Читать книгу Sechsmal Mord für den Strand: Sechs Kriminalromane - Pete Hackett - Страница 17
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Ich ließ den Blick durch Cardigans Penthouse schweifen. Es wimmelte hier inzwischen nur so von Kollegen. Ein Gerichtsmediziner beugte sich über den ermordeten Geschäftsführer.
Nach dem bärtigen Killer wurde gefahndet.
Eine Personenbeschreibung war an alle im Moment im Dienst befindlichen Einsatzwagen der City Police geliefert worden.
Außerdem die Wagennummer des Getränketransporters, die ich mir hatte merken können.
Hubschrauber überflogen die in Frage kommenden Stadtgebiete, um möglichst schnell die Spur des Killers wieder aufzunehmen.
Ich hoffte nur, dass der Killer seiner Geisel nichts antat.
Wenn es sich tatsächlich um einen kühl kalkulierenden Profi handelte, dann bestand eine gute Chance, dass der Fahrer des Getränkewagens am Ende mit dem Schrecken davonkam. Schließlich bestand objektiv für ihn kein Grund, den Mann zu töten. Im Gegenteil. Er stellte für den Killer eine Art Rückversicherung dar.
Andererseits wussten wir im Moment noch nicht das Geringste über die Hintergründe, die zu Cardigans Erschießung geführt hatten.
Kein Motiv, kein Täterprofil.
Milo und ich beteiligten uns an der Durchsuchung des Penthouse.
Nach etwa zwanzig Minuten erreichte mich ein Anruf des NYPD-Einsatzleiters. Der Getränkewagen war gefunden worden, der Fahrer wohlauf. Der Killer war im Gewühl eines Subway-Knotenpunktes verschwunden.
"Das heißt, wir haben den Kerl fürs Erste verloren", kommentierte Milo, als ich ihn davon unterrichtete.
"Wenigstens geht es dem Fahrer gut!"
"Cardigan muss mehr über das Attentat auf 'The Temple' gewusst haben, als wir ahnen, Jesse..."
"Wir waren auf der richtigen Spur."
"Leider etwas spät..."
Die Durchsuchung des Penthouse ergab zunächst keinerlei Anhaltspunkte, die uns in irgendeiner Weise weitergebracht hätten.
Den hochmodernen Computer mit Internetanschluss, der in Cardigans Schlafzimmer stand, nahmen Kollegen mit ins Hauptquartier.
Möglicherweise ergaben sich durch eine genaue Untersuchung des Rechners durch unsere Innendienstler noch neue Erkenntnisse.
Immerhin fanden wir in einem Adressregister die Anschrift von Laureen Rossner, der schönen Leibwächterin, die so plötzlich verschwunden war.
Es dämmerte bereits, als wir Laureen Rossners Adresse im äußersten Westen von Queens erreichten.
Das Appartmenthaus, in dem sie wohnte, gehörte der mittleren Kategorie an. Die Sicherheitsvorkehrungen beschränkten sich auf eine Videoüberwachungsanlage.
Als Laureen uns die Tür ihres Apartments öffnete, trug sie nichts weiter als die Jacke eines Judo-Anzugs, die ihr nur eine Handbreit über die Hüften reichte.
Mit leicht gespreizten Beinen stand sie da.
Das lange, rostrote Haar trug sie zu einem Knoten zusammengefasst.
"Ich habe euch bereits erwartet, G-men", hauchte sie.
Ich hob die Augenbrauen. "Sie waren ziemlich plötzlich verschwunden..."
"Finden Sie?"
"Sie sehen nicht gerade aus, als hätten Sie mit Besuch gerechnet", erwiderte ich.
Sie lächelte.
"Ich habe trainiert", sagte sie. "Das wird Ihnen vielleicht seltsam vorkommen, aber für mich ist das eine Möglichkeit, mich abzureagieren!"
"Haben Sie etwas dagegen, wenn wir hereinkommen?", fragte Milo. "Wie Sie sich denken können, haben wir ein paar Fragen an Sie."
"Nur zu!", forderte Laureen uns auf, drehte sich herum und ging mit provozierendem Hüftschwung vor uns her. Auf dem flauschigen Teppichboden lagen ein Paar Hanteln verstreut.
