Читать книгу Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane - Pete Hackett - Страница 24
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ОглавлениеJohn Whiteman, der mit Verfolgung durch die Reiter der H.D. Ranch gerechnet hatte, war im Ute Creek fast fünf Meilen nach Norden geritten, und als er sich sicher sein konnte, dass er etwaige Verfolger abgeschüttelt hatte, ritt er nach Südwesten, verbrachte die Nacht zwischen einigen Felsen, stieß am folgenden Morgen auf eine Reit- und Fahrstraße und folgte ihr.
Denn kam der Sturm. Whiteman lenkte das Pferd zwischen eine Gruppe von Bäumen, saß ab und zog sich den Regenumhang an, den er in der Satteltasche hatte. Die Baumkronen konnten den strömenden Regen nicht lange abhalten, und so ritt Whiteman weiter. Schwere Regentropfen klatschten in sein Gesicht, und trotz des Regenumhangs war er bald nass bis auf die Haut.
Doch plötzlich schälten sich Häuser aus dem Grau der Regenschleier. Eine Stadt! Die Straße führte in sie hinein und mündete in eine breite Hauptstraße, die jetzt nur noch aus seenartigen Pfützen und knöcheltiefem Schlamm bestand.
Whiteman wandte sich auf der Main Street nach links. Die Hufe seines Pferdes versanken tief im Morast, das Tier ging mit hängendem Kopf, von Zeit zu Zeit prustete es. Ein hohes Galgentor wurde sichtbar, dahinter ein Hof und ein großer Stall, dessen Tor jedoch geschlossen war.
Whiteman lenkte sein Pferd hin, saß ab und zog das Tor auf. Er zerrte das Pferd hinter sich her ins Stallinnere, schloss das Tor wieder und das Jaulen und Fauchen des Sturms verlor sofort an Vehemenz.
Der Stallbursche hatte in einem Haufen Stroh gleich neben dem Eingang gelegen. Nun war er aufgestanden und klopfte sich Reste des Heus von der Hose. „Wo kommen Sie denn her bei diesem Sauwetter? Was ist überhaupt los plötzlich? Sie sind heute schon der vierte …“ Plötzlich stutzte er: „He, ist Ihr Name vielleicht Whiteman?“
John Whitemans Brauen hatten sich wie zwei dunkle Raupen zusammengeschoben, ein Schatten schien über sein nasses Gesicht zu huschen. „Waren es drei Kerle, von denen Sie meinen Namen erfahren haben?“
„Ja“, antwortete der Stallmann, „und sie scheinen nicht gerade Freunde von Ihnen zu sein. Sie sitzen im Saloon und warten, dass der Sturm vorübergeht. Und sie warten ganz nebenbei darauf, dass Sie auftauchen, Whiteman.“
John Whiteman presse die Lippen zusammen, dass sie nur noch einen dünnen, blutleeren Strich in seinem Gesicht bildeten. „Dieser Hooker ist ja schlimmer als ein Bluthund“, murmelte er wie im Selbstgespräch.
„An Ihrer Stelle würde ich mir sofort wieder den Gaul zwischen die Beine klemmen und verschwinden“, stieß der Stallmann hervor. „Die drei …“
„Zu spät!“, erklang es vom Stalltor her.
Entsetzt fuhr John Whiteman herum, sein Blick erfasste die drei Gestalten beim Tor und – er handelte. Während er sich abstieß und nach links in eine Box hechtete, riss er den Revolver aus dem Holster. Hooker und seine Begleiter, die die Gewehre schon im Anschlag hielten, drückten ab und die ineinander verschmelzenden Detonationen drohten den Stall aus allen Fugen zu sprengen.
Sie hatten sich nicht schnell genug auf das sich so unvermittelt verändernde Ziel einstellen können und so durchschlugen ihre Kugeln lediglich die Wand an der Rückseite des Stalles. Und das Peitschen ihrer Schüsse war noch nicht richtig verhallt, als der Colt in Whitemans Faust aufbrüllte.
