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Jim Hooker war einige Male um die Stadt herumgeritten, eine Spur, die John Whiteman hinterlassen haben könnte, fand er nicht. Der hasserfüllte Mann glaubte nicht daran, dass Whiteman ohne Pferd den Weg nach Westen fortgesetzt hatte. Aber es gab auch im Norden und im Süden keine Stadt, die zu Fuß zu erreichen gewesen wäre. Die einzige Möglichkeit, die für Whiteman infrage kam, um sich ein Pferd zu beschaffen, bestand auf der Weide der H.D. Ranch. Fraglich war, ob Whiteman es wagte, auf die Weidegründe Dwayne Hardings zurückzukehren.

Als es Abend wurde, gab er seine Suche auf und kehrte nach Yates zurück. Er war enttäuscht und gereizt, seine Stimmung war auf dem Nullpunkt angelangt. Er brachte seine Pferde in den Mietstall. Der Stallmann, der gerade dabei war, Pferdemist auf eine Schubkarre zu schaufeln, lehnte die Schaufel weg, wischte sich die Hände an der Hose ab und schlenderte heran.

„Hätte nicht gedacht, dass ich Sie noch einmal in Yates sehe, Hooker. Haben Sie Whiteman erwischt?“

„Nein. Kümmere dich um die Gäule, Hombre. Ich werde in der Stadt übernachten und morgen meine Suche fortsetzen.“

„Bald, nachdem Sie die Stadt verlassen hatten, erschien ein Mann namens Jesse Quincanon. Angeblich trägt er im Dallam County, drüben im Panhandle, den Stern. Er hat jedenfalls im Saloon einen Sheriffstern herumgezeigt. Er kam zu Fuß, denn Whiteman hat ihm mit dem Sechsschüsser in der Faust den Gaul abgejagt.“

Jim Hooker starrte den Stallmann an, als konnte er nicht glauben, was er soeben vernommen hatte, und es dauerte eine ganze Zeit, bis er das Gehörte verarbeitet hatte. „Befindet sich Quincanon noch in der Stadt?“, fragte er schließlich.

Der Stallmann schüttelte den Kopf. „Er hat sich bei mir ein Pferd ausgeliehen, dann ist er zum Store geritten und hat sich eine Winchester und Munition besorgt, und dann hat er die Stadt in Richtung Osten verlassen. Das ist auch die Richtung, aus der er gekommen ist.“

„Hat er geäußert, weshalb er auf meiner Fährte reitet?“

„Er will einen Mord verhindern – den Mord an John Whiteman.“

„Wenn er sich das Pferd lediglich ausgeliehen hat, dann muss er es ja irgendwann wieder zurückbringen. Für welche Zeit hast du ihm das Tier zur Verfügung gestellt?“

„Er meinte, dass er schon an diesem Abend wieder zurückkehrt, wenn es ihm nicht gelingt, John Whitemans Spur aufzunehmen. – Der Bursche, dem Sie eins mit dem Gewehrslauf verpasst haben, befindet sich übrigens im Hotel. Er hatte einige Dollar in der Tasche, die ausreichend waren, um ihn für drei Tage einzuquartieren. Er hat eine ziemlich starke Gehirnerschütterung. Dieser Quincanon hat im sogar einen kurzen Besuch abgestattet.“

Jim Hooker nahm sein Gewehr und seine Satteltaschen und verließ den Mietstall, um durch den Schlamm auf der Main Street zum Hotel zu stapfen. Wenig später stand er neben dem Bett, in dem James Delgado lag, und sagte: „Bleib jetzt ruhig, James – ganz ruhig.“

„Was willst du? Möchtest du mir den Schädel vielleicht endgültig einschlagen?“

Jim Hooker grinste kantig. „Dazu habe ich keinen Grund, James. Bei dir war Quincanon?“

„Ja. Warum fragst du? Weshalb bist du eigentlich wieder zurückgekommen? Hast du es aufgegeben, Whiteman zu jagen?“

„Ich habe seine Spur verloren. Aufgegeben habe ich jedoch nicht. Für mich ist die Sache erst dann beendet, wenn Whiteman tot vor mir liegt. Was wollte Quincanon von dir?“

„Ich sollte ihm erzählen, was sich im Mietstall zugetragen hatte. Danach ist er wieder gegangen.“

„Das war alles?“

„Ja, mehr wollte er nicht.“

„Na schön, James.“ Jim Hooker ging zum Fenster und schaute hinunter auf die Straße. Zwischen den Häusern nistete schon die Abenddämmerung. In dem Moment, als sich Jim Hooker wieder abwenden wollte, sah er einen Reiter sein Pferd zwischen zwei Gebäuden hervor auf die Main Street lenken. Er erkannte den Mann und es durchfuhr ihn wie ein Stromstoß. „Quincanon!“ Seine Zähne knirschten übereinander. „Du wirst es nicht verhindern können, Quincanon.“

Ohne James Delgado noch eines Blickes zu würdigen verließ Jim Hooker das Zimmer und gleich darauf auch das Hotel. Da er davon ausging, dass Quincanon das Pferd in den Mietstall gebracht hatte, schlug auch er den Weg dorthin ein. Quincanon und der Stallmann waren gerade dabei, dem Pferd den Sattel abzunehmen, als Hooker den Stall betrat.