Sie deutete auf eine Sitzgruppe.
Ich schloss die Tür. Wir folgten ihr.
"Sie wissen, was mit Ihrem Auftraggeber passiert ist?", fragte ich.
Sie setzte sich in eine Couch, räkelte sich etwas. Dann musterten mich ihre dunklen Augen.
"Sie werden es mir sicher gleich sagen!"
"Jemand hat ihm von einem Nachbargebäude aus eine Kugel in den Kopf gejagt. Schon seltsam, dass seine Leibwächterin grade in dem Moment nicht anwesend war."
"Das lag nicht an mir. Wie Sie ja mitbekommen haben, hat Mr. Cardigan mich weggeschickt."
Jetzt mischte sich Milo in das Gespräch ein. "Der Tod Ihres Auftraggebers scheint Sie nicht im Mindesten zu berühren."
"Um ehrlich zu sein, ich kannte ihn kaum."
"Seit wann arbeiteten Sie für Cardigan?", fragte Milo.
"Seit ein paar Wochen. Aber er hat mir nicht vertraut. Mit meinem Vorgänger war er aus irgendeinem Grund nicht zufrieden. Als er mich einstellte, meinte er, er wollte es mal mit einer Frau versuchen, die sei unauffälliger als einer dieser Muskelprotze, die man sonst aus dem Gewerbe kennt."
"Gab es jemanden, von dem Cardigan sich bedroht fühlte?", fragte ich.
Sie lachte hell auf.
"Sie stellen die Frage falsch. Richtig müsste es heißen 'Gab es jemanden, von dem Terrence Cardigan sich nicht bedroht fühlte'. Er war paranoid." Sie zuckte die Achseln.
"Jedenfalls dachte ich das. Aber nun... Scheinbar hatte er doch Gründe für seine Angst."
"Sagt Ihnen der Name Menendez etwas?"
"Nein."
"Haben Sie Cardigan je in das Restaurant 'The Temple' begleitet?"
"Fast täglich."
"Wann zuletzt?"
"Am Tag..." - sie zögerte - "...am Tag bevor dort das Sprengstoffattentat geschah."
"Wieso ging Cardigan am Tag darauf nicht dorthin?"
"Er fühlte sich nicht gut."
"Waren Sie bei ihm?"
"Er hat mich nach Hause geschickt, sagte, er hätte Migräne und wollte niemanden sehen." Sie hob die Schultern. "Er war eben ein launischer Typ."
Milo holte einige Photos aus der Jackentasche hervor und und reichte sie ihr. Das erste zeigte Alex Ferraro, das zweite Dr. Weston - den Mann, den die City Police unter dem Verdacht festgenommen hatte, Ferraro getötet zu haben.
Ihr Gesicht blieb unbewegt.
"Haben Sie diese Männer je gesehen?", fragte ich.
"Nur den einen!" Sie deutete auf Ferraro. "Ich habe Terrence Cardigan einmal zu ziemlich später Stunde in eine Bar begleitet. Ein mieser Schuppen, oben in Yonkers."
"Welcher Laden war das?", hakte Milo nach.
Sie zuckte die Achseln. "Ich weiß nur noch, das ein paar Schlammcatcherinnen versuchten, sich gegenseitig den Slip herunterzuziehen." Laureen machte plötzlich einen nachdenklichen Eindruck. "Cardigan hat sich mit dem Kerl auf dem Foto und einem anderen getroffen. Sie wollten nicht, dass ich mithöre, also habe ein paar Meter entfernt gewartet. In der Bar war ein Höllenlärm."
"Versuchen Sie sich an jede Einzelheit zu erinnern", forderte ich sie auf. "Wie sah der dritte Mann aus?"
"Hager, sehr dürr. Das Gesicht wirkte irgendwie ungesund. Ziemlich grau. Aber vielleicht lag das auch nur an der Beleuchtung." Sie machte eine kurze Pause, ehe sie dann noch hinzusetzte: "Und er trug eine ziemlich dicke Brille. Erinnerte mich an Flaschenglas."