Fred Haggan brach zusammen.
John Whiteman kam hoch und lugte um die Wand der Box. Jim Hooker und James Delgado waren in Deckung gelaufen, auch der Stallmann war verschwunden, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Unter dem Tor lag lediglich die reglose Gestalt Haggans, und der Sturmwind trieb Regenschauer durch das geöffnete Tor.
„Dieses Mal entkommst du mir nicht mehr, Whiteman!“, drohte Hooker. Er kauerte gleich in der ersten Box beim Eingang, in der ein Pferd stand, das nervös mit dem Schweif peitschte.
John Whiteman gab keine Antwort sondern zerbrach sich den Kopf, wie er ungeschoren aus dem Stall gelangen konnte. Sein Pferd stand noch an der Seite des Mittelganges. Am Klang der Stimme Hookers hatte er jedoch erkennen können, dass Hooker im Stall und dem Pferd näher war als er selbst. Ein Versuch, auf das Pferd zu springen und es aus dem Stall zu jagen – wie er es schon einmal praktiziert hatte –, würde dieses Mal wohl ins Auge gehen.
Doch ohne Pferd war es unmöglich, seine Flucht fortzusetzen.
John Whiteman drehte den Kopf etwas und begutachtete die Stallwand auf der anderen Seite der Box. Zwischen den Brettern waren schmale Ritzen, die Bretter waren etwa einen Fuß über dem Boden an einen Querbalken genagelt und hatten sich schon schwarz verfärbt, was verriet, dass sie bereits vom Moder angegriffen waren.
Es ist deine einzige Chance, John!, durchfuhr es ihn, und er kroch auf allen vieren durch die Box, setzte sich auf den Boden und trat gleichzeitig mit beiden Beinen und mit aller Kraft dicht über dem Querbalken gegen die Bretter. Es krachte, knirschte und splitterte, und nach einem zweiten und einem dritten Tritt flogen drei der Bretter nach draußen, und der Spalt, der entstanden war, war breit genug, sodass sich Whiteman hindurchquetschen konnte.
Im Stall brüllte Jim Hooker irgendetwas, das Whiteman nicht verstehen konnte, es interessierte ihn aber auch gar nicht. Wie von Furien gehetzt rannte er geduckt auf eine Gruppe von Büschen zu, durch das Heulen des Sturms vernahm er das Peitschen eines Schusses, dann brach er zwischen die Büsche und ließ sich keuchend zu Boden sinken, als er vom Stadtrand aus nicht mehr zu sehen war.
Der Regen prasselte auf ihn herunter, der Sturmwind fuhr zwischen die Büsche und packte ihn wie mit zornigen Klauen, aber das alles registrierte er lediglich unterbewusst. Durch das Zweiggespinst, das er mit der linken Hand etwas auseinanderdrückte, beobachtete er den Mietstall, doch keiner seiner Gegner ließ sich blicken.
Sein Leben hatte John Whiteman fürs Erste gerettet. Gewonnen aber hatte er nicht viel, denn ohne Pferd war er chancenlos. Und auch sein Gewehr hatte er im Mietstall zurücklassen müssen, was seinen Jägern einen weiteren immensen Vorteil verschaffte.
Guter Rat war teuer. Aber Grübeln brachte ihn nicht weiter. Er brauchte ein Pferd samt Sattel und Zaumzeug sowie ein Gewehr. Nach Yates zurückzukehren, um sich alles Notwendige zu beschaffen, wäre selbstmörderisch gewesen. Doch Whiteman erinnerte sich einer Weidehütte etwa zwei Meilen östlich des Ute Creeks, bei der in einem Corral vier Pferde gestanden hatten.
John Whiteman gab sich keinen Illusionen hin; ihm stand ein Gewaltmarsch über mindestens fünf Stunden bevor. Bevor er aufbrach lud er den Colt nach.