„Wenn man vom Esel spricht …“, knurrte der Stallmann und wies mit dem Kinn zum Stalltor.

Quincanon drehte sich um, sekundenlang starrten er und Jim Hooker sich wortlos an, bis Hooker das Schweigen brach, indem er hervorstieß: „Ich hab es schon gehört, Jesse, dass du auf meiner Fährte reitest. Man hat mir auch gesagt, dass du verhindern willst, dass ich John Whiteman zum Satan schicke. Wieso das? Kennst du etwa Whiteman, ist er etwa gar ein Freund von dir, weil du seinetwegen tausend Strapazen und Entbehrungen von Dalhart bis hierher auf dich genommen hast.“

„Nein, Jim, es ist nicht wegen Whiteman. Ich habe das alles auf mich genommen, weil du im Begriff bist, einen gravierenden Fehler zu begehen.“

„So, meinst du? Was soll das für ein Fehler sein?“

„Die Akte Whiteman wurde damals geschlossen und die Ermittlungen wurden eingestellt, weil die Feststellungen ergeben hatten, dass dein Vater tatsächlich zum Revolver griff und Whiteman zwang, sich zu verteidigen.“

„Die Sache wurde für erledigt erklärt, weil das Gesetz kläglich versagt hat!“, fauchte Jim Hooker.

„Und nun bist du drauf und dran, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen. Du hast vier Sattelstrolche angeheuert, damit sie dir helfen, Hooker vom Leben zum Tod zu befördern. Und hättet ihr ihn erwischt, wäre er jetzt wahrscheinlich tot und du müsstest dich möglicherweise wegen Mordes verantworten.“

„Warum diese Fürsorge, Quincanon? Bist du vielleicht mein Vormund?“

„Ich bin Sheriff in dem County, in dem du lebst. Und als solcher fühle ich mich dafür verantwortlich, zu verhindern, dass jemand zum Verbrecher wird. Es gibt ein geschriebenes Gesetz, Hooker. Die Zeit, in der das Faustrecht herrschte und das Gesetz des Stärkeren galt, ist vorbei. Wenn du im Verein mit vier Helfershelfern einen Mann zusammenknallst – aus welchem Grund auch immer –, kann dich das unter den Galgen bringen.“

„Drei dieser – hm, Helfershelfer sind tot.“

„Das sollte dir zu denken geben, Jim. Whiteman ist ein zweibeiniger Wolf, und wenn du ihn stellst, ist es sehr wahrscheinlich, dass du der vierte bist, den er auf die Nase legt. Auch das ist ein Grund für mich, zu verhindern, dass ihr zusammentrefft. Es wäre nämlich schade um dich.“

„Wir befinden uns in New Mexiko“, knurrte Jim Hooker. „Dein Stern ist hier einen Dreck wert. Und ich benötige dich nicht als Aufpasser. Also beschaffe dir ein Pferd, schwing dich in den Sattel und reite zurück nach Dalhart, wo man dich wahrscheinlich notwendiger braucht.“

„Wir reiten gemeinsam zurück nach Dalhart, Jim. Was ein Pferd für mich anbetrifft, so wirst du mir eines deiner Tiere zur Verfügung stellen.“

„Sicher, du kannst den Gaul haben, den John Whiteman geritten hat. Das ist recht und billig, nachdem er dir deinen Vierbeiner stahl. Auf meine Gesellschaft musst du allerdings verzichten, denn ich kehre erst nach Hause zurück, wenn ich Whiteman das Fell über die Ohren gezogen habe.“

„Ich nehme dich mit zurück, Jim, und wenn es sein muss, gefesselt und quer über dem Pferderücken liegend.“

Ein hartes Grinsen brach sich Bahn in Hookers Gesicht. „Du hast dir ja ganz schön was vorgenommen, Quincanon. Und du scheinst dir deiner Sache verdammt sicher zu sein. Na schön, zeig es mir, wie du mich zwingen willst, mit dir nach Dalhart zurückzukehren.“

„Mir scheint, mir bleibt kaum etwas anderes übrig“, versetzte Quincanon. „Du bist nämlich sturer als ein Maultier, und jedes Wort, das ich in Güte an dich richte, dürfte in den Wind gesprochen sein.“

Langsam glitt Jim Hooker näher. Das Grinsen lag wie festgefroren um seinen Mund, in seinen Augen nahm Quincanon ein kaltes Lauern wahr, und es entsetzte ihn, feststellen zu müssen, wie sehr der Hass auf John Whiteman den jungen Rancher vom Mustang Creek verändert hatte. Um ihn zu stillen machte er vor nichts und niemand halt.

Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane

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