Читать книгу Showdown unter Banditen: Super Western Bibliothek 10 Romane - Pete Hackett - Страница 8
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ОглавлениеDer Major rief mir nach, als ich losritt: „Reiten Sie, Carringo, reiten Sie wie zehn wilde Teufel! Alles hängt davon ab, dass Sie durchkommen und Sie keiner einholt!“ Er gab mir das beste Pferd, das im Fort aufzutreiben war. Und ich ritt wirklich wie der Teufel. Zwei Tage lang sah ich keinen Verfolger. Aber dann, am Nachmittag des zweiten Tages sah ich sie: winzig und weit, aber unverkennbar, diese Staubfahne auf meiner Spur!
Es war kein Irrtum. Ich entdeckte wirklich die Verfolger auf meiner Fährte. Zuerst sah ich nur diese Staubwolke. In der Weite des hitzeüberfluteten Landes schien sie sich nicht vom Fleck zu bewegen. Ich lenkte meinen Falben, tatsächlich das beste Pferd, das Major Wilburn im Fort für mich aufgetrieben hatte, einen steinigen Hügel hinauf. Abgrundtiefe Stille umgab mich. Von Horizont zu Horizont erstreckte sich ein Geflimmer von Sandflächen, Geröllfeldern und kakteenbewachsenen Bodenwellen. Im Süden stand die Silhouette der Comobabi Mountains vor dem glühenden Firmament. Nirgends ist mir das Schweigen der Natur je so erdrückend und gewaltig vorgekommen wie in der Wüste. Die Einsamkeit der Gila umschloss mich auch jetzt wie ein Panzer. Die Staubwolke war immer noch da, dünner, durchsichtiger als zuvor. Schließlich verschwand sie – wie Rauch von einem verlöschenden Lagerfeuer.
Ich stellte mich in den Bügeln auf. Major Wilburns Worte, die er mir zugerufen hatte, bevor ich aus dem Fort galoppiert war, klangen mir wieder in den Ohren.
Ich sah, dass die Kerle hinter mir ebenfalls angehalten hatten. Sie waren zu dritt: Dunkle Punkte auf der riesigen Ebene, über die meine Spur als strichdünne Linie verlief. Ein schwaches Glitzern verriet mir, dass sie mich mit einem Fernglas beobachteten. Eine Minute verstrich so. Dann wogte der Staub wieder auf. Sie jagten weiter. Trotz der Entfernung spürte ich die tödliche Drohung, die von ihnen ausging. Weiß der Kuckuck, wie lange sie schon das Fort belauert hatten. Vielleicht hatten sie auch einen Verbindungsmann dort, der sie alarmiert hatte. Jedenfalls schienen sie entschlossen, alles dranzusetzen, damit ich Camp Stonehill, den entlegenen Grenzposten in den Ausläufern der Mesquite Mountains, nicht erreichte. Das bestätigte die Wichtigkeit der Botschaft, die ich beförderte. Teufel, da hatte mir der Major ja einen famosen Job aufgehalst!
Ich zog die Hand vom Kolben der Winchester. Kein Kampf! Entscheidend war nur, dass ich die Wüstenabkürzung zwischen Fort Lowell und Camp Stonehill in der schnellstmöglichen Zeit schaffte. Weiter also! Die Hufe stampften wieder ihren monotonen Rhythmus. Ein Staubschleier hob sich hinter mir. Weithin sichtbar markierte er meinen einsamen Trail. Die Sonne schien nun noch heftiger zu glühen. Der Weg vor mir war wie die Route in ein flimmerndes Nichts. Bisher hatte ich mit Meilen und Stunden gerechnet und damit, dass ich meinen Wasser- und Pferdefuttervorrat richtig einteilte. Nun musste ich auch noch drei hartgesottene Typen einkalkulieren, die auf meinen Skalp aus waren.
„Sie sind genau der richtige Mann für diesen Ritt, Carringo“, hatte der Major gestern zu mir gesagt. Ich erinnerte mich an jede Einzelheit: Ich sah ihn, wie er nochmals das Glas füllte, das vor mir auf dem mit Armeekarten und Schreibzeug bedeckten Tisch stand. Er war ein schneidiger Offizier, schnurrbärtig, mit grauen Schläfen. Keiner von der verbiesterten Sorte, die ich nicht ausstehen konnte. Ich war schon mal als Scout für ihn geritten. Er wusste, dass ich die Gila kannte, so gut oder so schlecht, wie man über diese verflixte Wüste eben Bescheid wissen konnte.
