Читать книгу Sechsmal Mord für den Strand: Sechs Kriminalromane - Pete Hackett - Страница 14
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Eine Viertelstunde später saßen Milo und ich wieder in unserem Sportwagen.
Die Befragung von Mrs. Ferraro war insgesamt nicht sehr ergiebig gewesen.
"Fest steht, dass Ferraros finanzielle Verhältnisse desolat waren", sagte ich.
Milo hob die Augenbrauen. "Du willst darauf hinaus, dass er erpressbar war?"
"Ja. Er war ein ideales Opfer dafür."
Milo nickte. "Nehmen wir an, jemand aus der Unterwelt oder ein ausländischer Geheimdienst hat Ferraro unter Druck gesetzt, irgendwie dafür zu sorgen, dass diesen Leuten Prototypen der MRX-230 zugespielt werden..."
"...dann könnte Cardigan als Mittelsmann zum Menendez-Clan fungiert haben. Daher die zahllosen Telefonkontakte zwischen Cardigan und Ferraro."
Milo schüttelte den Kopf.
"Das ergibt alles noch keinen Sinn. Schließlich wird Jorge Menendez sich kaum mit seinen eigenen MRX-230-Geschossen umgebracht haben!"
"Womit wir wieder bei unserer Ausgangstheorie wären, Milo: Dass es nämlich entweder bei den Chinatown-Leuten oder bei den Puertoricanern eine Art Palastrevolte gegeben hat."
"Wie auch immer. Dieser Cardigan ist uns noch ein paar Auskünfte schuldig."
"Wahrscheinlich wird er uns erzählen, dass Alex Ferraro achtmal die Woche einen Tisch im Restaurant 'The Temple' bestellt hat!"
Wir suchten Cardigans Adresse auf.
Der Geschäftsführer des 'Temple' residierte in einem efeubewachsenen Sandstein Haus im West Village.
Früher war das Village eine Künstlerkolonie gewesen, jetzt stellte es eher eine Wohngegend für Besserverdienende dar.
Der freie Blick auf den Hudson hatte seinen Preis.
Cardigan bewohnte das Penthouse.
Als er uns in einem modern eingerichteten Wohnzimmer empfing, war er nicht allein. Eine junge Frau in knappem T-Shirt und enganliegender Jeans war bei ihm. Die blondrote Mähne fiel ihr bis weit über die Schultern. Eine Beretta trug sie in einem Schulterholster.
Cardigan bedachte uns mit einem spöttischen Blick.
"Sie können es nicht lassen, was, G-man? Es muss Ihnen Spaß machen, unbescholtenen Bürgern etwas am Zeug zu flicken..."
"Wir haben einfach nur ein paar Fragen", erwiderte ich.
Milo wandte sich an die junge Frau.
"Wer sind Sie bitte?"
"Laureen Rossner", sagte sie mit rauchiger Stimme.
"Meine Leibwächterin", ergänzte Cardigan.
"Haben Sie so etwas denn neuerdings nötig?", fragte ich.
"Die Welt ist vom Verbrechen verseucht, Mr. Trevellian. Das sollten Sie doch am besten wissen!" Er grinste schief, gab seiner Leibwächterin einen Klaps auf den Po. "Geh für 'ne Weile vor die Tür, Laureen."
Laureen sah ihn etwas verwundert an.
"Na, mach schon!", zischte ihr Boss sie an.
Sie nahm ihre Handtasche und ihre Jacke und verließ schulterzuckend den Raum.
"Ich weiß nicht, ob das die richtige Leibwächterin für Sie ist, wenn Sie ihr gegenüber schon Geheimnisse haben müssen", stichelte Milo.
"Das lassen Sie mal meine Sorge sein, G-man", knurrte er.
Ich kam zur Sache. "Haben Sie vom Tod eines gewissen Alex Ferraro gehört?"
Er zuckte die Schultern. "Möglich."
"Der Entwicklungschef von Lonbury Electronics fiel einem Attentat zum Opfer."
"Was hat das mit der Explosion im 'Temple' zu tun?"
"Vielleicht mehr, als Sie uns glauben machen wollen..."
Ich wartete seine Reaktion ab. Er wirkte nervös, griff nach einem der Champagnergläser, die auf dem niedrigen Glastisch standen und trank es aus.
"Dr. Ferraro war ein häufiger Gast im 'Temple'", erklärte er dann.
"Haben Sie deswegen so häufig mit ihm telefoniert?"
"Was heißt hier häufig? Meinen Sie, ich habe das gezählt?"
"Jetzt sagen Sie bloß, dass es üblich ist, Tische nach Mitternacht zu bestellen, zu einer Zeit, da der 'Temple' überhaupt nicht mehr geöffnet war."
