleier vom Kessel unter uns weggezogen. Die Oberfläche des Tümpels schimmerte bleifarben zwischen den Sträuchern. Eine Klippe verdeckte mir die Sicht zum Plateau, wo Kirby mit den Pferden wartete. Mein Blick tastete über den Hang darunter.
Kein Schatten von Donovan. Aber er war da, unsichtbar wie ein Apache auf dem Kriegspfad. Ich versuchte weder an Mitch Webster zu denken noch daran, was in den nächsten Minuten passieren würde. Peitschen knallten, Hufeisen klapperten. Plötzlich brach eine Sturzflut gleißenden Lichts über die Kämme. Die Sonne ging auf. Geblendet schloss ich die Augen.
Als ich sie wieder aufmachte, sah ich sie: Es waren fünf Mann, die vor den beiden schwerfällig rumpelnden Planwagen ins Indian Hole ritten. Staubbedeckte, abgerissene Gestalten. Die Wüste hatte ihnen ihren Stempel aufgedrückt. Zusammengesunken hockten sie auf ihren struppigen, abgemagerten Gäulen. Ihre Gesichter waren bärtig. Einer trug einen Kopfverband. Alle sahen aus, als hätte die Hölle sie schon gehabt und wieder ausgespuckt. Aber so „down“ konnten diese Burschen wahrscheinlich gar nicht sein, dass sie nicht wachsam, misstrauisch und angespannt wie Wölfe blieben. Jeder einzelne von ihnen strahlte Gefahr aus.
Der in der Mitte war Bob Clinton. Ein hagerer, falkenäugiger Hombre, genauso bärtig und verdreckt wie seine Spießgesellen. Er trug einen altmodischen Prinz-Albert-Rock, dazu eine dunkle Weste und ein ehemals weißes Hemd. Auf sein Hutband waren Silbermünzen genäht. Ein alter Bekannter ritt neben ihm: Mr. Schiefnase. Der klotzige, untersetzte Bandit war immer noch mit seiner bekannten Waffensammlung behängt.
Ich suchte Babyface. Aber er war weder auf den Wagen noch bei den Reitern dahinter. Es waren auch nicht fünfzehn Mann, sondern „nur“ zwölf. Das reichte für uns immer noch. Aber ich hatte plötzlich ein verflucht flaues Gefühl im Bauch. Zum Nachdenken blieb mir allerdings keine Zeit. Hinter Clinton und seiner Vorausabteilung rollten nun die Fuhrwerke in den Kessel. Mit ihren zerfetzten Planen und zerschrammten Seitenwänden glichen sie Schiffen nach einem Orkan. Möglicherweise hatte ein Sandsturm sie so mitgenommen. Dafür sprach auch, dass die Banditen bestimmt etliche Pferde verloren hatten. Nur mehr zwei Tiere zogen jeden Wagen. Donovan konnte aufatmen: Die paar Kisten, die die Halunken auf diesen Mähren wegschaffen konnten, lohnten die Anstrengung nicht.
Der Tümpel glänzte wie pures Gold. Es war bezeichnend, dass die Kerle nicht mit „Hurra!“ und Getöse darauf zu jagten. Die witterten doch nicht etwas? Unmöglich! Sicher war es nur die eingefleischte Bereitschaft von Männern, denen der Tod längst zum unsichtbaren, ständigen Begleiter geworden war.
„Verdammt, Carringo, was wollen die denn?“, brach Meritts Flüstern in meine Gedanken. Er starrte in den Einschnitt, in dem noch der von den Fahrzeugen aufgewirbelte Staub hing.
Die fünf, die hinter den Wagen hergeritten waren, hatten ihre Pferde gezügelt. Statt ihren Kumpanen in den Kessel zu folgen, saßen sie hundert Yards entfernt davon ab. Ich schluckte. In meinem Kopf ging eine ganze Alarmanlage los. Bis ich sah, dass die Männer in aller Ruhe anfingen, sich Zigaretten zu drehen. So, als interessierte sie das frische Nass, das dort vorn auf sie wartete, überhaupt nicht. Es waren wirklich knochenharte Burschen, und Clinton hatte sie eisern im Griff.
„Reine Routine von denen“, raunte ich Meritt zu. „Rückendeckung für den Fall, dass ihnen jemand gefolgt ist. Die wissen ebenso wie Sergeant Bull, wie prima sich der Platz für eine Falle eignet. Wetten, dass sie abgelöst werden, wenn die anderen getrunken und ihre Pferde versorgt haben.“
Aber das machte es für uns auch nicht besser. Meritt fluchte leise. „Wenn Bull jetzt die Sache nicht abbläst, sind wir erledigt! Die fünf Galgenvögel brauchen nur um die Ecke da vorn zu reiten und auf uns zu warten, wenn wir das Plateau verlassen. Das Ganze haut nicht mehr hin, Mann! Wir müssen …“
Er stockte. Ich hatte den huschenden Schatten unterhalb des Plateaus auch entdeckt. Donovan! Meritt machte eine Bewegung, als wollte er hoch. Ich packte seinen Arm. „Er ist verrückt, wenn er die Dinger jetzt noch hochjagt! Das kann er nicht machen, Mann!“
Ich hatte da so meine Zweifel, was Donovan alles konnte. Aber mir blieb nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und abzuwarten. Donovan war wieder wie vom Erdboden verschluckt. Mein Blick flog zur Wasserstelle. Nur Clinton saß noch im Sattel. Ein alter, erfahrener Leitwolf, der noch immer misstrauisch die zerklüfteten Hänge beobachtete. Das „Rudel“ verließ sich auf ihn. Die Kerle knieten bereits am Tümpel. Durstig tauchten die Pferde ihre Mäuler ins Wasser.
Ich atmete schon auf, als sich am Hang unter dem Plateau noch immer nichts rührte. Clinton zog gerade einen Fuß aus dem Bügel. Da passierte es. Auf halber Höhe am Hang schoss eine Stichflamme hoch. Es krachte, als würden zehn Kanonen abgefeuert. Von dem Augenblick an war die Hölle los.