„Der einzige Mann, Major!“, berichtigte ich ihn mit einem verkniffenen Grinsen. „Nennen wir die Dinge doch beim Namen, wenn‘s Ihnen recht ist.“
Er seufzte. „Na schön, Carringo, ich will Ihnen nichts vormachen. Seit wieder einige Apachenbanden aus der San Carlos Reservation abgehauen sind, ist auf dieser Seite des Santa Cruz River der Teufel los. Alle meine Scouts sind draußen. Die halbe Fortbesatzung reitet auf Patrouille. Es stimmt, ich kann keinen Mann entbehren, und wenn ich überhaupt noch einen Trumpf habe, dann sind Sie‘s.“
„Bisschen zu viel der Ehre, fürchte ich. Ihr Whisky schmeckt ja nicht schlecht, Major. Echter Kentucky Bourbon, wie? Aber ich bin zur Zeit auf keinen Job aus. Ich will mir in Tucson mit alten Freunden ein paar gemütliche Tage machen, sonst nichts. Hab nur mal auf ein Hallo! bei Ihnen hier reingeschaut. Dreißig Dollar, haben Sie gesagt? Für einen Ritt durch die halbe Gilawüste? Gut und schön, Major. Ein Haufen Geld, wenn man bedenkt, dass ein Cowboy im Monat nicht mehr verdient. Aber zur Zeit hab ich alles mögliche im Sinn, nur nicht, mich da draußen in der Sandhölle schmoren zu lassen.“
„Hören Sie sich wenigstens an, um was es geht, Carringo.“ Er ließ nicht locker. Richtig bohrend sah er mich an.
„Wenn‘s sein muss.“ Ich stärkte mich mit dem Drink, stülpte das Glas jedoch um, ehe er wieder eingießen konnte.
Seine blauen Augen funkelten. „Bestimmt haben Sie von dem Überfall auf den Waffentransport in der Nähe von Maricopa gehört. Das war vor drei Wochen. Es stand in allen Zeitungen.“
Ich nickte. „Es heißt, es hat acht Tote gegeben. Üble Sache. Die Clinton-Brüder sollen dahinterstecken.“
„Sie wurden von den Überlebenden erkannt. Wo immer zur Zeit in Arizona eine Postkutsche oder eine Bank ausgeraubt wird, haben diese Teufel ihre Hände mit im Spiel. Droben bei Maricopa haben sie zwei Armeefrachtwagen mit hundert Gewehren, Munition, Sprengstoff und allem möglichen Ausrüstungszeug geschnappt. Der brutalste, blutigste Überfall seit Langem. Die Beute ist ein Vermögen wert.“
„Vorausgesetzt, sie wird an den richtigen Mann gebracht.“
„Die Clintons hätten garantiert keinen Finger gerührt, wenn es den nicht gäbe. Ein mexikanischer Banditenhäuptling, der sich irgendwo in den Bergen am Rio Sonoita versteckt hält und davon träumt, eines Tages als Präsident in die Hauptstadt einzuziehen. Er nennt sich El Rojo. Ein paar seiner Leute haben den Überfall mitgemacht. Hinterher haben ein Dutzend Armeepatrouillen nach ihnen, den Clintons und den geraubten Wagen gesucht. Aber die waren wie vom Erdboden verschluckt. Die Spur verlor sich in der Gila. Daraufhin wurde die Grenze kontrolliert. Späher haben das Gebiet von Maricopa bis Yuma durchstreift. Nichts. Bis gestern. Ein Pima-Scout hat den Schlupfwinkel der Bande in den Batamote Mountains aufgestöbert. Stellen Sie sich vor, Carringo: Drei Wochen lang haben diese gerissenen Halunken mitten in der Gila gehaust und darauf gewartet, dass die Apachen wieder mal Stunk machen, bevor sie selber mit ihrer Beute wieder auf den Trail gingen! Denn das Versteck war leer, die Spuren allerdings noch ganz frisch. Der Pima ist ihnen einen Tag lang gefolgt. Ergebnis: Sie ziehen zur mexikanischen Grenze. Sie wollen ihre Ware an den Mann bringen. El Rojo wird sie ihnen mit Gold aufwiegen. Dann aber, Carringo, wird entlang der Grenze die Hölle los sein.“
„Und Sie wollen es verhindern, indem Sie den Banditen die Besatzung von Camp Stonehill auf den Hals hetzen.“
„Es gibt nur diese Chance.“ Wilburn goss sich jetzt selber einen Drink ein. Alles an ihm war gespannt. Am liebsten hätte er sich selber in den Sattel geschwungen.