Seine Gesichtszüge erstarrten. "Was wollen Sie von mir?"
"Dass Sie mir sagen, worüber Sie mit Ferraro wirklich gesprochen haben."
Eine dunkle Röte überzog sein Gesicht.
Jetzt meldete sich Milo zu Wort. "Es war keineswegs Zufall, dass Sie zum Zeitpunkt der Explosion nicht im 'Temple' waren..."
"Ach, ist Überleben jetzt vielleicht schon strafbar?", fauchte er.
Milo fuhr unbeirrt fort. "Das Attentat auf Menendez und Lee Jiang wurde mit einer Fernlernkwaffe ausgeführt, die von Lonbury Electronics hergestellt wird. Sie sind erstaunlicherweise gerade zu diesem Zeitpunkt nicht im Lokal und hatten außerdem einen äußerst intensiven Telefonkontakt zum Entwicklungschef von Lonbury. Da liegt der Zusammenhang doch auf der Hand."
Cardigan kaute auf seiner Unterlippe.
Er wirkte nervös, versuchte das aber zu überspielen.
"Ich würde vorschlagen, Sie besuchen mich wieder, wenn Sie Beweise dafür haben, dass ich irgendeines Verbrechens schuldig bin!"
"Und ich würde vorschlagen, dass Sie den Mund aufmachen, bevor Sie aus dem Netz, in dem Sie sich verfangen haben nicht mehr herauskommen!", erwiderte Milo.
Ich fügte hinzu: "Ich nehme an, dass Sie vom Anschlag vorher wussten..."
"Beweisen Sie es!", fauchte Cardigan dazwischen.
Ich fuhr unbeirrt fort: "Es hat noch niemand behauptet, dass Sie ein Mittäter sind!"
"Zu gütig!"
"Ferraro war in finanziellen Schwierigkeiten. Es dürfte nicht allzu schwer gewesen sein, ihn dazu zu bewegen, dabei mitzuhelfen, dass einige Prototypen und Konstruktionspläne von Lonbury-Produkten das Firmengelände verlassen."
"Und das soll ich getan haben?" Er schüttelte den Kopf, ging zwei Schritte seitwärts in Richtung Fenster. "Das ist absurd!"
"Für ferngelenkte Geschosse mit derartiger Präzision gibt es natürlich jede Menge Interessenten. Jorge Menendez, der Mann, dem 'The Temple' gehörte, war in der Waffen-Branche tätig..."
"Für mich war er nur mein Arbeitgeber!"
"...und dasselbe gilt für Lee Jiang."
"Und warum sollte ich dabei mithelfen, die Beiden umzubringen - mal vorausgesetzt, Ihre Theorie würde der Wahrheit entsprechen!"
"Weil jemand aus einem dieser beiden Gruppen es so wollte. Entweder jemand von den Chinatown-Leuten oder aus Menendez' Organisation. Jemand, der selbst die Führung übernehmen wollte."
Cardigan lachte auf.
Für Sekundenbruchteile sah ich einen roten Lichtpunkt über die Einrichtung tanzen.
Der Strahl eines Laserpointers, wie er in hochmodernen Zielerfassungsgeräten verwendet wurde!
"Vorsicht!", brüllte ich, warf mich nach vorn, auf Cardigan zu.
Das Schussgeräusch selbst war nicht zu hören. Nur ein harter Laut, als das Projektil die Scheibe durchschlug. Spinnenförmig breiteten sich Risse in der Scheibe aus.
Cardigan drehte sich halb zu mir herum.
Ich erreichte ihn zu spät.
Die Kugel traf ihn von der Seite in den Oberkörper. Ein zweiter Schuss folgte unmittelbar darauf und traf ihn am Kopf. Ein Ruck ließ ihn zu Boden stürzen.
Der niedrige Glastisch brach unter ihm zusammen. Reglos blieb er liegen.
Ich riss die SIG aus dem Holster.
Dann beugte ich mich über Cardigan.
"Er ist tot!", stellte ich fest.
Milo hatte ebenfalls seine SIG in der Hand. Er lief geduckt zum Fenster, tauchte dann vorsichtig hervor.
Suchend ließ er den Blick schweifen.
"Da ist jemand auf dem Dach gegenüber!"
Zwei Sekunden später war ich bei Milo und blickte ebenfalls hinüber auf das Gebäude an der anderen Straßenseite. Ein Sandsteinbau mit Flachdach. Ein Mann in Lederjacke zerlegte ein Spezialgewehr in Einzelteile und verstaute sie in einer Sporttasche mit blauem Streifenmuster. Das Gesicht des Kerls war unter einer Sturmhaube verborgen.