Er hatte mir Camp Stonehill auf der Karte gezeigt. Ein weltvergessener Armeeposten am Südrand der Gila, zehn, fünfzehn Meilen von der mexikanischen Grenze entfernt. Es waren etwa zwei Dutzend Männer dort stationiert, die ich nicht beneidete. Alle acht Wochen wurden sie von Einheiten aus Fort Lowell, Fort Crittenden oder Fort Huachuca abgelöst. Denn in jenem entlegenen Grenz- und Wüstenwinkel war es ungefähr genau so prächtig auszuhalten wie auf dem Mond. Der Major trat nun wieder an die Karte. Das Sternenbanner hing darüber an der Wand der Kommandantur.
„Natürlich werden die Clintons mit ihrer Fracht den kürzesten und schnellsten Weg einschlagen. Das heißt, wenn sie aus den Batamote Mountains raus sind, werden sie irgendwo zwischen der Ajo Range und den Mesquite Mountains zur Grenze vorstoßen. Weiter westlich versperren ihnen die Growler Mountains den Weg. Im Osten müssten sie mit den aufständischen Apachen rechnen. Das bringt sie, ob sie‘s wollen oder nicht, in die Nähe von Stonehill. Wenn Sie heute noch, am besten gleich, losreiten, Carringo, gelingt es den Männern dort vielleicht noch, den Schurken rechtzeitig den Weg zu verlegen. Hier ist die entsprechende Anweisung an den dortigen Kommandeur. Das beste Pferd im Fort steht auch schon für Sie bereit.“ Er legte ein braunes Kuvert vor mich.
Ich stand auf. Wahrscheinlich erkannte er die Ablehnung auf meinem Gesicht und begriff, dass er einen Fehler gemacht hatte. Ich war nun mal kein Mann, der sich mir nichts, dir nichts vor vollendete Tatsachen stellen ließ. Bevor ich etwas sagen konnte, hob er rasch eine Hand.
„Warten Sie, Carringo! Ich weiß, dass ich Ihnen keine Entscheidung aufzwingen kann. Ich weiß aber auch, dass Sie dennoch den Job übernehmen werden. Nicht für mich, nicht für die Armee, schon gar nicht wegen der dreißig Bucks, die ich Ihnen dafür bezahlen kann.“
„Sondern?“
Er kam um den Tisch herum. Mit ernster Miene legte er mir eine Hand auf die Schulter. „Sie haben davon gesprochen, dass Sie in Tucson alte Freunde treffen wollen.“
„Stimmt.“ Ich hatte auf einmal ein verflucht mulmiges Gefühl im Bauch. Wilburn war kein Bluffer, und bestimmt würde er nicht versuchen, mich reinzulegen. Er räusperte sich.
„Zu diesen Freunden gehört wahrscheinlich auch Old Charly Benson, der damals ebenfalls als Scout mit dabei war, als wir die Bande von Weißfeder in die Reservation zurückgebracht haben.“
„Stimmt auch. Was ist mit Charly?“
„Er ist tot, Carringo. Er hatte wieder mal einen Job bei der Armee angenommen. Er war einer der Fahrer des Waffentransports. Der erste, den‘s erwischt hat, als die Clintons plötzlich losgeschlagen haben. Tut mir leid.“
Ich starrte ihn an. Meine Augen brannten. Charly Benson, dieser alte, unverwüstliche, stets zu einem Scherz aufgelegte Haudegen von den Clinton-Brüdern und ihrem Anhang ins Jenseits befördert! Old Charly, der seinen letzten Tabak und den jämmerlichen Rest in seiner Sattelflasche mit mir geteilt hatte, als wir hinter den Apachen von Weißfeder her gewesen waren! Verdammt, das traf mich, das drehte mir den Magen um! Deshalb war Wilburn so sicher gewesen. Er kannte mich. Er wusste, dass ich weder zum Banditenjäger noch zum Revolverschwinger taugte.
Aber ebenso wusste er, was Freundschaft für mich bedeutete. Ich nahm das Kuvert mit Wilburns Dienstsiegel und schob es in die Innentasche meiner Wildlederjacke. Es war noch früh. Bis Sonnenuntergang konnte ich auf einem guten Pferd noch eine Menge Meilen schaffen.
„In einer halben Stunde bin ich unterwegs, Major“, erklärte ich entschlossen. Im selben Augenblick ahnte ich auch schon, dass es mit dem Rennen nach Camp Stonehill nicht getan sein würde. Zur Gewissheit wurde dies, als ich zwanzig Stunden, nachdem ich meine Verfolger entdeckt hatte, mein Pferd verlor … Aber alles der Reihe nach.